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Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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mich selbst den Kopf, doch gleichzeitig mußte ich schmunzeln. Mir gefiel die alte Frau. Ich warf mir mein Bündel über die Schulter und führte die Schecke in das Gebäude, worin auch die anderen Pferde verschwunden waren. Während ich sie ausschirrte, schaute ich mich um. Das Innere war ein einziger, langer Raum; in dem Kamin an einer Giebelseite hatte man inzwischen Feuer gemacht. Die Mauern waren aus Stein, und der Boden bestand aus festgestampfter Erde. An der anderen Giebelseite drängten sich die Pferde um eine mit Heu gefüllte Krippe, und als ich unsere Schecke zu ihnen führte, kamen Niks Männer mit Wassereimern, um einen Trog zu füllen. Die dicke Schicht Mist verriet mir, daß dieser Schuppen häufig von den Schmugglern benutzt wurde.
    »Was war das früher für ein Ort?« fragte ich Nik später am Feuer.
    »Eine Schafschwaige«, antwortete er. »Der Schuppen bot Schutz beim frühen Lammen. Hier wurde auch geschoren, nachdem wir die Schafe im Fluß gewaschen hatten.« Seine blauen Augen blickten einen Augenblick ins Leere; dann stieß er ein bitteres Lachen aus. »Das ist lange her. Heutzutage gibt es nicht genug Weide für eine Ziege, geschweige denn für Schafe, wie wir sie hatten.« Er deutete auf das Feuer. »Iß etwas und schlaf, solange Zeit dazu ist, Tom. Für uns ist die Nacht kurz.« Sein Blick streifte meinen Ohrring, als er an mir vorbei zur Tür ging.
    Das Nachtmahl bestand aus Brot, Räucherfisch, Haferbrei und heißem Tee, und es stammte zum größten Teil aus dem Proviant der Pilger; aber Nik hatte soviel beigesteuert, daß sie ohne Murren seine Männer, Merle und mich mit durchfütterten. Krähe hatte ihre eigene Verpflegung und kochte sich selbst eine Kanne Tee. Die anderen Pilger begegneten ihr höflich, und sie war höflich zu ihnen. Dennoch sah man deutlich, daß es nichts Verbindendes zwischen ihnen gab außer einem gemeinsamen Reiseweg. Nur die drei Kinder zeigten keine Scheu vor Krähe und bettelten um Hutzeln und Märchen, bis sie die kleinen Plagegeister warnen mußte, allzuviel sei ungesund.
    Nicht allein das Feuer, auch die Leiber von Mensch und Tier sorgten dafür, daß der lange, niedrige Raum sich bald erwärmte. Die Tür und die Läden vor den Fenstern waren geschlossen, um die Nachtkälte draußen zu halten. Trotz des Wetters und obwohl sich bestimmt kein anderer Reisender in diese abgelegene Gegend verirrte, war Nik auf Sicherheit bedacht. Eine schätzenswerte Eigenschaft bei einem Mann seines Gewerbes. Während des Essens hatte ich zum erstenmal Gelegenheit gehabt, mir meine Reisegefährten genauer anzusehen. Fünfzehn Pilger unterschiedlichen Alters und beiderlei Geschlechts, Krähe nicht eingerechnet. Ungefähr zwölf Schmuggler, wenigstens die Hälfte davon blutsverwandt mit Nik und Pelf, die anderen ein zusammengewürfelter Haufen, mit allen Hunden gehetzt und auf dem Quivive. Wenigstens drei standen immer Wache. Sie redeten wenig und wußten, was sie zu tun hatten, auch ohne daß Nik etwas sagte, was sie zu tun hatten. In mir regte sich Zuversicht, daß ich tatsächlich den Fuß auf das gegenüberliegende Ufer des Flusses setzen würde und vielleicht sogar auf den Boden des Hohen Reichs. Zum ersten Mal seit langem war ich guten Mutes.
    Merle zeigte sich in Gesellschaft wie dieser von ihrer besten Seite. Sobald wir mit dem Essen fertig waren, packte sie ihre Harfe aus, und trotz seiner wiederholten Mahnungen, jeden Lärm zu vermeiden und leise zu sprechen, erhob Nik keine Einwände, als sie behutsam in die Saiten griff. Zur Freude der Schmuggler stimmte sie die alte Ballade von Trumm dem Wegelagerer an, vermutlich der verwegenste Räuber, den es je in den Marken gegeben hatte. Selbst Nik mußte schmunzeln, und Merles Augen sprachen zu ihm, während sie sang. Für die Pilger sang sie von einer gewundenen Straße, die Reisende aus der Fremde in die Heimat führte, und sie endete mit einem Wiegenlied für die drei Kinder in unserer Mitte; doch nicht nur die Jüngsten hatten sich mittlerweile auf den Deckenlagern ausgestreckt. Krähe hatte mir wie selbstverständlich aufgetragen, ihr Bettzeug aus dem Karren zu holen. Ich fragte mich, wann ich vom Kutscher zum Leibdiener befördert worden war, gehorchte jedoch widerspruchslos. Etwas an mir schien ältere Leute zu der Auffassung zu verleiten, sie könnten nach Belieben über meine Zeit verfügen.
    Ich machte mir neben Krähe mein eigenes Nachtlager zurecht und legte mich schlafen. Sie hatte sich in ihren Decken

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