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Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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wenn ich recht verstanden habe, seid auf Pilgerfahrt zu Edas Schrein?«
    »Die anderen sind es«, berichtigte sie mich. »In meinem Alter hätte es wenig Sinn, um Fruchtbarkeit zu bitten. Ich bin auf der Suche nach einem Propheten.« Bevor ich etwas einwerfen konnte, fügte sie hinzu: »Er ist mein Lieblingsprophet.« Fast war es ein Lächeln, was über ihr Gesicht huschte.
    »Weshalb fahrt Ihr nicht mit den anderen im Wagen?« erkundigte ich mich kühn und handelte mir einen frostigen Blick ein.
    »Du stellst zu viele Fragen.«
    »Aha!« Ich grinste und steckte die Zurechtweisung ein.
    Nach einer Weile fing sie wieder an zu sprechen. »Ich bin sehr lange für mich gewesen, Tom. Ich gehe gern meiner eigenen Wege und treffe meine eigenen Entscheidungen, und ich will selbst bestimmen, was ich zu Abend esse. Die anderen... Es sind nette Leute, aber sie kakeln und gackern wie ein Hühnervolk. Auf sich allein gestellt, hätte keiner diese Reise unternommen. Sie alle müssen von den anderen bestätigt hören, daß es klug und richtig ist, was sie tun. Und nun, da sie sich entschlossen haben, ist der Entschluß größer als sie. Nicht einer von ihnen wäre in der Lage, aus der Gruppe auszuscheren.«
    Sie schüttelte zu ihren letzten Worten den Kopf, und ich nickte gedankenvoll. Geraume Zeit herrschte Schweigen zwischen uns. Der Feldweg hatte uns zum Ufer des Kalt geleitet, und wir folgten ihm weiter flußaufwärts, durch eine schüttere Deckung aus Sträuchern und sehr jungen Bäumen. Der Schnee entzog das Wasser meinen Blicken, aber ich konnte es riechen und Rauschen hören. Ich fragte mich, wie weit es bis zu der Stelle sein mochte, an der eine Brücke oder eine Furt oder was auch immer die Überquerung ermöglichte. Dann mußte ich schmunzeln. Merle. Merle würde es wissen, wenn ich sie heute abend sah. Ich fragte mich, ob Nik Freude an ihrer Gesellschaft hatte.
    »Weshalb grienst du so?« wollte die alte Frau plötzlich wissen.
    »Ich dachte an meine Freundin, die Vagantin. Merle.«
    »Und sie bringt dich zum Lächeln?«
    »Manchmal.«
    »Sie ist eine Vagantin, sagst du. Und du? Bist du ein Vagant?«
    »Nein. Bloß ein Schafhirte. Meistens.«
    »Ich verstehe.«
    Das Gespräch versiegte erneut. Dann, es fing bereits an zu dämmern, meinte sie: »Du kannst mich Krähe nennen.«
    »Ich bin Tom.«
    »Das haben wir nun zum dritten Mal festgestellt.«
    Ich hatte erwartet, daß wir bei Anbruch der Nacht unser Lager aufschlagen würden, aber Nik ließ uns weiterfahren. Einmal machten wir kurz halt, während er zwei Laternen anzündete und an den vordersten Wagen hängte. »Folgt dem Licht«, befahl er im Vorbeireiten kurz. Unsere Schecke schien ihn verstanden zu haben, denn sie tat genau das.
    Es herrschte stockfinstere Nacht, und ich spürte die Kälte bis ins Mark, als der Wagen vor uns abschwenkte und durch eine Lücke zwischen den Bäumen am Flußufer verschwand. Behutsam lenkte ich unsere Schecke hinterher, trotzdem holperten wir gehörig durch den zugewehten Abzugsgraben. Krähe fluchte, und eins mußte der Neid ihr lassen – nur wenige Veteranen in Bocksburg hätten es besser gekonnt.
    Kurz darauf wurde Halt befohlen. Ich blieb ratlos sitzen, denn man konnte nicht die Hand vor Augen sehen. Der Fluß war eine schwarze, eilig strömende Macht irgendwo zu unserer Linken. Durch die Feuchtigkeit in der Luft wirkte die Kälte noch schneidender. Die Pilger in dem Wagen vor uns wurden unruhig und unterhielten sich flüsternd. Ich hörte Niks Stimme und sah einen Mann sein Pferd an uns vorbeiführen. Im Weitergehen nahm er die Laterne vom Heckbrett des Wagens. Ich folgte dem Licht mit den Augen, bis es samt Mann und Roß in einem langgestreckten, niedrigen Gebäude verschwand, das im Dunkeln unsichtbar gewesen war.
    »Steigt herunter, und geht hinein. Wir übernachten hier.« Nik ging zwischen den Wagen umher, um den Leuten Anweisungen zu geben. Ich sprang zu Boden und reichte dann Krähe die Hand hinauf. Sie stutzte, als hätte sie damit nicht gerechnet.
    »Seid bedankt, edler Herr«, sagte sie, als sie vom Bock stieg.
    »Es ist mir eine Ehre, gute Frau«, erwiderte ich mit einer leichten Verneigung. Wie die Herzoginmutter am Arm des Pagen, ließ Krähe sich von mir zu der Baracke geleiten.
    »Reichlich vornehme Manieren für einen Schafhirten, Tom«, bemerkte sie mit einer vollkommen veränderten Stimme. Sie lachte kurz auf, ging hinein und überließ es mir, zurückzugehen und das Pferd auszuspannen. Ich schüttelte über

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