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Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Familie?« versuchte ich einen Gegenangriff.
    »Ich habe es nicht gesagt«, antwortete sie mit einem leichten Lächeln.
    Merle erschien plötzlich an der Tür des Verschlags. Sie verschränkte die Arme auf dem oberen Rand und schaute zu uns herein. »Nik sagt, in zwei Tagen erreichen wir die Stelle, an der man den Fluß überquert«, berichtete sie. Ich sah, daß sie wieder die Ohrringe trug, die sie ihm als Teil der Bezahlung für unsere Überfahrt gegeben hatte, enthielt mich aber einer Bemerkung. Sie kam herein, ließ ihr Bündel neben dem meinen auf den Boden fallen, legte sich hin und nahm ihre Harfe auf den Schoß. »Zwei Paare sitzen hinten am Feuer und streiten. Ihr Wegebrot ist feucht geworden, und ihnen fällt nichts Besseres ein, als sich gegenseitig die Schuld zu geben. Eins der Kinder ist krank und muß die ganze Zeit spucken. Armer kleiner Kerl. Der Mann, der sich so über das feuchte Brot aufregt, sagt, es wäre reine Verschwendung, dem Jungen etwas zu essen zu geben, solange er nichts bei sich behält.«
    »Das hört sich nach Odios an. Einem hartherzigeren, geizigeren Mann bin ich noch nie begegnet«, bemerkte Krähe. »Und der Junge ist Selk. Seit wir Chalced verlassen haben, ist er nie richtig wohl gewesen. Wahrscheinlich kränkelt er immer schon. Seine Mutter glaubt wohl, an Edas Schrein Heilung für ihn zu finden. Eine verzweifelte Hoffnung, aber sie hat das Gold, um nichts unversucht zu lassen – oder hatte es.«
    Und schon waren die beiden Frauen in eine angeregte Unterhaltung vertieft. Ich lehnte in meiner Ecke, lauschte mit halbem Ohr und döste. Zwei Tage, bis wir den Fluß überquerten, wiederholte ich in Gedanken. Und wie lange noch bis zur Grenze? Ich unterbrach das Gespräch, um Merle zu fragen.
    »Nik sagt, das hängt vom Wetter ab. Doch er meint, ich solle mir deswegen keine Sorgen machen.« Ihre Finger wanderten über die Harfensaiten, und sofort erschienen zwei Kinder in der Boxentür.
    »Singst du wieder?« fragte das Mädchen, ein dürres kleines Geschöpf, vielleicht sechs Jahre alt, in einem abgetragenen Kleidchen.
    »Soll ich denn?«
    Statt zu antworten, kamen beide hereingesprungen und plumpsten links und rechts von ihr nieder. Ich rechnete damit, daß Krähe anfangen würde zu schimpfen, aber sie sagte nichts, auch nicht, als das Mädchen sich an sie schmiegte. Mit ihren verkrümmten, geschwollenen Fingern zupfte sie der Kleinen das Stroh aus dem Haar.
    »Sing das Lied von der alten Frau und ihrem Schwein«, bettelte der Junge.
    Ich stand auf und griff nach meinem Bündel. »Ich brauche Schlaf«, entschuldigte ich meinen Rückzug. Ganz plötzlich war mir die Nähe der Kinder unerträglich.
    In einer leeren Box dicht neben dem Scheunentor breitete ich meine Decken aus und legte mich hin. Am Feuer schienen sich die Gemüter noch immer nicht beruhigt zu haben, das Stimmengemurmel klang zänkisch. Merle sang das Lied von der Frau, dem Zauntritt und dem Schwein, und dann ein Lied über einen Apfelbaum. Schritte von hüben nach drüben verrieten, daß ihr Gesang weitere Zuhörer anlockte. Ich sagte mir, es wäre gescheiter, wenn sie schlafen gingen, um für den morgigen harten Tag gerüstet zu sein, und verlor keine Zeit, meinen eigenen guten Rat zu befolgen.
    Mitten in der Nacht, alles war dunkel und still, kam Merle in meinen Verschlag. Sie trat im Finstern auf meine Hand und ließ dann ihr Bündel fast auf meinen Kopf fallen. Ich stellte mich eisern schlafend, auch als sie sich neben mir ausstreckte, ihre Decke über uns beide ausbreitete und zu mir schlüpfte. Ich rührte mich nicht. Plötzlich strich ihre Hand behutsam über mein Gesicht. »Fitz?« fragte sie leise.
    »Was ist?«
    »Wie groß ist dein Vertrauen zu Nik?«
    »Ich habe dir gesagt, ich vertraue ihm nicht. Aber ich glaube, daß er uns über die Grenze bringt. Schon um seiner Reputation willen, wenn aus keinem anderen Grund.« Ich lächelte in die Dunkelheit hinein. »Ein Schmuggler braucht einen tadellosen Ruf, sonst vertraut man ihm nicht. Er wird sich an unsere Abmachung halten.«
    »Warst du zornig auf mich heute früh?« Als ich schwieg, meinte sie: »Du hast mir am Morgen einen so finsteren Blick zugeworfen.«
    »Der Wolf, stört er dich?« fragte ich sie freiheraus.
    »Dann stimmt es?«
    »Hast du es nicht geglaubt?«
    »Daß du die Alte Macht haben sollst? Nein. Ich hielt es für üble Nachrede, eine Verleumdung. Daß der Sohn eines Prinzen mit diesem Makel behaftet sein sollte... Du kamst mir auch nicht vor

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