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Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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voraus, daß König Veritas und Königin Kettricken zurückkehren würden, um sie vom Joch der Steuern und Kriege zu befreien, unter dem sie stöhnten. Wohl hat man zahlreiche Lieder über seine Taten verfaßt, doch der Wahrheit am nächsten kommt der Balladenzyklus ›Chade Irrsterns Abrechnung‹ von Königin Kettrickens Menestrelle Merle Vogelsang.
     
    Was die letzten Tage meines Aufenthalts in Jhaampe angeht, so läßt die Erinnerung mich weitgehend im Stich. Eine tiefe Niedergeschlagenheit ergriff von mir Besitz, die weder Freundschaft noch Schnaps zu lindern vermochten. Ich fand nicht die Kraft und nicht den Willen, mich aufzuraffen und die Lähmung abzuschütteln. »Wenn das Schicksal eine große Welle ist, die mich hochheben und gegen eine Mauer schleudern will, ganz gleich, wie ich mich entscheide, dann entscheide ich mich dafür, gar nichts zu tun. Soll sie mit mir nach Belieben verfahren«, erklärte ich eines Abends dem Narren großartig, wenn auch ziemlich branntweinselig. Er sagte nichts dazu, sondern fuhr fort, mit feinem Sandpapier auf den hölzernen Körperteilen der Wolfsmarionette Fellkonturen anzudeuten. Nachtauge, wachsam, aber still, lag zu seinen Füßen. Wenn ich trank, schirmte er sich gegen mich ab und verlieh seinem Widerwillen Ausdruck, indem er mich ignorierte. Krähe im Herdwinkel strickte und schaute abwechselnd enttäuscht und mißbilligend drein. Chade saß mir auf einem Stuhl mit hoher Rückenlehne am Tisch gegenüber. Eine Tasse Tee stand vor ihm, und seine Augen waren kalt wie Jade. Unnötig zu erwähnen, daß ich allein dem Branntwein zusprach, und das den dritten Abend in Folge. Ich überprüfte Burrichs Theorie, daß, wenn Alkohol auch nichts zu ändern vermag, er doch das Unerträgliche erträglich macht. Für mich schien seine Erkenntnis nicht zu gelten. Je mehr ich trank, um so unerträglicher erschien mir meine Lage, und um so unerträglicher wurde ich meinen Freunden.
    Der Tag hatte mir mehr aufgebürdet, als ich ertragen konnte. Chade war endlich gekommen, um mir zu sagen, daß Kettricken mich am nächsten Morgen zu sehen wünschte. Gnädig erklärte ich mich bereit, pünktlich zu erscheinen. Gewaschen, rasiert, sauber gekleidet und nüchtern – diese Zugeständnisse konnte mir Chade erst nach einigem Drängen abringen. Momentan erfüllte ich keine einzige seiner Bedingungen. Es war der denkbar schlechteste Zeitpunkt, um mich mit Chade anzulegen, aber der Alkohol hatte mein Urteilsvermögen soweit getrübt, daß ich es versuchte. Ich stellte aggressive und vorwurfsvolle Fragen, die er gelassen beantwortete. Ja, er hatte vermutet, daß Molly mein Kind unter dem Herzen trug und ja, er hatte Burrich überredet, sie in seine Obhut zu nehmen. Burrich hatte bereits für Geld und eine Unterkunft gesorgt. Bei ihr Wohnung zu nehmen, hatte er sich geweigert. Erst als Chade ihn auf die Gefahren hingewiesen hatte, die Mutter und Kind drohten, falls jemand hinter das Geheimnis kam, hatte er sich dazu bereit erklärt. Nein, er hatte mir nichts gesagt. Warum nicht? Weil Molly Burrich das Versprechen abgerungen hatte, mir nichts von ihrer Schwangerschaft zu verraten. Und Burrich hatte seinerseits Chade die Bedingung gestellt, daß auch er dieses Versprechen respektierte. Zu Anfang hatte Burrich gehofft, ich würde von selbst dahinterkommen, weshalb Molly gegangen war. Chade gegenüber hatte er geäußert, sobald das Kind das Licht der Welt erblickt hätte, würde er sein Versprechen für erfüllt halten und mir berichten, nicht, daß sie guter Hoffnung sei, sondern daß ich Vater geworden war. Selbst in meinem Zustand konnte ich erkennen, daß Burrich damit eine bei ihm gänzlich ungewohnte Spitzfindigkeit an den Tag gelegt hatte, und ein Teil von mir begriff die Tiefe seiner Freundschaft, daß er um meinetwillen bereit gewesen war, sein Versprechen so großzügig auszulegen. Doch als er gekommen war, um mir von der Geburt meiner Tochter zu berichten, hatte er statt dessen Beweise für meinen Tod gefunden.
    Er war spornstreichs nach Burgstadt geeilt und hatte dort einem Maurer ein bestimmtes Losungswort gesagt. Dieser wiederum hatte es einem anderen weitergegeben, und so war es von Mund zu Mund gewandert, bis Chade sich mit Burrich im Fischereihafen getroffen hatte. Sie waren beide fassungslos gewesen. »Burrich konnte nicht glauben, daß du tot warst. Ich konnte nicht verstehen, was dich in der Schwaige festgehalten hatte. Meine Beobachter entlang des Fernwegs am Bocksfluß hielten

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