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Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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heißer Tee und gute Kameradschaft.
    Das ist Clan, äußerte Nachtauge zufrieden aus seiner Ecke, und was konnte ich anderes tun, als ihm zustimmen.
    Merle wischte sich das Fett von den Fingern und nahm aus den Händen des Narren ihre Harfe in Empfang; er hatte darum gebeten, sie betrachten zu dürfen. Zu meiner Überraschung beugte er sich damit zu ihr hinüber und strich mit einem blassen Fingernagel über den Rahmen. »Hätte ich mein Schnitzwerkzeug dabei, könnte ich hier etwas wegnehmen und da und an dieser Stelle eine Wölbung ausarbeiten. Ich glaube, dann läge sie dir besser in der Hand.«
    Merle schaute ihn an, unschlüssig, was sie von seiner plötzlichen Freundlichkeit halten sollte, und suchte in seinem Gesicht nach Anzeichen von Spott. Er schien keinerlei Hintergedanken zu hegen. Sie senkte den Blick auf das krude Instrument. »Mein Meister, der mich das Harfenspiel lehrte, war auch ein meisterlicher Harfenbauer. Er versuchte, mich auch diese Kunst zu lehren, und ich eignete mir die Grundkenntnisse an. Doch er stellte hohe Ansprüche und konnte es nicht ertragen, mich ›an gutem Holz herumstümpern‹ zu sehen, wie er es ausdrückte. Deshalb habe ich nie die Feinheiten der Konstruktion gelernt. Und solange diese Hand noch nicht wieder gebrauchsfähig ist...«
    »Wären wir in Jhaampe, würde ich dich ›stümpern‹ lassen soviel du willst. Etwas zu tun ist die beste Art, um zu lernen. Doch selbst unter diesen Umständen und mit den groben Messern, die wir haben, könnte ich diesem Holz eine ansprechendere Gestalt geben.«
    »Wenn du möchtest«, sagte sie leise.
    Ich fragte mich, wann sie ihre Feindschaft begraben hatten, und merkte, daß ich seit Tagen fast ausschließlich mit mir selbst beschäftigt gewesen war und weitgehend blind für die Vorgänge um mich herum. Ich hatte akzeptiert, daß Merle nichts weiter von mir wollte als dabeisein, wenn ich irgendeine überlieferungswürdige Großtat vollbrachte. Freundschaftsbande existierten nicht zwischen uns. Sowohl Kettrickens Rang als auch ihr Kummer hatten eine Barriere zwischen uns errichtet, die ich respektierte und nicht zu überwinden versuchte. Krähes Verschlossenheit machte es schwierig, ein wirkliches Gespräch zu führen. Doch es gab keine Entschuldigung dafür, wie ich den Narren und den Wolf aus meinen Gedanken ausgeschlossen hatte.
    Wenn du deine Mauern gegen jene errichtest, die dir übel wollen, schließt du mehr als nur deinen Gabensinn dahinter ein, bemerkte Nachtauge.
    Ich dachte nach. Es kam mir vor, als wären die Alte Macht und mein Gespür für Menschen in letzter Zeit schwächer geworden. Vielleicht hatte mein Brudertier recht. Krähe gab mir einen Stoß. »Träum nicht!«
    »Ich habe bloß nachgedacht!«
    »Nun, dann solltest du es laut tun.«
    »Aber es war nichts von Bedeutung.«
    Krähe sah mich ob meiner Widerborstigkeit mit gerunzelten Brauen an.
    »Dann trag ein Gedicht vor«, forderte der Narr mich auf. »Oder sing etwas. Was immer dir einfällt. Hauptsache, du entgleitest uns nicht wieder.«
    »Ein guter Einfall«, stimmte Krähe zu, und ich bedachte den Narren mit einem Blick, der ihm hoffentlich sagte, was ich von dem Einfall hielt. Er hatte erreicht, daß alle mich erwartungsvoll anschauten. Ich holte tief Atem und kramte in meinem Gedächtnis nach etwas, das geeignet war, in dieser Runde vorgetragen zu werden. So ziemlich jeder Mensch hat eine Lieblingsgeschichte im Kopf oder ein paar Verse, mit denen er aus dem Stegreif aufwarten kann; aber das meiste von dem, was ich auswendig wußte, hatte mit giftigen Kräutern zu tun oder mit sonstigen Arcana des Mördergewerbes. »Ich kenne eine Ballade« gab ich schließlich zu. »›Kreuzfeuers Opfergang‹.«
    Sofort verfinsterte Krähes Gesicht sich wieder, aber Merle schlug bereits sichtlich belustigt die einleitenden Akkorde an. Nach einem verpatzten Anfang kam ich in Schwung und hielt mich tapfer bis zum Ende, auch wenn Merle ein- oder zweimal bei einem falschen Ton zusammenzuckte. Aus irgendeinem Grund mißfiel Krähe meine Wahl. Vom ersten bis zum letzten Vers lauschte sie mit unverändert grimmiger Miene. Nach mir kam Kettricken an die Reihe. Sie sang uns ein Jagdlied aus den Bergen. Der Narr erfreute uns mit einer heiteren Kanzone über die schöne Milchmagd und ihre Freier, und ich glaube, sein Vortrag nötigte Merle widerwillige Bewunderung ab. Danach war nur noch Krähe übrig, und statt sich zu entschuldigen, wie ich erwartet hatte, sang sie uns das alte

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