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Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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beiden sich selbst, griff mir einen vollen Wasserschlauch und stieg die Rampe zu dem Drachen hinauf. Nachtauge schloß sich mir an. Schon vorher hatte ich ein Feuer angezündet; jetzt legte ich den Rest von Kettrickens Holz nach und setzte mich hin. Veritas und Krähe schliefen weiter. Einmal hatte Chade zwei Tage hintereinander Carris genommen und anschließend fast eine Woche gebraucht, um sich davon zu erholen; alles, was er hatte tun wollen, war schlafen und trinken. Aufgrund dieser Erfahrung war ich sicher, daß keiner von beiden so bald erwachen würde. Gut. Es gab ohnehin nichts mehr zu sagen. Ich saß neben meinem König und behütete seinen Schlaf.
    Aber ich war ein ungetreuer Hüter. Ich erwachte davon, daß er meinen Namen flüsterte. Sofort setzte ich mich auf und tastete nach dem Wasserschlauch, den ich mitgebracht hatte. »Majestät«, sagte ich leise.
    Doch Veritas lag nicht schwach und hilflos auf dem Postament ausgestreckt. Er stand vor mir und bedeutete mir, aufzustehen und ihm zu folgen. Wir stiegen von dem Sockel hinunter. Unten angekommen, drehte er sich zu mir herum, und ich reichte ihm wortlos den Wasserschlauch. Er trank ihn halb leer, wartete einen Augenblick und trank den Rest, dann gab er ihn mir wieder. Er räusperte sich. »Es gibt einen Ausweg, FitzChivalric.« Seine dunklen Augen, den meinen so ähnlich, schauten mich zwingend an. »Und dieser Ausweg bist du. So voller Leben und Verlangen. So von Leidenschaften zerrissen.«
    »Ich weiß.« Es klang tapfer, aber ich hatte mehr Angst als je zuvor in meinem Leben. Edel hatte mich in seinem Kerker das Fürchten gelehrt, doch das war nur Schmerz gewesen. Dies hier war der Tod. Plötzlich kannte ich den Unterschied. Meine verräterischen Hände nestelten am Saum des Hemdes.
    »Es wird dir nicht gefallen«, warnte er mich. »Mir gefällt es auch nicht, aber ich sehe keine andere Lösung.«
    »Ich bin bereit«, log ich. »Nur – ich würde gerne Molly ein letztes Mal sehen. Um zu wissen, daß sie und Nessel in Sicherheit sind. Und Burrich.«
    Er nickte, doch nicht als Antwort auf meine Worte. »Ich erinnere mich an den Tauschhandel, den du vorgeschlagen hast. Daß ich Nessel nicht ihrer Mutter wegnehme und sie nicht zur Thronerbin der Sechs Provinzen erkläre.« Sein Blick richtete sich über meinen Kopf hinweg auf den Drachen, dessen lauernde Masse ich hinter mir spürte. »Was ich von dir erbitte, ist schlimmer. Dein Leben. All das Leben und die Kraft deines Körpers. Ich habe all meine Leidenschaften verbraucht. Nichts ist mehr übrig. Könnte ich in mir nur für eine Nacht das Feuer wieder entfachen... mich erinnern, wie es war, eine Frau zu begehren, die Frau, die ich liebe, in den Armen zu halten...« Seine Stimme erstarb, und er schwieg einen Augenblick, bevor er weitersprach. »Ich schäme mich, dieses Ansinnen an dich zu stellen, schäme mich mehr als damals, als ich Kraft von dir nahm, von einem ahnungslosen Knaben.« Er schaute mir in die Augen, und ich wußte, wie schwer es ihm fiel, Worte zu finden. Unzulängliche Worte. »Aber du mußt wissen, selbst das – die Scham und der Schmerz darüber, daß ich dir das antue – selbst das gibst du mir. Selbst das ist Speise für den Drachen.« Er hob die schimmernden Hände und ballte sie zu Fäusten. »Der Drache muß sich erheben, Fitz. Er muß.«
    »Veritas, mein König.« Sein Blick irrte zur Seite. »Mein Freund.« Seine Augen kehrten zu mir zurück. »Ich bin einverstanden. Aber – ich möchte Molly noch einmal sehen. Und wenn es nur kurz ist.«
    »Es ist gefährlich. Ich glaube, Carrods Schicksal hat ihnen wirkliche Angst eingeflößt. Seither haben sie keinen offenen Angriff mehr gewagt, sondern sich auf Tücke verlegt. Aber...«
    »Bitte.« Ich sagte leise nur dieses Wort.
    Veritas seufzte. »Nun gut, Junge. Doch mir schwant nichts Gutes.«
    Keine Berührung. Er holte nicht einmal Atem. Obwohl nur noch ein Schatten seiner selbst, war dies die Macht seiner Gabe. Wir waren dort, bei ihnen. Ich spürte, wie Veritas sich zurückzog und mir die Illusion gab, ich wäre allein.
    Eine Kammer in einer Herberge. Sauber und gut eingerichtet. Auf einem Tisch ein brennender Kerzenleuchter neben einem Laib Brot und einer Schale mit Äpfeln. Burrich lag mit bloßem Oberkörper auf einer Seite des Bettes. Blut verkrustete die Messerwunde und war in seinen Hosenbund gesickert. Seine Brust hob und senkte sich unter den tiefen Atemzügen eines Schlafenden. Nessel schlummerte an ihn geschmiegt. Er

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