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Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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nötigsten braucht. Verfluchtes Zeug.«
    »Ihr solltet jetzt ruhen«, sagte ich einfältig. Genaugenommen blieb ihm auch nichts anderes übrig. So fühlte man sich nach dem Genuß von Carris, ausgebrannt und erschöpft. Ich wußte es nur zu gut.
    »Ruhen«, wiederholte er bitter und stieß ein abgehacktes Lachen aus. »Ja, ruhen. Ich werde gut ausgeruht sein, wenn meines Bruders Soldaten mich finden und mir die Kehle durchschneiden. Gut ausgeruht, wenn seine Kordiale erscheint und versucht, sich meines Drachen zu bemächtigen. Täusche dich nicht, Fitz. Darauf haben sie es abgesehen. Natürlich werden sie ihn nicht wecken können. Wenigstens glaube ich das nicht...« Seine Gedanken irrten ab. »Obwohl... Sie waren eine Zeitlang durch die Gabe mit mir verbunden, lange genug vielleicht, daß sie mich töten und von ihm Besitz ergreifen können.« Ein furchtbares Lächeln trat auf sein Gesicht. »Edel als Drache. Was glaubst du, ob er in Bocksburg einen Stein auf dem anderen lassen würde?«
    Hinter ihm hatte Krähe sich niedergekauert und den Kopf auf die angezogenen Knie geneigt. Ich glaubte erst, daß sie weinte, doch als sie langsam zur Seite sank, war ihr Gesicht gelöst, die Augen geschlossen. Entweder war sie tot, oder sie schlief den Erschöpfungsschlaf, der dem Carrisrausch folgte. Nach allem, was Veritas gesagt hatte, schien es nicht mehr so wichtig zu sein. Mein König streckte sich auf dem nackten, schuttübersäten Postament aus. Er schlief neben seinem Drachen.
    Kettricken setzte sich zu ihm, neigte den Kopf und weinte. Ihr Schluchzen hätte selbst das Herz eines steinernen Drachen rühren müssen, doch er blieb unbewegt. Ich ging nicht zu ihr hin. Ich wußte, ich konnte ihr nicht helfen. Statt dessen wandte ich mich an den Narren. »Wir sollten Decken holen und es ihnen bequemer machen«, sagte ich.
    »Aber ja, natürlich. Welch vornehmere Pflicht gäbe es für den Weißen Propheten und seinen Katalysator?« Er hakte sich bei mir ein, und die Berührung erneuerte den Gabenbund zwischen uns. Bitterkeit. Bitterkeit durchströmte ihn mit seinem Blut. Die Sechs Provinzen würden fallen. Die Welt drehte sich dem Untergang entgegen. Wir gingen, um die Decken zu holen.

Kapitel 38
Der Handel
     
    Beim Vergleich aller erhalten gebliebenen Aufzeichnungen wird deutlich, daß nicht mehr als vierundzwanzig Rote Schiffe auf dem Bocksfluß landeinwärts bis Turlake vordrangen und nur zwölf weiterfuhren, um die Siedlungen nahe Fierant heimzusuchen. Die Spielleute wollen uns glauben machen, es wäre ein ganzes Schock gewesen und eine Armee von Piraten. In den Gesängen sind die Wasser des Bocksflusses und des Vin rot vom Widerschein der Brände und von Blut. Sie verdienen keinen Vorwurf deswegen. Das Leid und die Schrecken jener Zeit dürfen nicht in Vergessenheit geraten. Wenn ein Dichter die Wahrheit ausschmücken muß, um uns zu helfen, ihrer eingedenk zu bleiben, dann mag er es tun, und keiner soll sagen, er lügt. Die Wahrheit ist oft größer als die Tatsachen.
     
    Merle kam an diesem Abend mit dem Narren zurück ins Lager. Keiner fragte, weshalb sie ihren Posten verlassen hatte. Keiner schlug vor, aus dem Steinbruch zu fliehen, bevor Edel uns hier in der Falle hatte. Wir waren entschlossen standzuhalten und zu kämpfen. Entschlossen, einen steinernen Drachen zu verteidigen.
    Und wir würden dabei sterben. Das wußten wir alle, aber niemand sprach es aus.
    Als Kettricken erschöpft eingeschlafen war, trug ich sie zu dem Zelt, das sie mit Veritas teilte. Ich legte sie auf das Lager und deckte sie gut zu; dann bückte ich mich und küßte sie auf die Stirn, als küßte ich mein schlafendes Kind. Es war eine Art Lebwohl. Lieber die Dinge gleich tun, hatte ich mir vorgenommen. Das Jetzt war alles, was ich hatte.
    Bei Einbruch der Dämmerung saßen Merle und der Narr am Feuer. Sie spielte leise auf der Harfe und starrte in die Flammen. Ich blieb eine Zeitlang stehen und schaute zu, wie der Feuerschein über ihr Gesicht huschte. Merle Vogelsang, die letzte Menestrelle des letzten wahren Königs aus dem Geschlecht der Weitseher und seiner Königin. Sie würde kein Lied schreiben, durch das sie im Gedächtnis der Nachwelt weiterleben würde.
    Der Narr saß still und hörte zu. Zwischen ihm und Merle hatte sich eine Art Freundschaft entwickelt. Falls dies der letzte Abend war, an dem sie spielen konnte, konnte er ihr kein schöneres Geschenk machen als dies. Zuhören und sich ihrer Musik hingeben.
    Ich überließ die

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