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Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Fensterladen, und so konnte ich in der Dunkelheit die Umrisse ihrer Gestalt erkennen. »Hier drüben«, sagte ich, als sie zögerte, und ich sah, wie sie zusammenzuckte, weil meine Stimme so dicht neben ihr ertönte. Sie tastete sich bis in meine Ecke und setzte sich zu mir ins Stroh.
    »Ich habe Angst, wieder einzuschlafen«, erklärte sie. »Alpträume.«
    »Ich weiß, wie das ist.« Am Tisch in der Schankstube hatte sie mich sehr geärgert, aber jetzt empfand ich Mitleid mit ihr. »Sobald man die Augen schließt, ist man wieder gefangen.«
    »Ja.« Sie schwieg und wartete ab.
    Ich wußte nichts weiter zu sagen und saß stumm in meiner Ecke.
    »Was für Alpträume hast du?« fragte ich schließlich.
    »Schlimme.« Ich legte keinen Wert darauf, die bösen Geister zu beschwören, indem ich sie beim Namen nannte.
    »Ich träume, daß Entfremdete mich jagen, aber meine Beine sind schwer wie Blei, und ich kann nicht laufen. Dennoch versuche ich es mit aller Kraft, während sie näher und näher kommen.«
    Ich nickte. Das war immer noch besser, als geschlagen zu werden, unaufhörlich, gnadenlos. Ich gebot meinen Gedanken Halt, nicht weiter.
    »Man fühlt sich einsam, wenn man nachts aufwacht und sich fürchtet.«
    Ich glaube, sie will sich mit dir paaren. Wird man dich so einfach in dieses Rudel aufnehmen?
    Wie? fragte ich verblüfft, aber es war das Mädchen, das antwortete, nicht Nachtauge.
    »Ich sagte, man fühlt sich einsam, wenn man nachts aufwacht und sich fürchtet. Man möchte beschützt sein, geborgen.«
    »Ich kenne nichts, das einen Menschen vor seinen eigenen Träumen bewahren kann«, antwortete ich steif. Wenn sie nur endlich verschwinden würde.
    »Ein wenig Zärtlichkeit vermag vieles, manchmal«, sagte sie leise. Sie griff nach meiner Hand, unwillkürlich zog ich sie zurück.
    »Bist du schüchtern, kleiner Schreiberlehrling?« fragte sie kokett.
    »Ich habe gerade erst eine Liebe verloren«, bekannte ich offen. »Noch ist mir nicht danach, sie durch eine andere zu ersetzen.«
    »Ich verstehe.« Sie stand auf und schüttelte die Strohhalme von ihrem Rock. »Es tut mir leid, daß ich dich gestört habe.« Sie hörte sich gekränkt an und nicht, als ob ihr etwas leid täte.
    Ohne ein weiteres Wort tastete sie sich zur Leiter zurück. Ich wußte, ich hatte sie beleidigt, aber ich fühlte mich nicht schuldig. Sie stieg langsam nach oben, als erwartete sie, daß ich sie zurückrief. Ich schwieg. Hätte ich bloß nicht meiner Laune nachgegeben, in dieser Stadt menschliche Gesellschaft zu suchen.
    Ich habe dich gewarnt. Die Jagd ist schlecht in der Nähe dieser vielen Menschen. Wirst du noch länger bei ihnen bleiben?
    Ich fürchte, ich muß ein paar Tage mit ihnen wandern, wenigstens bis zum nächsten Ort.
    Du wolltest dich nicht mit ihr paaren. Sie ist nicht Clan. Weshalb mußt du diese Dinge tun?
    Ich versuchte nicht, es für ihn in Worte zu fassen. Alles, was ich ihm vermitteln konnte, war ein Gefühl von Verantwortung, und er konnte nicht begreifen, daß meine Treue zu Veritas mich verpflichtete, diesen Reisenden beizustehen. Sie waren mein Volk, weil sie das meines Königs waren. Mir selbst kam diese Begründung beinahe lächerlich dürftig vor, aber so war es nun einmal. Ich würde alles daransetzen, daß sie wohlbehalten die nächste größere Ansiedlung erreichten.
    Obwohl ich in jener Nacht doch wieder einschlief, fand ich keine Erquickung. Es war, als hätte das kurze Gespräch mit Imme meinen Alpträumen Tür und Tor geöffnet. Kaum war ich eingedämmert, als ich das Gefühl hatte, beobachtet zu werden. Ich kauerte in meiner Zelle, machte mich so klein wie möglich und wagte kaum zu atmen. Die Augen hatte ich fest zusammengekniffen, in dem Kinderglauben: Wenn ich nichts sehen kann, kann auch mich niemand sehen. Aber ich konnte den suchenden Blick fühlen, ich spürte Will, der nach mir ausspähte. Als wäre ich unter einer Decke verborgen, über die seine Hände tasteten, so nahe war er mir. Die Angst war so übermächtig, daß sie mir die Brust zusammenschnürte. Ich konnte nicht atmen, ich konnte mich nicht bewegen. Von Panik erfüllt, schlüpfte ich aus mir hinaus, seitwärts, und hinein in eines anderen Furcht, eines anderen Alptraum.
    Ich kauerte hinter einem Faß mit Salzheringen in der Tandlerei von Meister Fragner. Draußen zerrissen lodernde Flammen und die Schreie der Gefangenen und Sterbenden die Nacht. Ich wußte, es war dumm, hier auszuharren. Die Korsaren von den Roten Schiffen würden

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