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Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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nach meinem Urteil vielleicht vertrauenswürdig genug, um ihn zu bitten, sich unserer Truppe anzuschließen. Was meinst du, Cob?«
    Ich schüttelte langsam den Kopf. »Nein. Trotzdem, vielen Dank. Ich weiß zu schätzen, was du mir anbietest – einem Fremden. Ich bleibe bei euch bis zum nächsten Ort, und ich wünsche euch Glück, daß ihr einen neuen Reisegefährten findet, der euch von da an begleitet. Aber mir liegt nichts an...«
    »Du hast jemanden verloren, der dir nahestand. Ich verstehe. Doch Alleinsein ist auf die Dauer für keinen Menschen gut«, erklärte Josh ernst.
    »Wen hast du verloren?« fragte Melisma in ihrer offenen Art.
    Wie sollte ich darauf antworten, ohne weitere Fragen herauszufordern? »Meinen Großvater«, sagte ich schließlich. »Und meine Frau.« Alte Wunden brachen auf.
    »Was ist geschehen?«
    »Mein Großvater ist gestorben. Meine Frau hat mich verlassen.« Melismas Anteilnahme war echt, trotzdem wünschte ich mir, sie würden mich alle in Ruhe lassen.
    »Alte Menschen sterben, wenn ihre Zeit gekommen ist«, wollte Josh mich trösten, doch Imme mischte sich ein. »Das war die Liebe, die du verloren hast? Was kannst du einer Frau schulden, die dich verlassen hat? Außer, du hast ihr einen Grund gegeben wegzugehen.«
    »Eher war es so, daß ich ihr keinen Grund gegeben habe zu bleiben«, bekannte ich widerwillig. »Bitte. Ich möchte nicht über diese Dinge sprechen. Sie gehen nur mich etwas an. Es bleibt dabei, ich begleite euch bis zur nächsten Stadt; aber dann trennen sich unsere Wege.«
    »Nun, das sind klare Worte«, meinte Josh bedauernd. Etwas in seinem Tonfall vermittelte mir das Gefühl, unhöflich gewesen zu sein, doch ich hatte nichts gesagt, was mir im nachhinein leid tat.
    Den Rest des Abends verbrachten wir größtenteils schweigend, wofür ich dankbar war. Melisma bot an, die erste Wache zu übernehmen, Imme die zweite. Ich erhob keinen Einspruch, weil ich wußte, Nachtauge würde um unser Lager patrouillieren. Kaum etwas entging seinen scharfen Sinnen. Unter freiem Himmel schlief ich tief und traumlos und war sofort hellwach, als Imme sich über mich beugte, um mich zu schütteln. Ich setzte mich auf, reckte mich und gab ihr mit einem Kopfnicken zu verstehen, daß sie sich wieder schlafen legen könnte. Doch sie blieb und setzte sich neben mich.
    »Du magst mich nicht leiden, habe ich recht?« fragte sie leise. Ihr Ton war sanft.
    »Ich kenne dich nicht«, antwortete ich so taktvoll wie möglich.
    »Nein. Und du hast nicht den Wunsch, mich kennenzulernen.« Sie schenkte mir einen Blick aus Taubenaugen. »Aber ich habe mir gewünscht, dich kennenzulernen, seit ich dich in der Schankstube erröten sah. Nichts macht mich neugieriger als ein Mann, der rot wird. Ich möchte dann wissen, weshalb – doch wohl nicht nur, weil er eine Frau angestarrt hat.« Ihre Stimme wurde tief und sinnlich, als sie sich vertraulich vorbeugte. »Sag mir: Woran hast du gedacht?«
    »Nur daran, daß mein Gaffen ungehörig war«, erwiderte ich ehrlich.
    Sie lächelte mich an. »Daran habe ich nicht gedacht, als ich deinen Blick erwiderte.« Sie leckte sich über die Lippen und rückte näher.
    Plötzlich vermißte ich Molly so sehr, daß es schmerzte. Um dem würdelosen Spiel ein Ende zu machen, stand ich auf. »Lassen wir’s gut sein. Ich habe kein Herz für ein solches Techtelmechtel. Ich werde gehen und noch etwas Holz suchen.«
    »Ich glaube, ich weiß, warum deine Frau dich verlassen hat.« Aha, der Honig der Biene hatte nichts gefruchtet; jetzt zückte sie den Stachel. »Kein Herz, sagst du? Ich denke, dein Problem liegt ein bißchen tiefer.« Sie stand auf und begab sich zu ihrem Deckenlager. Mein einziges Gefühl war Erleichterung darüber, daß sie es aufgegeben hatte, mich verführen zu wollen, aber ich hielt mein Versprechen und ging Holz sammeln.
    Sobald Josh am nächsten Morgen aufgestanden war, fragte ich ihn: »Wie weit ist es bis zur nächsten Stadt?«
    »Wenn wir so gut vorankommen wie gestern, müßten wir sie morgen gegen Mittag erreichen«, gab er Auskunft.
    Die Enttäuschung in seiner Stimme bewirkte, daß ich ein schlechtes Gewissen bekam. Als wir unsere Bündel schulterten und uns auf den Weg machten, mußte ich daran denken, daß ich, um eine Situation wie diese zu vermeiden, mit Menschen gebrochen hatte, die mir lieb und teuer waren. Jetzt waren es verhältnismäßig Fremde, die mir das Gefühl vermittelten, sie im Stich zu lassen. War es überhaupt möglich, unter

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