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Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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und ihre Erblande zu veräußern, und den Erlös verwendete sie dann nach ihrem Gutdünken, ›denn ich bin keinem Rechenschaft schuldig‹, wie sie Lord Vigilant einmal kurz und bündig erklärte. Sie kaufte im Landesinneren Korn und Schafe; ihre ›Freiwilligen‹ übernahmen Transport und Verteilung. Kleine Versorgungsboote brachten Hoffnung zu belagerten Widerstandsnestern. Aus ihrer schmalen Börse zahlte sie – eher symbolische – Löhne an Maurer und Zimmerleute, die halfen, zerstörte Dörfer wieder aufzubauen. Auch ihren Mitverschworenen vergalt sie den bereitwilligen Einsatz mit Silber, niemals viel, aber begleitet von ihrem aufrichtigen Dank.
    Als die Bocksburger schließlich dazu übergingen, ganz unverhohlen das Efeuwappen zu tragen, machte das nur für jedermann sichtbar, was längst Tatsache war. Diese Männer und Frauen waren Prinzessin Philias Leibgarde, von ihr besoldet, falls überhaupt, doch viel wichtiger, sie fühlten sich von ihr geschätzt und gebraucht und in Schutz genommen. Wer sich zu abfälligen Äußerungen berufen fühlte, lernte die scharfe Zunge der heimlichen Herrin von Bocksburg kennen. Ihre Auserwählten waren das Fundament, auf dem sie Stein für Stein das Gebäude ihrer Macht errichtete. »Ein Turm stürzt selten vom Sockel her ein«, sagte sie mehr als einmal und behauptete, der Ausspruch stamme von Prinz Chivalric.
     
    Wir hatten gut geschlafen, und unsere Bäuche waren voll. Da wir nicht gezwungen waren zu jagen, marschierten wir die ganze Nacht hindurch. Wir hielten uns abseits der Straße und ließen erheblich mehr Vorsicht walten als zuvor, doch es kam zu keiner Begegnung mit Entfremdeten. Ein großer weißer Mond zeigte uns einen silbernen Pfad zwischen den Bäumen hindurch. Wir bewegten uns wie eins, fast ohne zu denken, außer, um die Gerüche der Nacht und des Waldes einzuordnen und die Laute, die an unser Ohr drangen. Die eiskalte Entschlossenheit, die mich vorantrieb, hatte auch von Nachtauge Besitz ergriffen. Rolfs Warnung eingedenk, verzichtete ich darauf, mich mit meinem Wolf zu beraten, aber wir konnten unsere Verbindung als unbestimmte, treibende Kraft in unserem Bewußtsein verankern. Wir waren Jäger auf der Spur eines edlen Wildes, und jede Nacht legten wir unter dem starren Antlitz des Mondes Meile um Meile zurück. Die Logik eines Soldaten steckte hinter unserem Plan, eine Strategie, die Veritas’ Beifall gefunden haben würde. Will hatte herausgefunden, daß ich noch lebte. Ob er die übrigen Mitglieder der Kordiale oder selbst Edel davon in Kenntnis setzen würde? Ich hatte ihn in Verdacht, daß er danach hungerte, mir meine Gabenkraft auszusaugen, wie Justin und Serene es bei König Listenreich getan hatten. Wahrscheinlich war mit dem Akt eine gewisse obszöne Ekstase verbunden, und wie ich Will kannte, wünschte er, sich ihr allein und ungestört hinzugeben. Zweitens war ich mir ziemlich sicher, daß er nach mir suchen würde, um mich aufzuspüren und aus meinem Versteck zu scheuchen. Er wußte, daß ich Angst vor ihm hatte. Bestimmt rechnete er nicht damit, daß ich auf dem Weg in die Höhle des Löwen war, entschlossen, nicht nur ihn und die Kordiale auszutilgen, sondern auch Edel. Mein Gewaltmarsch nach Fierant war nach den Gesetzen der Logik genau das Richtige, um unentdeckt zu bleiben.
    Im Gegensatz zu den rauhen Bocksmarken gilt Farrow als die Provinz der weiten Ebenen und parkähnlichen Regionen. Schon der erste Morgen vermittelte uns den Eindruck, in der Fremde zu sein; statt durch dunklen Tann wanderten wir durch einen lichten Hain aus zumeist Laubbäumen. Als Ruheplatz für den Tag lockte ein Birkenwäldchen auf einem sanften Hügel über offenem Grasland. Zum ersten Mal seit dem Kampf mit den Entfremdeten zog ich das Hemd aus und untersuchte bei Tageslicht meine von dem Keulenhieb lädierte Schulter. Sie war schwarz und blau und tat weh, wenn ich versuchte, den Arm über den Kopf zu heben. Das war alles. Eine Bagatelle. Vor drei Jahren wäre es in meinen Augen eine ernsthafte Verletzung gewesen; ich hätte die Schulter mit Wasser gekühlt und eine Kräuterkompresse aufgelegt, um den Bluterguß schneller aufzulösen. Heute aber, auch wenn es gefährlich aussah und bei jeder Bewegung zwickte, war es weiter nichts als eine Prellung, die irgendwann verschwunden sein würde. Mit einem schiefen Lächeln zog ich das Hemd wieder an.
    Nachtauge ließ meine ärztlichen Bemühungen nur ungnädig über sich ergehen. Der Schnitt an seiner Schulter

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