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Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Fäusten stand ich da, atmete schwer vom Laufen und sah ihn in der Ferne kleiner und kleiner werden. Er schien mich in seinem Eifer, das Wolfsrudel zu finden, vollkommen vergessen zu haben. Zum erstenmal fühlte ich die Verbitterung und Eifersucht, die er während meiner Besprechungen mit Veritas empfunden haben mußte, oder wenn ich bei Molly gewesen war und ihm befohlen hatte, sich aus meinen Gedanken herauszuhalten.
    Dies war seine erste Begegnung mit Artgenossen als erwachsenes Tier. Ich verstand sein Bedürfnis, zu ihnen zu gehen und seine Neugier zu stillen, selbst wenn sie sich auf ihn stürzten und ihn davonjagten. Es war der Ruf des Blutes. Doch meine Angst um ihn drängte mich, ihm zu folgen, damit ich an seiner Seite war, falls er angegriffen wurde oder wenigstens in der Nähe, sollte er mich brauchen.
    Aber er hatte mich gebeten, es nicht zu tun. Nein. Er hatte es mir verboten. Hatte es mir verboten und damit das gleiche Privileg für sich gefordert wie ich ganz selbstverständlich für mich beanspruchen zu können glaubte. Mit einem Gefühl, als würde mir das Herz im Leib herumgedreht, wandte ich mich ab und ging zum Fluß zurück. Plötzlich kam ich mir vor wie halb blind. Er war nicht da, um mit seinen Wahrnehmungen zu ergänzen, was meine weniger scharfen Sinne mir an Eindrücken vermittelten. Doch ich konnte ihn in der Ferne spüren, konnte spüren, was in ihm vorging: aufgeregte Erwartung, Angst, Neugier. Er war zu sehr mit seinem eigenen Leben beschäftigt, um mit mir zu teilen. Ob Veritas Ähnliches empfunden hatte, wenn ich an Bord der Rurisk die Korsaren jagte, während er in seinem Turm gefangen war und sich mit dem begnügen mußte, was er in mir lesen konnte? Ich hatte mir stets Mühe gegeben, ihm besonders ausführlich Bericht zu erstatten, ihn an allem teilhaben zu lassen; trotzdem muß er dieses Gefühl des Ausgeschlossenseins gekannt haben, das mir jetzt die Brust zusammenschnürte.
    Am Ufer angekommen, setzte ich mich hin, um auf Nachtauge zu warten. Er hatte versprochen, er würde zurückkommen. Betäubt starrte ich auf das schwarze Wasser. In mir war alles wie tot. Langsam wandte ich den Kopf und schaute flußaufwärts. Alle Lust zu jagen war mit Nachtauge entschwunden.
    Ich wartete lange. Schließlich stand ich auf und setzte im Licht des Vollmonds meinen Weg fort, fast ohne auf mich oder meine Umgebung zu achten. Geistesabwesend ging ich am sandigen Ufer entlang, begleitet vom Murmeln der Wellen.
    Irgendwo witterte Nachtauge andere Wölfe und las im Wind, wie viele es waren und welches Geschlecht. Irgendwo zeigte er sich ihnen, nicht drohend, nicht aufdringlich, nur, um ihnen seine Anwesenheit kundzutun. Eine Zeitlang beobachteten sie ihn. Der große Leitwolf des Rudels näherte sich und urinierte auf ein Grasbüschel, dann scharrte er Erde darüber und riß dabei mit den Krallen der Hinterpfoten tiefe Furchen in den Boden. Ein Weibchen stand auf, streckte sich, gähnte, setzte sich hin und schaute ihn aus grün schillernden Augen an. Zwei halberwachsene Welpen unterbrachen ihr Spiel für einen Augenblick, um ihn zu betrachten. Einer tat ein paar tapsige Schritte in seine Richtung, aber ein leises Grollen der Mutter rief ihn zurück. Er begann wieder mit seinem Bruder zu rangeln. Nachtauge setzte sich hin, zeigte mit seiner Haltung, daß er keinen Unfrieden stiften wollte, und ließ sich von ihnen mustern. Ein mageres junges Weibchen winselte zaghaft, nieste.
    Nach einer Weile erhoben sich die meisten Wölfe des Rudels und setzten sich zielstrebig in Bewegung. Das magere Weibchen blieb zurück, um die Jungen zu beaufsichtigen. Nachtauge zögerte, dann folgte er dem Rudel in angemessener Entfernung.
    Von Zeit zu Zeit schaute sich einer der Wölfe nach ihm um. Der große Rüde machte mehrmals halt, um seine Markierung zu setzen und mit den Hinterläufen den Boden aufzukratzen.
    Was mich anging, ich setzte lustlos Fuß vor Fuß und sah die Nacht um mich von ihrem Thron herabsteigen und altern; der Mond zog in kalter Ruhe seine Bahn am sternenklaren Himmel. Ich nahm einen Streifen Trockenfleisch aus meinem Packen und kaute beim Gehen darauf herum. Einmal kniete ich nieder, um von dem kalkigen Wasser zu trinken. Der Vin floß an dieser Stelle dicht am Ufer; ich war gezwungen, mir oben auf der Böschung einen Weg zu suchen. Als die Morgendämmerung einen Horizont erschuf, suchte ich mir einen Platz zum Schlafen. Auf einem kleinen Buckel rollte ich mich im hohen Gras zusammen. Diese Stelle

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