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Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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meinem Haar und hielt meinen Kopf am Boden fest. Dann wieder erwachte ich allein und sah in einiger Entfernung Nachtauge sitzen und über das Land schauen. Das Bild hat sich mir eingeprägt – die Silhouette eines großen Wolfs vor dem Farbenspiel des Sonnenuntergangs.
    Der leichte Abendwind bauschte sein Fell, die Ohren waren nach vorn gespitzt, und sein Blick ging in die Ferne. Ihn umgab eine Aura von Einsamkeit, die all meine Freundschaft nicht zu lindern vermochte. Es bedrückte mich, und ich ließ ihn in Ruhe, spürte nicht einmal nach ihm.
    Nachdem wir Turlake und die umliegenden Ortschaften umgangen hatten, schwenkten wir wieder nach Norden ein, um den Vinfluß zu erreichen. Er war vom Bocksfluß so verschieden wie eine Kuh von einem Hengst. In ausladenden Windungen strömte er durch offenes Grasland, grau und behäbig in seinem breiten, steinigen Bett. Parallel zu unserem Ufer verlief ein Trampelpfad, begangen von Ziegen und Rindern. Wir hörten auf große Entfernung, wenn eine Herde herangetrieben wurde, und hatten keine Mühe, uns beizeiten unsichtbar zu machen. Der Vin bot wegen seiner geringen Tiefe und tückischer Sandbänke der Schiffahrt weniger gute Bedingungen als der Bocksfluß. Er war höchstens für Nachen und Lastkähne geeignet, mit flachem Boden, ohne Kiel. Drüben in Tilth führte eine breite Straße am Ufer entlang, an der sich wie Perlen auf einer Schnur Dörfer und sogar Städte reihten. Wir sahen Prahme, mit und ohne Mast und Segel, die von Maultieren getreidelt wurden; die Fracht hatte man wahrscheinlich vorher ausgeladen, um sie auf dem Landweg an den seichten Passagen vorbeizutransportieren. Niederlassungen auf unserer Seite beschränkten sich auf Anlegestellen für Fähren und ab und zu einen Handelsposten, bestehend aus einem Wirtshaus und einigen Krämerläden, um die sich eine Handvoll Hütten scharten. Nachtauge und ich hielten uns davon fern. Die wenigen Dörfer, an denen wir vorbeikamen, waren zu dieser Jahreszeit verlassen.
    Die Nomaden zogen es vor, im Frühling ihre festen Unterkünfte zu verlassen und mit ihren Herden zu den grasbewachsenen Ebenen im Inneren Farrows zu wandern, wo die Tiere gute Weide fanden. Sie zogen mit ihnen gemächlich von Wasserloch zu Wasserloch, und an seit Generationen bestehenden Lagerplätzen schlugen sie ihre Zelte auf. Derweil wuchs Gras in den menschenleeren Gassen der Weiler und überzog die aus Soden errichteten Hütten mit frischem Grün – ein friedvolles Idyll, dennoch fühlte ich mich an unsere von Korsaren verwüsteten Küstendörfer erinnert und konnte mich nicht überwinden, dort Rast zu machen.
    Auf unserer Wanderung wurden wir beide hager und sehnig. Irgendwann waren meine Schuhe durchgelaufen, und ich mußte sie mit rohem Leder neu besohlen. Meine Hosenbeine fransten aus; als ich mit dem neuen Saum fertig war, reichten sie mir noch bis zur halben Wade. Ich wurde es leid, dauernd mein Hemd zu waschen. Vom Blut der Entfremdeten und unserer Jagdbeute waren Vorderseite und Ärmel fleckig braun. Es war geflickt und verschlissen wie der Kittel eines Bettlers, und durch die ungleichmäßige Farbe wie von verwässerten Tintenflecken sah es noch schäbiger aus. Eines Tages beschloß ich, darauf zu verzichten, und stopfte es in meinen Packen. In der sommerlichen Hitze fror ich auch mit bloßem Oberkörper nicht, und in den kühleren Nächten hielt mich die Bewegung warm. Die Sonne brannte mich fast so schwarz, wie mein Wolf es war. Körperlich war ich in ausgezeichneter Verfassung. Was reine Kraft anging, konnte ich mich vielleicht nicht mit dem Fitz am Ruder der Rurisk vergleichen, ich hatte auch nicht mehr seine ausgeprägte Muskulatur. Dennoch fühlte ich mich gesund und geschmeidig und leistungsfähig. Ohne müde zu werden, konnte ich die ganze Nacht neben einem Wolf hertraben. Ich war ein behendes, sich lautlos bewegendes Raubtier und bewies mir wieder und wieder meine Fähigkeit zu überleben. Der lange Marsch half mir, einen großen Teil des Selbstvertrauens zurückzugewinnen, das Edel zerstört hatte. Nicht, daß mein Körper alles vergeben und vergessen hatte, was ihm angetan worden war, doch ich lernte, mit seinen Mängeln und Narben zu leben. Fast war der Kerker Vergangenheit geworden, und ich ließ nicht zu, daß die Finsternis am Ende meines Weges diese goldenen Tage überschattete. Nachtauge und ich wanderten, jagten und schliefen. Alles war so einfach und gut, daß ich es zu schätzen verlernte – bis ich es verlor.
    Wir

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