Die Legende vom Weltenverschlinger 1 - Angriff auf Maremora
Hauptstadt Narmora. Er erinnerte sich, dass er als Kind gelegentlich mit seinem Vater und seiner Mutter die Hauptstadt besucht hatte. Verglichen mit Narmora war Camlan tatsächlich nur ein Dorf. Die eindrucksvolle, steinerne Stadtmauer erweckte den Eindruck, dass nicht einmal die Ûdunai es erobern könnten und sie hatten es auch einmal vergeblich versucht. Der Schwerterbrunnen im Zentrum Narmoras mit seiner Balustrade aus steinernen Schwertern gemahnte heute noch an den Sieg wie an die Opfer. Haemvil erinnerte sich, wie er mit seinem Vater und seiner Mutter am Tag der Ehre den Geldbeutel der Familie dort in traditioneller Weise gewaschen hatte, um ihn und den Träger von der Schande des Übervorteilens zu reinigen. Abgesehen davon waren für den jungen Haemvil damals die Fremdvölker die wichtigste Sehenswürdigkeit gewesen. Wo sonst in Maremora konnte man einen Zwerg bestaunen und sogar gelegentlich einen Elben?
Alles jedoch wurde überragt von dem ausgedehnten Stadtbereich des Rates der Ältesten. Es war eine verbotene Zone für jedermann. Eine rot verputzte Mauer, so hoch wie drei Männer, trennte den Bereich der Ältesten vom Rest Narmoras ab. Soldaten in roter Rüstung, die sogenannten Karmesinwachen, bewachten das einzige Tor, das Einlass in die "rote Stadt" oder auch "blutige Stadt" gewährte.
Jeder Maremoraner empfand Stolz, wenn er diese Stadt besuchte und ihre Errungenschaften sah, denn er wusste, dass er ein Teil davon war. Doch Haemvil empfand keine geringe Trauer, dass er keine weitere Zeit mit seiner Familie verbringen konnte, denn darauf hatte er sich sehr gefreut. Er hörte schon seine Schwester, die in gespieltem Zorn ihrer Entrüstung Luft machte, dass er jetzt auf keinen Fall gehen könne und sich lediglich so gebärdete, um ihrer aufkommenden Tränen Herr zu werden. Sein Vater verstand nur zu gut, dass er seine Pflichten als maremoranischer Krieger hatte und Aphela würde ihm wortlos wieder Reiseproviant mitgeben. Haemvil stockte kurz. Er musste unbedingt daran denken, vor der Abreise zu prüfen, ob nicht in den Tiefen des Proviants zu viel Gemüse steckte.
Tatsächlich kam es genauso, wie Haemvil es vorausgesehen hatte. Er packte seine Sachen für die Reise, von Ersatzkleidung über eine Decke bis hin zu Kochgeschirr und Waffen und verstaute sie sorgfältig auf dem Rücken des Pferdes, bevor er sich zügig, aber herzlich von seiner Schwester Lia verabschiedete, die die Tränen letztlich nicht zurückhalten konnte und die er fortküssen musste. Sein Vater ergriff zum Abschied seinen Unterarm. Sein ernster Blick und der schon beinahe schmerzhafte Abschiedsgruß kündeten davon, wie sehr er Haemvil vermisste und dass er sich Sorgen um seinen einzigen Sohn machte.
Haemvil saß bereits auf seinem Rappen, als Aphela noch aus dem Haus stürzte und ihm ein großes Paket mitgab, aus dem es verlockend duftete. Scharf sah er erst das Paket, dann Aphela an und hob unmerklich eine Augenbraue.
»Bestes Fleisch, das ich heute Morgen von Brun, dem Fleischer, besorgt und zum Mittagessen zubereitet habe«, sagte sie mit ausdruckslosem Gesicht.
Haemvil konnte sein gespielt ernstes Gesicht nicht aufrecht halten und schüttelte grinsend den Kopf, dass seine lange, schwarze Mähne umhergewirbelt wurde. Kurz darauf ritt er davon und konnte nicht verhindern, dass sich Trauer in seinem Herzen ausbreitete, als er bei einem Blick über die Schulter sah, wie seine Familie immer kleiner und kleiner wurde, während er aus der Stadt ritt.
Kapitel 3
Begegnung mit den Zwölfen
H aemvil Bralda hatte sich seine Ankunft in Narmora beeindruckender vorgestellt. Seit zwei Tagen hatte es auf seiner Reise geregnet und seine Lederrüstung schien mittlerweile aus Schichten nasser Häute zu bestehen, wobei sie genauso viel wog wie eine eiserne Plattenrüstung.
Am Wachhaus direkt vor dem Stadttor von Narmora stieg er ab und ließ die obligatorische Prüfung der Wachen über sich ergehen, die sicher gehen wollten, dass er keine verbotenen Waren mit sich führte. Da er wie ein maremoranischer Krieger aussah, war die recht oberflächliche Überprüfung schnell abgeschlossen und das Schreiben von Runas Onin mit dem Befehl, den Rat der Ältesten aufzusuchen, tat sein Übriges. Ein stetiger Strom von Menschen betrat und verließ die Stadt, doch zumeist wurden ausschließlich Fremde kontrolliert, die wie Haemvil offensichtlich bewaffnet waren. Waffen bedeuteten Ärger und Ärger sah man in der Hauptstadt Maremoras äußerst ungern.
Als
Weitere Kostenlose Bücher