Die Legende von Carter Prewitt
den Hof stieß, hörte er schon nicht mehr. Er brach tot zusammen.
Corinna erschien in der Tür. Mit dem stupiden Ausdruck des Nichtbegreifens starrte sie auf die reglose Gestalt hinunter. Einige Arbeiter liefen heran. Ein Mann kniete bei James Allison ab und fühlte seinen Puls. »Er ist tot«, murmelte der Mann.
»O mein Gott«, entrang es sich der Frau. Sie presste die Hand gegen ihren Halsansatz, als wollte sie mit dieser Geste ihren fliegenden Atem beruhigen. Wie im Trance wandte sie sich um, taumelte zu der Sitzgruppe und ließ sich in einen Sessel fallen. Ihre Lippen formten tonlose Worte.
Draußen waren Stimmen zu vernehmen. Irgendwann – Corinna hätte nicht zu sagen vermocht, wie viel Zeit verronnen war -, kam Carter Prewitt in die Halle. Er trat hinter den Sessel, in dem Corinna saß, legte seine Hände auf den Rand der Rückenlehne und stieß hervor: »Ich bin davon überzeugt, dass für diesen Mord die Siedler verantwortlich sind.«
»Es – es übersteigt mein Begriffsvermögen«, murmelte Corinna mit brüchiger, verlöschender Stimme.
»Ich habe einen Reiter losgeschickt, der den Arzt aus Rock Creek herholt.«
»James ist tot«, kam es wie ein Windhauch aus dem Mund der schockierten Frau. Trotz allem – der Tod ihres Mannes traf sie. Es gelang ihr nicht, einen klaren Gedanken zu fassen.
»Der Arzt muss einen Totenschein ausstellen. James Allisons Tod muss amtlich festgestellt sein.«
Corinna knetete ihre Hände.
Carter Prewitt ging wieder nach draußen. Einer der Männer, die da standen, sagte: »Der Schütze muss auf dem Hügel dort -« der Mann wies nach Norden, »- gelauert haben. Ich habe zwei Leute auf die Anhöhe geschickt. Vielleicht hat der Mörder irgendwelche Spuren hinterlassen.«
»Danke.«
Nach einem letzten Blick auf seinen toten Schwager sprang Carter Prewitt von der Veranda und strebte seinem Haus zu. In der Halle erwarteten ihn Joana und die Shaugnessy-Geschwister. Joana war bleich. Sie vermittelte Fassungslosigkeit.
»James ist tot«, sagte Carter Prewitt. Er ging zu einer Vitrine, entnahm ihr ein Glas und eine geschliffene Karaffe mit Whisky, schenkte sich ein und trank einen Schluck. »Wahrscheinlich stecken die Siedler dahinter. Gibson hat laut genug hinausgebrüllt, dass wir alle bezahlen werden.«
»Du musst es dem Gesetz überlassen, den Mörder zu finden, Carter«, murmelte Joana.
»Welchem Gesetz? Chuck Haines wird keinen Finger krumm machen, wenn es gegen seine Siedlerfreunde geht. Außerdem ist er lediglich Town Marshal.«
»Du willst doch nicht etwa selbst …« Joana griff sich an die Stirn. »Nein, Carter. Keine Selbstjustiz. Ich bitte dich, im Namen unserer Kinder.«
»Soll James' Tod ungesühnt bleiben?«
»War nicht die Rede davon, dass die Heimstätter einen U.S. Deputy Marshal angefordert haben?«
»Wir werden es sehen«, erklärte Carter Prewitt, trank sein Glas leer und setzte sich in einen Sessel. »Der Mörder muss schnell gefunden werden«, murmelte er. »Sonst bin ich vielleicht der Nächste, dem er ein Stück Blei serviert.«
»Gütiger Gott«, flüsterte Joana.
»Soll ich mit ein paar Männern zu Gibson reiten und ihn fragen, wo er sich heute Vormittag herumtrieb?«, fragte Brandon Shaugnessy.
Carter Prewitt schüttelte den Kopf. »Joana hat recht. In dieser Sache hält sich die Triangle-P zurück. Was den Mord an James betrifft, ist das Gesetz gefordert.«
Nach einiger Zeit wurde an die Tür geklopft. Brandon Shaugnessy öffnete. Ein Cowboy stand draußen. Brandon Shaugnessy vollführte eine einladende Handbewegung und der Reiter kam in die Halle. »Der Mörder hat nicht die geringste Spur hinterlassen, Boss.«
»Das war zu erwarten«, knurrte Carter Prewitt. »Wir werden zunächst einmal abwarten. Sorgen Sie dafür, dass mein Schwager ordentlich aufgebahrt wird.«
Der Cowboy machte kehrt und verließ das Haus.
»Ich gehe zu Corinna«, murmelte Joana. »Komm, Virginia, du begleitest mich.«
*
Town Marshal Chuck Haines und ein Mann, den Carter Prewitt nicht kannte, begleiteten den Arzt. Es handelte sich um Duncan Talbott.
Die Cowboys hatten den Toten in seine Schlafkammer gebracht und auf das Bett gelegt. Der Arzt stellte den Totenschein aus, dann stieg er in den Buggy, mit dem er gekommen war und fuhr zurück in die Stadt.
Chuck Haines und der U.S. Deputy Marshal blieben in der Halle von Allisons Haus zurück. Corinna saß zusammengesunken in einem der Sessel, sie mutete klein und zerbrechlich an. Mit erloschenem Blick
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