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Die Legende von Carter Prewitt

Die Legende von Carter Prewitt

Titel: Die Legende von Carter Prewitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Hackett
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wieder ein. Und ihn erfasste eine müde Resignation. Denn er fühlte, wie sehr er zwischen Vergangenheit und Gegenwart hin und her gerissen wurde.
    Von Osten her schob sich amberfarben die Abenddämmerung ins Land. Der rötliche Schein auf den Hügeln begann zu verblassen. Aus den Tiefen der Bergtäler jenseits des Frio River zogen die ersten Dunstschwaden empor, krochen die Hänge hinauf und hüllten Bäume und Sträucher ein. Carter Prewitt konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Unheil in der Luft lag. Er spürte es wie mit feinen Sensoren.
    Er wurde wieder in den Keller gesperrt. Nachdem die Luke über ihm geschlossen worden war und ihn die Dunkelheit wie ein schwarzer Vorhang einhüllte, fragte James Allison erwartungsvoll: »Hast du bei Prade etwas erreicht?«
    »Ich weiß es nicht. Aber ich glaube, ich habe ihn zum Denken angeregt. Wir werden morgen erfahren, wie er sich entschieden hat.«
    »Ich habe kein gutes Gefühl. Erzähl es mir: Was hast du mit Prade gesprochen?«
    Carter Prewitt berichtete mit knappen Worten.
     
    *
     
    Während die beiden Männer in dem Keller unter dem Küchenanbau von ihren wühlenden Gedanken gepeinigt wurden, kam die Nacht. In der Mannschaftsunterkunft brannte Licht. Auch aus den beiden Fenstern der Wohnhalle des Ranchhauses fiel Lichtschein. Das Zwitschern der Vögeln, das den Sonnenuntergang begleitet hatte, war verstummt.
    Langsam drehte der Wachposten hinter den Gebäuden der Ranch seine Runde. Die Nacht hatte kaum Kühlung gebracht. Am Osthimmel hing die Sichel des Mondes. Sterne flimmerten. Fahler Lichtschein versilberte die Kuppen und Hänge. Manchmal zogen Wolkenschatten über das Land.
    Der Cowboy trug ein Gewehr in der Armbeuge. Den Kolben hatte er sich unter die Achsel geklemmt. Die Mündung deutete schräg auf den Boden. Das feine Säuseln des Windes erfüllte die Dunkelheit. Fledermäuse zogen auf der Jagd nach Beute ihre lautlosen Bahnen.
    Der Wachposten erreichte den Brunnen. Dort war ein weiterer Mann postiert. Er hatte es sich auf dem gemauerten Brunnenrand bequem gemacht und rauchte. Die Zigarette verbarg er in der hohlen Hand, um seinen Standort nicht durch den glühenden Punkt zu verraten.
    »Alles klar, Slim?«, fragte der Mann auf dem Brunnenrand.
    »Keine besonderen Vorkommnisse«, meldete der Posten, der die Ranch umrundet hatte. Nach einem tiefen Atemzug fügte er hinzu: »Ich glaube nicht, dass sich Callagher hierher wagt. Er wird wissen, dass sich fast zwei Dutzend Cowboys auf der Ranch befinden. Dieser dreckige Bandit geht kein Risiko ein.«
    »Er macht vor nichts und niemand Halt«, knurrte der andere Wachmann. »Und Vorsicht ist besser als Nachsicht. Erst wenn sich dieser Hundesohn am Ende eines Stricks das Genick bricht, können wir in diesem Landstrich aufatmen.«
    »Wahrscheinlich hast du recht«, murmelte Slim Burton. »Lass mich mal ziehen.«
    Der Bursche, der auf dem Brunnenrand saß, reichte Slim Burton die Zigarette. Der klemmte sie sich zwischen die Lippen und sog gierig. Dann blies er den Rauch wieder aus und gab die Zigarette zurück. »Halt die Ohren steif, Curly«, sagte er und setzte sich wieder in Bewegung. Die Dunkelheit verschluckte ihn nach wenigen Schritten. Geräuschlos glitt er durch die Nacht – ein großer Schatten, der mit der Finsternis verschmolz.
    Immer wieder wurde der Mond von Wolkenfetzen verdunkelt. Die Finsternis zwischen den Gebäuden war mit den Augen nicht zu durchdringen. Irgendwo in der Ferne heulte ein Coyote. Slim Burton spürte Beklemmung …
    Tod und Verderben näherten sich auf pochenden Hufen. Noch waren die Reiter viel zu weit von der Prade Ranch entfernt, so dass die Wachposten dort sie nicht hören konnten. Sie ritten in loser Ordnung. Mondlicht brach sich auf den Nieten der Sättel und der Zaumzeuge und spiegelte sich in den Augen von Pferden und Reitern. Matt schimmerten die Läufe der Gewehre im vagen Licht.
    Es waren über zwei Dutzend Reiter. In ihren Herzen brannte der Hass, in ihren Gemütern wütete der Vernichtungswille.
    Es war wohl eine Fügung des Schicksals, dass sich ausgerechnet in dieser Nacht Gus Callagher für einen seiner Rachefeldzüge die Prade Ranch als Ziel ausgesucht hatte. Vielleicht war es auch Vorsehung. Das Schicksal ließ sich nicht in die Karten blicken.
    Der Pulk ritt nicht über den Hügel, sondern umrundete diesen und zog durch einen der Hügeleinschnitte im Norden. Ein leiser Befehl erklang. Die Reiter schwärmten auseinander. Gewehre wurden durchgeladen, Feuer

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