Die Legende von Richard und Kahlan 01 - Goodkind, T: Legende von Richard und Kahlan 01 - The Omen Machine
dadurch ein umfassendes Verzeichnis und wissen, wo die Titel zu finden sind.«
Richard verschränkte die Arme und stützte sich mit der Hüfte am Tisch ab. »Wo wir gerade davon sprechen, Nathan, ich bin heute in den Hallen einer alten Frau begegnet, einer Wahrsagerin.«
Kahlan hatte sich schon gewundert, wie lange es wohl dauern würde, bis Richard auf das zweite Kind des Ärgers zu sprechen käme.
»War sie blind?«
»Ja.«
Nathan nickte. »Das ist Sabella, ich bin ihr auch schon begegnet. Sie ist durchaus fähig.«
»Soll das heißen, du glaubst, sie kann den Menschen tatsächlich ihr Schicksal vorhersagen?«
Nathan deutete mit Daumen und Zeigefinger eine Winzigkeit ein. »In sehr beschränktem Maße. Ihre wahren Talente sind recht begrenzt. Das meiste, was sie sagt, ist reine Ausschmückung; sie erzählt den Leuten, was sie hören wollen, und verdient sich damit ihren Lebensunterhalt. In den meisten Fällen lässt sie die wahrscheinlichste Zukunft als etwas erscheinen, was sie in einer Vision gesehen hat. Einer jungen Frau, zum Beispiel, würde sie erzählen, dass sie in naher Zukunft eine Hochzeit sehe. Was kaum etwas mit Hellseherei zu tun hat, da die meisten jungen Frauen irgendwann heiraten. Trotzdem, einen klitzekleinen Funken wahren Talents besitzt sie. Wenn nicht, hätte ich dich längst auf sie aufmerksam gemacht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass du eine Scharlatanin im Palast dulden würdest, die die Leute mithilfe von Wahrsagerei hinters Licht führt. Genauso wenig wie ich selbst.«
Kahlan spürte deutlich, dass Nathan, ihres Wissens der einzige noch lebende Prophet, eher um den Ruf der Prophetie besorgt war. Richard billigte den Prophezeiungen weder große Glaubwürdigkeit noch Verlässlichkeit zu, Nathan dagegen schon. Allerdings betrachtete er Richards Mittel zur Vermeidung von Prophezeiungen, den freien Willen, als ebenjenes Gegengewicht, das die Prophetie, wie alle Magie, für ihre Existenz benötigte.
»Gibt es noch jemanden hier, der, obschon er offenkundig nicht wie du mit der Gabe gesegnet ist, zumindest über eine gewisse echte Begabung im Umgang mit Prophetie verfügt?«, fragte Richard.
»Es gibt hier im Palast mehrere Personen, die über ein geringfügiges Talent für Weissagungen verfügen. Jeder besitzt einen winzigen Funken der Gabe, auf diese Weise nehmen diese Leute Kontakt mit Magie und eben auch mit der Prophetie auf.«
Nathan machte eine unbestimmte Geste. »Ab und zu denkt doch jeder unvermittelt an einen Freund oder lieben Anverwandten, den er eine Weile nicht gesehen hat, und wird plötzlich von dem Drang überkommen, den Betreffenden unbedingt sehen zu müssen – nur um dann festzustellen, dass besagte Person krank ist oder vor kurzem verstorben. Auch kennen die meisten Menschen das Gefühl, dass eine Person, an die sie lange Zeit nicht gedacht haben, sie jeden Moment besuchen wird, und schon klopft der Betreffende an die Tür. Die meisten Menschen haben von Zeit zu Zeit solche Vorahnungen; es sind alles Manifestationen der Prophetie. Und weil wir alle diesen winzigen Funken der Gabe in uns tragen, erzeugt dieses Talent, obwohl nur schwach ausgeprägt, manchmal ein Omen. Bei anderen wiederum ist es etwas stärker ausgeprägt, weshalb sie diese kleinen prophetischen Ereignisse regelmäßig erleben. Das ist zwar noch keine echte Prophetie, so wie ich sie besitze, aber es verleiht ihnen die Fähigkeit, einen Schatten der Zukunft wahrzunehmen. Und manche sind eben so ichbewusst, dass sie auf diese kleinen inneren Einflüsterungen hören.«
»Und du kennst solche Menschen hier im Palast?«
Nathan zuckte die Achseln. »Aber ja. Eine Frau, die in der Küche arbeitet, wird immer wieder von kleinen Vorahnungen heimgesucht. Eine andere, Lauretta, arbeitet in der Palastmetzgerei; auch sie verfügt über einen winzigen Funken dieses Talents. Tatsächlich bedrängt sie mich schon seit geraumer Zeit, sie aufzusuchen. Sie behauptet nämlich, etwas für dich zu haben, ein Omen.«
»Und, warum hast du es nicht getan?«
»Weil mich gewiss zehn Leute am Tag bedrängen, meinen Einfluss bei dir geltend zu machen, um sich auf diese Weise einen Vorteil zu verschaffen, sei es, dass du ihnen etwas abkaufen sollst, dass sie eine Audienz bei dir wünschen oder dich auch nur zum Tee einladen wollen, um dich in einer für sie wichtigen Angelegenheit zu beeinflussen. Ich behellige dich nicht mit Dingen, für die du keine Zeit hast. Lauretta ist eine durchaus anständige Person, aber sie
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