Die Legende von Shannara 01 - Brooks, T: Legende von Shannara 01
zu scheren. Es reicht ihnen, dass sie Trolle sind. Aber meine Familie nicht. Ich nicht. Ich kenne die Wahrheit. Ich weiß, dass Verwandtschaft einen Unterschied ausmacht. Es war nie vorgesehen, dass sich die Völker voneinander trennen und nicht mehr aufeinander achtgeben sollten. Die Welt ist einfach kein Ort, an dem sich niemand um niemanden kümmern sollte. Sie ist ein Ort, an dem wir alle Teile einer Familie sind. Wir sind alle miteinander verwandt. Uns allen gehört das Vermächtnis längst vergangener Zeiten… all das, was durch die Kriege verloren ging.«
Er sah sie prüfend an. »Daran glaube ich jedenfalls. Ihr glaubt das vielleicht nicht. Aber im Grunde vermute ich, ihr tut es.« Er hielt inne. »Ihr sagt, ihr kennt die Geschichte von Panther und dem Mädchen. Sagt mir, ob ich Recht habe. Hat man eure Vorfahren früher einmal Ghosts genannt?«
Panterra und Prue tauschten einen langen Blick miteinander. Es war nicht leicht herauszufinden, was sie jetzt tun sollten, und ebenso schwer zu entscheiden, wie viel sie offenbaren durften. Pan wollte diesem Troll vertrauen, der, wie es zumindest den Anschein hatte, schon so viel für sie getan hatte. Aber er fürchtete, er könnte irgendetwas preisgeben, das er hinterher bitter bereuen würde. Schließlich folgte er seinem Herzen.
»In unseren Familien wird von denen, die sich am stärksten damit auseinandersetzen, behauptet, dass wir beide unsere Abstammung bis zu jenen zurückverfolgen können, die man Ghosts nannte«, antwortete Pan schließlich. Er wählte seine Worte mit Bedacht. »Prues Bezug zu den Ghosts ist am deutlichsten. Sie hat das Zweite Gesicht, die Fähigkeit, Gefahren zu spüren, die man nicht sieht. Eines der Kinder, die mit Hawk gezogen sind, besaß auch diese Gabe. Aber es gibt keine schriftlichen Aufzeichnungen, es sind nur Behauptungen. Keiner weiß es genau.«
»Aber es spielt auch keine Rolle, ob wir direkt voneinander abstammen oder nicht«, beeilte sich Prue hinzuzufügen und zeigte auf alle drei. »Du hast Recht, Arik Sarn. Wir stammen immer noch aus einer Familie. Wir stammen alle von einer kleinen Gruppe Reisender ab. Und ihretwegen sind wir hier. Wir haben eine gemeinsame Geschichte und dieselben Legenden. Das sollte doch ausreichen für eine Welt, in der alle wieder von vorne anfangen.«
»Aber das gilt nicht für jeden«, erwiderte der Troll leise. »Nicht für Taureq Siq. Oder seinen Stamm. Das habe ich in dem Jahr gelernt, das ich unter den Drouj verbracht habe. Bei meinen Leuten oder den anderen Stämmen der Trolle ist das anders. Die Drouj dagegen halten sich für das auserwählte Volk, dessen Bestimmung es ist, den Rest zu unterjochen. Das sind jedenfalls Taureqs persönliche Ambitionen. Ich habe ihn viele Male davon reden hören. Ich höre zu, versteht ihr, und ich sage nichts. Aber es kann kein Zweifel daran bestehen. Sein Heer wird mit euren Leuten genauso umspringen, wie es schon mit anderen Trollstämmen umgesprungen ist. Er ist davon überzeugt, dass er über alle herrschen muss, und auf diesem Weg geht er unbeirrbar voran.«
Panterra verzog das Gesicht. »Wo haben wir das nur zuvor schon einmal gehört? Das war doch der Grund für den Untergang der alten Welt, der Zündstoff, der die Feuer der Großen Kriege entfacht hat. Hat denn niemand etwas dazugelernt? Wer die Fehler der Vergangenheit ignoriert, ist dazu verdammt, sie in der Zukunft zu wiederholen… aber keiner scheint das wirklich zu begreifen.«
Sarn warf erneut einen Blick über die Schulter, als wollte er sich davon überzeugen, dass sie immer noch allein waren. »Ich habe beschlossen, euch zu helfen, weil sich die Drouj irren. Mein Stamm ist nicht sonderlich stark, er gibt ihm nach. Vielleicht sind sogar alle Trollstämme zusammen nicht stark genug, um Taureq Siq aufzuhalten. Aber eure Leute sollten nicht vernichtet werden. Vielleicht können sie fliehen, vielleicht können sie sich verstecken. Man sollte ihnen zumindest eine Chance geben.«
»Wenn wir hier herauskommen könnten, um sie zu warnen, dann wird das auch passieren«, versprach Panterra und fragte sich im selben Moment, was sie wohl wirklich tun würden.
»Wir sollten zuerst einmal Sider finden«, begann Prue und verstummte, als sie den Klang von Stimmen hörte, die sich von draußen näherten.
Die Zeltklappe wurde zurückgeworfen, und in der Öffnung tauchte Grosha auf. Arik Sarn war bereits aufgesprungen und hatte eine herrische Pose eingenommen, als wäre er gerade dabei, die Gefangenen
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