Die Legende von Shannara 01 - Brooks, T: Legende von Shannara 01
zu verhören. Zwischen den beiden Cousins kam es zu einem heftigen Wortwechsel, dessen Inhalt der Junge und das Mädchen zwar nicht verstanden, dessen Unterton jedoch unverkennbar war.
»Ich werde bald zurückkommen!«, erklärte Sarn abrupt. »Tut solange, was man euch sagt!«
Er verschwand ohne ein weiteres Wort durch die offene Klappe. Sein Cousin folgte ihm dicht auf den Fersen. Panterra und Prue spürten, wie ihre zarte Hoffnung auf Freiheit mit Arik Sarn verschwand.
In etwa einer Meile Entfernung und in sicherem Abstand zu dem ausgedehnten Lager der Echsen kauerte Phryne Amarantyne in ihrem Versteck in der sicheren Deckung einer Felsformation auf einem Bergkamm. Von hier aus hatte sie eine perfekte Aussicht auf alles, was im Lager vor sich ging, und zusätzlich noch auf alles im Umkreis von mehr oder weniger einer Meile. Die öde Senke, in der sich die Echsen niedergelassen hatten, war flach, ausgedehnt und ohne jede Deckung. Das verriet den Orullian-Brüdern, die sich mit dergleichen auskannten, ein paar wichtige Dinge über die Echsen. Das Erste und Entscheidende war, dass sie sich offenkundig sogar in einer ungeschützten Lage sicher wähnten. Sie glaubten also entweder nicht, dass ein feindliches Heer, das groß genug war, um es mit ihnen aufnehmen zu können, in der Nähe war, oder aber sie gingen sogar davon aus, dass ein solches Heer nicht einmal existierte.
Zweitens und nicht weniger bedeutsam war der Umstand, dass dieses Heer auf dem Marsch war. Die Echsen hatten also sichergestellt, dass sie auch im Falle irgendwelcher unvorhergesehener Ereignisse gut genug ausgerüstet waren, um damit fertig zu werden.
Aus diesem Grund wäre jeder Versuch, sich noch näher an das Lager heranzuwagen, töricht gewesen, ganz besonders bei Tag. Und es war Tag, schon seit über sechs Stunden. Sie hatten eine klare Sicht auf alles, was dort geschah… auf alles Kommen und Gehen, besonders, wenn es ihre Freunde betraf, aber das war auch so ziemlich das Beste, was sie erwarten konnten, bevor es endlich dunkel wurde.
Selbst dann, räumte Tasha ein, würde es ihnen schwerfallen, den beiden zu Hilfe zu kommen. Panterra und Prue waren irgendwo inmitten von Tausenden von bewaffneten Echsen in einem Meer von Zelten versteckt. Sie zu finden war selbst im besten Fall höchst unwahrscheinlich. Sie konnten höchstens darauf hoffen, dass die Echsen noch einmal auf die Idee kamen, die beiden zu verlegen. Dann konnte vielleicht irgendeine Rettungsaktion gestartet werden.
Vielleicht kämen ja auch fliegende Schafe aus dem Himmel gestürzt und zauberten den Jungen und das Mädchen einfach weg. Dann könnten sie alle glücklich nach Hause gehen, bemerkte Tenerife sarkastisch.
Phryne war aber nicht so pessimistisch wie ihre Cousins. Sie vertraute darauf, dass sich ihnen eine Gelegenheit bieten würde. Immerhin waren sie trotz aller Widrigkeiten bis hierhergekommen. Sie hatten die Karawane mühelos die Nacht hindurch verfolgt und waren gerade rechtzeitig am Lager eingetroffen, um noch beobachten zu können, wo ungefähr Panterra und Prue hingebracht wurden. Phryne war sich fast sicher, dass sie sogar das Zelt kannte, obwohl sie, nachdem etwas Zeit vergangen war, zusehends unsicherer wurde. Dessenungeachtet war sie aber fest entschlossen, einen Weg zu finden, um ihre Freunde dort herauszuholen. Wenn nicht heute, dann morgen. Oder am Tag danach oder sonstwann in naher Zukunft. Denn sie hatte es ernst gemeint, als sie verkündete, sie würde nicht ohne ihre Freunde nach Arborlon zurückkehren.
Sie war unruhig und viel zu überdreht, deshalb ließ sie die Brüder schlafen und hielt währenddessen Wache. Sie ließ das Lager und seine Umgebung nicht aus den Augen und wartete auf die Chance, von der sie überzeugt war, dass sie sich bald ergeben würde. Praktische Erfahrungen bei Such- und Rettungsaktionen hatte sie keine, und deshalb wurden ihre Gedanken auch nicht durch irgendwelche praktischen Erwägungen behindert. Doch selbst unter diesen eher ungünstigen Bedingungen hatte sie schon genug Einblicke ins Leben gewonnen. Sie war sich durchaus der Tatsache bewusst, dass ein Rettungsversuch äußerst gefährlich sein würde, ganz gleich wie sie es anstellten, und zudem auch leicht scheitern konnte. Sie gab sich selbst die Schuld für das, was Panterra und Prue zugestoßen war, und sie konnte sich nicht verzeihen, die beiden genötigt zu haben, zu dem Lagerfeuer zu gehen, obwohl sie es so offensichtlich nicht gewollt hatten. Gleichzeitig
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