Die Legende von Shannara 01 - Brooks, T: Legende von Shannara 01
Differenzen zwischen ihnen mussten überbrückt und ausgesöhnt werden.
Er wusste nicht, ob das möglich war. Und dennoch musste ein Weg gefunden werden, wenn diese Leute, die der junge Hawk vor dem Massensterben der Großen Kriege gerettet hatte, eine Überlebenschance haben sollten.
Die Stunden verstrichen, der Nachmittag ging in die Dämmerung über, die leuchtende Bahn der Sonne gen Westen führte durch einen Himmel, der zusehends bewölkter wurde. Ein weiterer Sturm zog aus nördlicher Richtung herauf. Sider überprüfte das Gerät zur Positionsbestimmung, weil er besorgt war, es könnte vielleicht versagt haben. Aber das rote Licht leuchtete unvermindert, also marschierte er weiter. Er erkannte fast nichts in dem Gelände, das er durchquerte, aber er hatte einen Kompass dabei, der ihm zusätzlich zu seinem allgemeinen Orientierungssinn die Gewissheit gab, dass er sich auch weiterhin auf dem beabsichtigten Kurs befand. Er hoffte nur, er würde einen Unterschlupf finden, bevor die Sonne unterging oder es zu regnen begann.
Doch seine Sorge war überflüssig. Er kletterte gerade aus einer Reihe tiefer Gräben heraus und näherte sich einem Knick von toten Bäumen und Gestrüpp, als über ihm Deladion Inch auftauchte. Er war in das vertraute, mit Metallschnallen besetzte schwarze Leder gekleidet und trug die ebenfalls vertraute Tyson Flechette an einem Gurt über der Schulter.
»Sider Ament«, rief der Hüne zur Begrüßung. »Komm hoch!« Er blieb stehen, wo er war, stemmte die Hände auf die Hüften und beobachtete mit einem breiten, amüsierten Grinsen, wie Sider seinen Aufstieg auf den Rand des Grabens beendete und neben ihn trat.
»Hallo«, erwiderte Sider den Gruß.
Der massige Mann musterte ihn von Kopf bis Fuß. »Hätte nicht erwartet, dich so schnell wiederzusehen. He, das ist keine Beschwerde, verstehst du? Ich weiß die Gesellschaft eines anderen Söldners immer zu schätzen. Ach, Moment… du magst ja nicht gern so genannt werden. Einen Kollegen vom Handwerk der Kriegskunst. Ist das besser? Na, wie auch immer, bin jedenfalls froh, dass du gekommen bist. Mein kleiner Sender funktioniert ziemlich gut, nicht wahr? Ich habe dein Signal auf meinem Empfänger gesehen, und es hat mich direkt zu dir gebracht.«
Er plapperte zwar ein wenig, aber Sider nahm es ihm nicht übel. Er war froh, dass sich der andere tatsächlich die Mühe gemacht hatte, ihn zu finden. »Es hätte wirklich nicht einfacher sein können«, pflichtete er ihm bei.
»Wir sind nicht weit von unserer alten Unterkunft entfernt, deshalb dürfte der Rest des Wegs nicht sonderlich anstrengend werden.« Inch blickte zum Himmel hinauf. »Ich hätte dich auch schneller erreichen können, aber ich war auf Nahrungssuche in der entgegengesetzten Richtung unterwegs und musste erst mal umkehren. Tut mir leid. Hast du Hunger?«
Sider nickte. »Durstig bin ich auch.«
»Ich habe ein Gegenmittel für beides. Komm, lass uns nicht länger herumtrödeln. Sag mir, was dich hierher bringt, wo ich dir doch eingeschärft habe, es wäre das Beste, wenn du dort bleibst, wo du bist. Nicht, dass ich nur eine Minute lang geglaubt hatte, du würdest auf mich hören. Aber ich fühle mich irgendwie denen gegenüber verpflichtet, die weniger gesunden Menschenverstand besitzen als ich selbst. Nun komm.«
Er führte sie auf einem Weg an der Rückseite der Erhebung auf eine Ebene, die sich kilometerweit durch Gräben, Gestrüpp und abgestorbene Wälder hinzog. Unterwegs erzählte Inch, was er seit ihrer Begegnung getan hatte. Er hatte, so sagte er, die meiste Zeit mit Reparaturen in seinem Tunnelsystem unter den Ruinen verbracht, in die er sich zurückzog. Dort wartete er auf die Nachricht von einem kleinen Dorf im Süden, das ihn um seine Dienste ersucht hatte, aber immer noch über seinen Lohn nachdachte. Inch war aufgedreht, redselig und fuchtelte beim Reden mit seinen etwas verstümmelten Händen durch die Luft. Sider registrierte es ein wenig verwundert und fragte sich, woher dieser Mann wohl die ganze Energie nahm.
Die Nacht rückte näher, und es hatte gerade zu regnen begonnen, als sie die Ruinen erreichten und die steinernen Stufen zu den Räumen hinaufstiegen, die Deladion für sich in Schuss hielt. Sie gingen durch die Korridore bis zu einem Raum, in dem Stühle und ein Tisch vor einem Herd aufgestellt waren. Innerhalb von wenigen Minuten hatte Inch ein Feuer entfacht. Das trockene Holz knisterte und knackte heimelig.
»Machst du dir keine Sorgen, dass
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