Die Legende von Shannara 01 - Brooks, T: Legende von Shannara 01
übrigen Bewohnern des Tals zu isolieren. Häufigere Gäste waren Eidechsen und Spinnen; ihre Bevölkerungszahl war kleiner, und sie hatten ein größeres Interesse daran, Allianzen einzugehen. Elfen räumten ihnen bereitwilliger einen Platz ein als Menschen. Letztere schienen ihre Freundschaft immer von irgendwelchen Bedingungen abhängig machen zu müssen, während die Elfen einfach nur darum ersuchten, ihre Lebensweise zu respektieren und ihnen ihren Platz in der Welt nicht streitig zu machen. Das Menschenvolk war das größte unter den Bewohnern des Tals, und auch das Volk, das es allen anderen am schwersten machte, mit ihm auszukommen. Panterra fand das gleichermaßen seltsam wie bedauerlich, aber so war es nun einmal.
Er wusste, dass so manches mit den Sitten und Gebräuchen der Kinder des Hawk zu tun hatte. Vieles war aber auch mit der Geschichte verknüpft, die im Laufe der Jahrhunderte das Denken der menschlichen Rasse so tief geprägt hatte, dass es buchstäblich unmöglich war, sie zu ändern. Man behauptete, dass die Menschheit schon immer die Vorherrschaft innegehabt hatte, und deshalb auf alle Zeit dazu bestimmt war. Andere Rassen seien minderwertig, verfügten nicht über die gleiche Intelligenz und Begabung, und wären nicht imstande, die gleichen, hohen moralischen Maßstäbe anzulegen. Außerdem fehlte ihnen eine angeborene Wertschätzung dessen, was den Sinn des Lebens ausmachte. So und ähnlich lauteten die Erklärungsversuche. Panterra hatte sie alle gehört, zumeist aus dem Mund von Sektenmitgliedern, manchmal aber auch von Leuten, die es eigentlich besser wissen sollten. Es war die Art des Denkens, die von verborgenen Ängsten und Zweifeln und der nagenden Unsicherheit hervorgerufen wurde, dass man vielleicht doch nicht so etwas Besonderes war, wie man es erzählt bekam und gern geglaubt hätte. Weder Panterra noch Prue hatten einen Sinn für diese Art zusammengesponnener Scheinargumente, denn sie hatten das Thema offen und ausführlich miteinander diskutiert, als sie alleine im Hochland unterwegs gewesen waren. Auch kümmerte es keinen von ihnen beiden, dass die Menschen immer noch versuchten, so etwas wie eine Vorherrschaft unter den Rassen zu beanspruchen. Es reichte beim Umgang mit jedem einzelnen Individuum völlig aus, genau zu wissen, wo man selber stand. Die Rangordnung würde sich im Laufe der Zeit schon von selbst und durch Bewährungsproben ergeben. Jeder versuchte, so gut zurechtzukommen, wie er konnte, und sein Erfolg hing von Dingen wie Entschlossenheit, Charakterstärke und sogar Glück ab. So war es schon immer gewesen, und von Leuten, die das anders sahen, hielten sie sich fern.
Natürlich waren auch die Elfen nicht immun dagegen, sich für etwas Besseres zu halten, aber sie sprachen es nicht so direkt aus, und sie zeigten weniger Verlangen, es bei jeder Gelegenheit kundzutun. Es gab jedoch etliche unter ihnen, die glaubten, dass ihre Rasse überlegen sei und schon immer gewesen war. Ihr Volk war das älteste und das begabteste. Ihnen war die Gabe der Magie gegeben, die sie zu großem Nutzen angewandt hatten, bis sie ihnen durch Vernachlässigung und Unentschlossenheit wieder verloren gegangen war. Dass sie aufgrund ihrer bedeutend langsameren Vermehrung zahlenmäßig den Menschen unterlegen waren, tat nichts zur Sache, wenn man sich auf das große Ganze konzentrierte. Was wirklich zählte war, dass nur sie allein Mittel und Wege gefunden hatten, um seit den Zeiten des Feenlandes zu überleben. Einige glaubten sogar, dass es ein Fehler gewesen war, während der Großen Kriege aus ihrer Verborgenheit zu treten, denn wären sie auch weiterhin versteckt geblieben, hätten sich die anderen Bewohner der Erde, ganz besonders die Menschen, selbst vernichtet, und die Elfen hätten davon profitiert.
Unterm Strich kam bei alldem heraus, dass weder Menschen noch Elfen besonders viel für die jeweils andere Spezies übrig hatten und sich voneinander fernhielten, so gut es eben möglich war. Dabei behielten sie sich gegenseitig wachsam im Auge, weil sie davon ausgingen, dass der andere Ärger machen würde. Nur einige wenige Individuen aus jedem Volk begriffen, dass sie alle im selben Boot saßen und dass ihre gemeinsame Zukunft damit stehen oder fallen würde, wie viel Bereitschaft sie aufbrächten, sich zu vereinen, wenn eine Gefahr drohte, die ihre eigenen kleinen Zänkereien überschattete.
Solch eine Gefahr war bisher nicht aufgetaucht, das wusste Panterra. Nun jedoch würden sie
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