Die Legende von Shannara 01 - Brooks, T: Legende von Shannara 01
bald alle auf die Probe gestellt werden.
Das alles schoss Panterra als Reaktion auf die Blicke durch den Kopf, die ihm ein paar der Elfen zuwarfen, an denen sie vorbeikamen. Er wusste, dass seine Weltsicht nicht besonders ausgefeilt war oder auf viel Erfahrung beruhte. Er war weder im Lesen noch im Schreiben unterrichtet worden und besaß auch keine eigenen Bücher. Statt Bücher hatte er Spuren zu lesen gelernt, weil ihm nichts wichtiger war, als sich selbst zum Fährtenleser auszubilden. Es gab vieles, von dem er keine Ahnung hatte, aber dumm war er nicht. Er war ein aufmerksamer Beobachter und im ganzen Tal sehr bewandert, deshalb wusste er ein paar Dinge über die Art, wie die Völker miteinander umgingen, und er hatte ausgiebig darüber nachgedacht, was das zu bedeuten hatte. Was man über Leute wusste, erfuhr man meistens, indem man Kontakt mit ihnen hatte, dachte er. Wenn einen die Instinkte und die Sinne nicht täuschten und man über eine verlässliche Urteilskraft verfügte, dann konnte man seine eigenen Rückschlüsse über die Lage der Menschheit ziehen. Man brauchte nur darauf zu achten, was rings um einen geschah. Und das hatte er getan.
Seine Gedanken hatten diese Angelegenheiten nur flüchtig gestreift und waren genauso schnell vergangen, wie sie gekommen waren. Nun aber richtete er sie wieder mit frischer Wertschätzung auf den Ort, der das Ziel ihrer Reise gewesen war.
Arborlon war eine in jeder Hinsicht beeindruckende Stadt, umso mehr, als sie das größte und älteste Siedlungsgebiet des Tales war, in dem sie alle ihre Zuflucht gefunden hatten. Arborlon war schon zu Zeiten errichtet worden, als die Menschheit erst noch geboren werden musste, zu Zeiten des Feenlandes und der Magie, vor den Menschen und all ihren Nachkommen. Die Stadt war im Laufe vieler Jahrhunderte aufgebaut und immer wieder umgebaut worden und von der Magie des Elfensteins umhüllt, des Loden. Er schützte die Stadt und ihre Einwohner vor den schlimmsten Bedrohungen und vermochte sie auch zu verlegen, wenn Umzug die einzige Alternative war. Dieser Talisman behütete sie vor dem Bösen, das während der Kriege des antiken Feenlandes hinter dem Verbotenen weggesperrt worden war. Es war die einzige Stadt dieser Art, die es noch gab. Es gab Gerüchte über weitere, ausgedehnte und wundersame Städte, von denen nur noch Ruinen und Schutt übrig geblieben waren und in denen es kein Leben mehr gab. Es waren Vermächtnisse ferner Zeiten, die gekommen und wieder vergangen waren. Arborlon hingegen war real, war eine Stadt mit so viel Vergangenheit wie keine andere, erbaut von den ältesten aller Lebewesen, und es lebte und gedieh auch noch nach all den Jahren.
»Ist das nicht wunderschön?«, sagte Prue leise, als ob sie seine Gedanken gelesen hätte.
Das ist wirklich schön, dachte Panterra und lächelte sie zustimmend an.
Sobald man die Höhen Arborlons erreicht hatte, gab es keine trennenden Mauern mehr. Die Höfe und die Versammlungsräume, die Amphitheater und die Gärten, ja selbst der Königspalast und seine Anlagen waren offen und jedermann zugänglich. Eine Heimatgarde wachte über die Könige, die Königinnen und ihre Familien. Elfenjäger würden sie gegen Angriffe verteidigen, wenn man sie rief. Elfen waren Geschöpfe der Wälder und daran gewöhnt, ihr Leben im Freien zu verbringen. Ihre Bauwerke spiegelten das wider. Obwohl die meisten ihrer Bauten auf dem Waldboden und entlang der Gewässer zu finden waren, gab es auch welche, die hoch in den Bäumen nisteten oder von Seilen in der Schwebe gehalten wurden, so dass sie den Eindruck erweckten, als wären sie ein Teil ihrer Umgebung. Die ganze Stadt verschmolz mit dem Wald, so dass beide wie zusammengehörige Teile wirkten, was dem Ganzen einen Ausdruck der Natürlichkeit verlieh, der sich in den Siedlungen der Menschen in der Form nirgendwo fand.
Panterra vermutete, dass seine Vorliebe für die Lebensweise der Elfen einer der Gründe war, warum er sich unter Elfen so wohl fühlte. Genau wie sie lebte auch er lieber im Freien, als ein Teil der Natur und der weiteren Welt. Er war in den Wäldern zu Hause, und er glaubte daran, dass man tätige Verantwortung für die Natur übernehmen musste. Die Elfen liebten die Welt auf eine Weise, wie es die Menschen nie gelernt hatten. Und selbst wenn ihre Magie zum größten Teil verloren gegangen sein mochte, so hatte sie ihnen doch als Vermächtnis hinterlassen, alles in ihrer Macht Stehende zu versuchen, um jegliches Leben um sie
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