Die Legende von Shannara 01 - Brooks, T: Legende von Shannara 01
sieht. Stimmt das?«
»Allerdings. Diese Begabung hatte sie schon immer.«
»Eine sehr nützliche Begabung. Was ist deine?«
»Vielleicht habe ich gar keine.« Er zuckte mit den Schultern. »Ich bin nichts Besonderes, Phryne. Ich bin einfach jemand, der gern ein Fährtenleser ist.«
Sie hakte ihren Arm unter seinen und zog ihn näher. »Das glaube ich nicht, und normalerweise irre ich mich nicht in solchen Dingen. Irgendetwas ist anders an dir, und das habe ich gleich gespürt. Ich sehe doch, wie dir meine Cousins manche Sachen überlassen, und wie sie darauf achten, wie du darauf reagierst. Es sind Kleinigkeiten. Ich sehe, wie sie mit dir sprechen. Sie halten dich für etwas Besonderes. Sag mir, warum.«
Er grinste sie an. »Da gibt es nichts zu erzählen.«
»Erzähl es mir trotzdem, Pan.«
Sie würde nicht lockerlassen. Er seufzte. »Ich bin gut im Fährtenlesen.«
»Besser als gut, unter Umständen?« Sie zog eine Augenbraue hoch.
»Besser als gut. Ich kann Spuren finden, die sonst niemand findet. Manchmal kann ich sie auch spüren. Ich weiß nicht, warum das so ist, aber ebenso wie Prue Gefahren erkennt, die sie nicht sehen kann, genauso erkenne ich Spuren, die ich nicht sehe. Das muss wohl Instinkt sein.«
Sie ließ seinen Arm los und ging an seiner Seite weiter, ohne ihn zu berühren. Er vermisste ihre Wärme sofort. »Tasha hatte Recht mit dir«, sagte sie. »Du bist mehr Elf als Mensch. Du solltest einer von uns sein.«
Sie gingen weiter, legten mittags eine Rast ein und nahmen am Rand eines der größeren Meres eine kleine Mahlzeit ein. Sie setzten sich auf ein Stück Wiese und schauten zu, wie die großen Raubvögel auf der Jagd nach Fischen über den Wasserflächen kreisten, plötzlich herabstürzten und dann dicht darüber hinwegsegelten. Sie sprachen noch ein wenig davon, was sie tun wollten, sobald sie in den Bergen und am Aphalionpass angekommen waren. Überwiegend war es aber Tasha, der Geschichten erzählte, obwohl sich Tenerife, der sie schon alle kannte, weniger davon erbaut zeigte als die anderen.
»Jeder hat schon von Kirisin Belloruus gehört«, begann Tasha eine neue Geschichte, als sich ihr Mittagsmahl seinem Ende näherte und das letzte Bier getrunken war. »Zumindest jeder Elf und jeder, der sich wenigstens oberflächlich mit der Geschichte der Elfen befasst hat. Er war der geistige Führer der Elfen, als sie in dieses Tal gekommen sind. Er hat den Brauch begründet, dass man sich von Geburt an verpflichtet, das Land zu hegen und zu pflegen. Er hat eine kleine Gruppe von Gefolgsleuten angeführt, die sich der Wiederherstellung jener alten Magie gewidmet haben, die irgendwann nach dem Ende des Feenlandes verloren gegangen ist. Und er war viele Jahre lang die treibende Kraft bei der Entstehung der Elfennation. Es heißt, er habe einen Pakt mit den Schatten unserer Vorfahren geschlossen, um die verlorengegangenen Künste und Gebräuche wiederzubeleben, die größtenteils in Vergessenheit geraten waren. Aber wer von euch weiß von seiner Schwester?«
Tenerife hob die Hand. »Von dir einmal abgesehen, Schlauberger«, tadelte ihn Tasha. »Und natürlich auch von Phryne. Wer noch?«
Weder Panterra noch Prue hatten jemals etwas von einer Schwester erfahren, obwohl beide die Geschichte von Kirisin Belloruus unzählige Male gehört hatten.
»Hieß sie nicht Simralin?«, bemerkte Phryne.
»So hieß sie.« Tasha strahlte sie an wie ein Lehrer eine außerordentlich kluge Schülerin, obwohl Pan den Verdacht hegte, dass sie als Tochter des Königs in der Geschichte der Elfen mindestens so bewandert war wie Tasha. »Eine Gestalt, die zwar schon ziemlich in Vergessenheit geraten ist, aber dennoch eine wichtige Rolle spielte. Sie war älter als er, und sie hatte etwas von einer Kriegerin. Sie kämpfte unzählige Male gegen Dämonen und deren Lakaien, und sie half mit, die vermissten Elfensteine wiederzufinden.«
»Werden sie denn nicht noch immer vermisst?«, unterbrach Phryne.
»Die blauen ja, die Suchsteine«, pflichtete Tasha bei. »Obwohl der Loden immer noch im Besitz der königlichen Familie ist, wie du sehr wohl weißt.« Er warf ihr einen missbilligenden Blick zu. »Darf ich meine Geschichte jetzt vielleicht zu Ende erzählen? Sie hat nämlich genau damit zu tun.«
Er wartete, bis sie nickte, dann fuhr er fort. »Sie verliebte sich in einen Ritter des Wortes, aus dem alten Orden. Es war einer der Letzten von ihnen. Nachdem sie ihren Weg hierher gefunden hatten, vermählte sie sich
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