Die Legende von Shannara 02: Die Herrschaft der Elfen
keuchte auf vor Schreck. »Phryne, das ist nicht …«
»Nicht reden«, wiederholte sie. »Sag nichts. Lass deine Hände einfach da, wo sie sind.«
Dann schob sie ihre Hände wieder in sein Hemd und strich damit über seine Seiten.
»Hör mir zu, Pan. Ich weiß nicht, was der Morgen bringt oder der nächste Tag oder der übernächste, aber ich weiß, was heute Nacht passiert. Also mach einfach, was ich dir sage. Ich verspreche dir, dass es nicht wehtun wird.«
Es überraschte ihn nicht sonderlich, als er im Laufe der Nacht feststellte, dass sie Recht hatte.
KAPITEL 22
Als Panterra Qu am nächsten Morgen aufwachte, brauchte er eine Minute, bis er begriff, dass er allein war. Er lag noch in die Decke gewickelt auf dem Boden, den Kopf auf seinen Arm gelegt, und betrachtete die schattigen Umrisse der Bäume in der Morgendämmerung. Alles war sehr ruhig, aber er roch das Holz und die Feuchtigkeit. Wenn er zum Himmel hinaufblickte, der allmählich heller wurde, sah er dicke Wolken und Nebel, der so tief hing, dass er die Wipfel der Bäume berührte. Ihm war warm, er war schlaftrunken und erfüllt von einem Gefühl von Glück und Zufriedenheit, das er kaum fassen konnte.
Als er jedoch hinter sich griff, um nach Phryne zu tasten, entdeckte er, dass sie verschwunden war. Er setzte sich ruckartig auf, und seine Stimmung verflog. Zunächst sah er sie nirgendwo, er suchte sie, versuchte sie in der Dunkelheit und den Schatten zu erkennen. Er ließ die Decke fallen, kroch aus ihrem improvisierten Unterschlupf, stand auf und wollte sich gerade auf die Suche machen.
Dann sah er sie; sie saß ein wenig abseits, ganz ruhig auf einem umgestürzten Baumstamm, und blickte in die Richtung, in die sie am Tag zuvor gegangen waren. Sie war so ruhig, dass sie auch ein Teil des Waldes hätte sein können. Er beobachtete sie einen Moment und wartete ab, ob sie ihn bemerkte. Als sie nicht reagierte, blickte er an sich herunter und zog dann verlegen seine Kleidung und seine Stiefel an. Als er damit fertig war und sie ihn immer noch nicht registriert zu haben schien, rollte er die zerknautschte Decke auf, damit er sie wieder an seinen Rucksack schnallen konnte.
»Ich dachte schon, du hättest vor, den ganzen Tag zu verschlafen«, sagte sie plötzlich.
Er sah hoch und begegnete ihrem Blick. Mittlerweile war er ein bisschen ärgerlich auf sie, erstens, weil sie ihn einfach allein hatte liegen lassen, und zweitens, weil sie sich so beiläufig verhielt. Ihre Worte klangen, als wäre nichts von dem, woran er sich noch so lebhaft erinnern konnte, passiert.
»Ich wusste nicht, dass du wach bist. Als du nicht neben mir lagst, dachte ich, du wärest vielleicht woanders hingegangen.«
»Woanders hingegangen?« Sie lachte und strich sich mit beiden Händen ihr Haar zurück. »Wohin hätte ich denn gehen sollen?«
Sie stand von dem Baumstamm auf, ging zu ihm und kniete sich dicht neben ihn. »Hast du gedacht, dass ich dich verlassen würde? Wolltest du das sagen?«
Er zuckte mit den Schultern. »Nein, ich glaube nicht, dass ich das gedacht habe.«
Sie hob die Hand, legte ihre Finger auf seine Wange, beugte sich dann vor und küsste ihn. »Du bist ein schrecklich schlechter Lügner, Panterra Qu«, sagte sie dann. »Das ist nämlich genau das, was du gedacht hast. Aber ich verzeihe dir.«
Sie war in diesem Moment so wunderschön, strahlend und frisch und einfach ein wundervoller Anblick. Es freute ihn unglaublich, dass sie ihm verzieh, obwohl er nicht wusste, was eigentlich. »Ich habe mir Sorgen um dich gemacht, das ist alles.«
»Halt diesen Gedanken fest. Möglicherweise brauche ich ihn später. Haben wir noch irgendetwas zu essen?«
Selbstverständlich hatten sie nichts mehr. Sie hatten ihre letzten Vorräte in der Nacht zuvor verzehrt und von dem Wasser bis auf einige Schlucke alles getrunken. Bis jetzt war ihnen das nicht sonderlich wichtig vorgekommen. Aber jetzt war ihr Hunger real und drängend, und plötzlich konnten sie an kaum mehr etwas anderes denken. Ohne gefrühstückt zu haben, und begierig darauf, etwas in den Magen zu bekommen, packten sie ihre Habseligkeiten ein und bereiteten sich auf den Aufbruch vor. Sie würden kaum etwas zu essen finden, bis sie wieder im Tal waren, und es war unwahrscheinlich, dass ihnen zuvor noch etwas oder jemand begegnen mochte, der ihnen ihre Lage erleichtern würde. Im Gegenteil.
Sie gingen los, in dieselbe Richtung, in die sie tags zuvor gegangen waren, und hofften immer noch darauf, dass
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