Die Legende von Shannara 02: Die Herrschaft der Elfen
kosten mochte. So war Prue. Loyalität und Opferbereitschaft waren Qualitäten, die sie hochhielt und in denen sie einen Sinn sah. Vor allem, wenn es um jene ging, denen sie nahestand, und ganz besonders ihm gegenüber.
Er fragte sich, wo sie war.
Er fragte sich, was mit ihr passiert war.
Das Mondlicht fiel vom wolkenlosen Himmel auf die unfruchtbare Welt um ihn herum, die so stumm und leblos war wie ein Friedhof. Er ging weiter, auf der Suche nach einer Möglichkeit, etwas über Prues Schicksal herauszufinden.
Prue Liss und Aislinne Kray hockten im Schutz einer kleinen Felsengruppe am Eingang des Passes der Declan-Schlucht, stumm wie Schatten. Der Mann, den sie im Pass zurückgelassen hatten, hatte von Tod und Wahnsinn geflüstert, seine Stimme war heiser gewesen, kaum verständlich, und seine Wunden so schwer, dass er nicht weitergehen konnte. Sie hatten ihn zurückgelassen, auf dass andere ihn finden mochten. Und diese anderen waren auch gekommen, obwohl es nur eine Handvoll war; sie waren allein oder zu zweit vom Schlachtfeld gestolpert, erschöpfte Gestalten in der Dunkelheit, blutüberströmt und verzweifelt, die Letzten, die mit Skeal Eile gegangen waren, um auf den Hängen jenseits der Berge zu sterben.
»Alle tot«, hatte eine Frau gekeucht, als sie sie erreicht hatte und in ihren Armen zusammengebrochen war. »Ermordet, alle. Ermordet von ihm, vom Seraph! Er hat uns belogen. Er hat uns alle getäuscht.«
Ein anderer hatte diese Worte wiederholt, verbittert und wütend, am Boden zerstört durch die Ereignisse. Auch er war weitergegangen. Aislinne hatte allen Wasser gegeben und etwas zu essen. Dann hatte sie ihnen gesagt, sie sollten im Pass warten, bis Hilfe kam. Woher diese Hilfe kommen sollte, wusste sie nicht. Doch mehr konnten sie und Prue nicht tun. Die rote Taube flog weiter, und sie waren verpflichtet, ihr zu folgen, dorthin, wo Panterra Qu und das Schicksal auf sie alle wartete.
Jetzt versteckten sie sich am anderen Ende des Passes und blickten auf die Quelle, den Ursprung all dieser entsetzlichen Geschichten, die ihnen diese verzweifelten Menschen geschildert hatten. Nicht einmal hundert Meter von ihrem Versteck entfernt begann das Schlachtfeld, eine Fläche von mehreren Morgen Land, das von den Leichen der Drouj und der Einwohner von Glensk Wood bedeckt war. Sie lagen überall auf den Hängen verstreut. Weder Prue noch Aislinne hatten jemals so viele Tote gesehen, ein Anblick, der ungeheuerlich und entsetzlich war. Menschen, Männer, Frauen und Kinder sowie Soldaten der Drouj lagen dort, ihr Blut klebte dunkel geronnen auf ihrer Haut und ihrer Kleidung, ihre Gliedmaßen waren verdreht und steif, die Augen ausdruckslos und starr. Viele dieser Leute hatten sie gekannt; einige waren Freunde und Nachbarn gewesen. Und keiner von ihnen hatte so ein Ende verdient.
Und mitten in diesem Massaker saß Skeal Eile, wartend, den Rücken zu ihnen gekehrt und den Blick auf das Land vor sich gerichtet. Sie hatten sein Gesicht deutlich erkennen können, als sie durch die Schatten der Schlucht zu ihrem Versteck geschlichen waren. Sie hatten es nicht gewagt, näher zu kommen. Da war er noch auf dem Schlachtfeld herumgegangen, hatte sich umgesehen und seine Nase gehoben, als wittere er nach einem Geruch. Sie wussten, dass er nicht der war, der er zu sein schien; er war ganz und gar nicht Skeal Eile, sondern der Dämon, der sie beide verfolgt hatte. Sie spürten in den Knochen, was er war … vor allem Prue. Ihre Instinkte schrien ihr förmlich zu, sie solle flüchten, und ihr lief ein Schauer nach dem anderen über den Rücken. Die beiden Frauen sahen sich an, atmeten angestrengt, wussten es.
Aber sie hatten nicht darüber gesprochen. Nicht einmal. Zuerst war es zu riskant gewesen, weil der Dämon zwischen den Toten umhergegangen war, sich überallhin gewandt hatte, als würde er etwas suchen. Es war schon gefährlich genug gewesen, ihm überhaupt so nahe zu sein. Und später, als er sich hingesetzt hatte, wo er jetzt immer noch saß, um Wache zu halten, waren sie immer noch stumm geblieben. Wie in einer unausgesprochenen Vereinbarung. Einmal hatte Aislinne eine Geste gemacht, um vorzuschlagen, dass sie sich vielleicht weiter in den Pass zurückziehen sollten. Aber Prue hatte auf die rote Taube gedeutet, die sich in die Felsen über ihnen gehockt hatte. Sie führt uns nicht weiter, hatte sie Aislinne bedeutet. Offenbar hatte sie gefunden, wonach sie suchte. Wenn sie hier auf Panterra Qu wartete, mussten sie
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