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Die Legende von Shannara 02: Die Herrschaft der Elfen

Die Legende von Shannara 02: Die Herrschaft der Elfen

Titel: Die Legende von Shannara 02: Die Herrschaft der Elfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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aus dunklen und zerklüfteten Berggipfeln.
    Wo war sie?
    Es gab nur einen Weg, um das herauszufinden. Sie stand auf und wartete einen Augenblick, um zu sehen, ob ihr schwindelte oder sie sich schwach fühlte. Aber nichts dergleichen passierte. Sie strich sich die Nadeln von Fichten und Kiefern sowie Grashalme und Schmutz von der Hose und sah sich erneut um. Welchen Weg sollte sie einschlagen? Sie war eine erfahrene Fährtenleserin und konnte selbst im Dunklen ihren Weg finden. Jetzt jedoch konnte sie es nicht. Alles wirkte fremd auf sie, anders. Die Schattierungen von Licht und Schatten wirkten nicht richtig; irgendwie war das Hell und Dunkel fremdartig.
    Plötzlich blitzte es zwischen den Zweigen rot auf. Ein roter Fleck fegte dicht über dem Boden dahin und stieg dann auf zu den freien Stellen zwischen den dunklen Baumstämmen. Es war die erste Farbe, die sie hier sah, und sie kam so unerwartet, dass sie einen Moment nur dastand und zusah.
    Es war eine Art Vogel.
    Es war eine rote Taube.
    Aber es gab keine roten Tauben in ihrer Welt, sondern nur in der Welt des Königs des Silbernen Flusses. Warum also sah sie hier eine? Es sei denn natürlich, sie wäre immer noch in der Welt dieses Feengeschöpfes und wäre gar nicht in ihre eigene zurückgekehrt. Aber wie konnte das sein, wenn der einzige Grund, aus dem sie dieser Infusion von tiefer Magie zugestimmt hatte, der gewesen war, zurückzukehren und Pan zu helfen?
    Dann begriff Prue etwas anderes, und das war so erstaunlich, dass sie wie angewurzelt stehen blieb. Sie vergaß einen Augenblick die Frage, in welcher Welt sie war oder was sie tun sollte, und überlegte … Warum konnte sie das strahlende Rot dieser Taube sehen, nicht aber die anderen Farben um sie herum?
    Sie blinzelte hastig, kniff die Augen zusammen und öffnete sie wieder. Die Welt um sie herum war immer noch farblos, bestand nur aus Grau und Schwarz, hell und dunkel. Nichts sonst. Sie suchte die Landschaft ab, versuchte etwas zu finden, das wenigstens einen winzigen Flecken Farbe hatte.
    Nichts. Nirgendwo.
    Die Taube tauchte wieder auf, flog an ihr vorbei. Ihre schlanke Gestalt schimmerte in hellen roten Tönen. Ihre Federn waren prachtvoll, ihre Farbe so unglaublich lebhaft, so unglaublich intensiv, dass Prue der Atem stockte. Sie sah sich hastig um, suchte erneut nach etwas, das erklärte, was hier passierte. Aber wohin sie auch blickte oder wie lange sie auch suchte, sie fand keine Farbe, nirgendwo.
    Dann wurde sie panisch, hatte plötzlich Angst vor dem, was da geschah, rannte los, zwischen den Bäumen hindurch, rannte so schnell sie konnte in die Richtung, in der die Taube geflogen war. Sie war nicht schwer zu finden, denn ihr leuchtend roter Körper hob sich vor allem anderen deutlich ab, und sie schien auch nicht zu versuchen, ihr zu entkommen. Im Gegenteil, sie schien vorauszufliegen, kam dann wieder zu ihr zurück, wiederholte diese Handlung immer und immer wieder, bis Prue schließlich begriff, dass die Taube sie aufforderte, ihr zu folgen. Warum sie das tat und wohin sie sie führte, vermochte sie nicht zu sagen. Aber diese Taube war die einzige Verbindung zu der Erklärung, die sie so dringend brauchte, also folgte sie ihr.
    Schließlich flatterte der Vogel zu ihr herunter und hockte sich auf einen tiefhängenden Zweig über einem kleinen Weiher, eher eine große Pfütze, nur wenig mehr als eine Senke in der Erde, durch die sich ein kleines Rinnsal schlängelte. Prue ging zu dem Teich und kniete sich hin, blickte in das klare Wasser. Da war sie, Prue Liss, erwiderte ihren Blick, und ihr Spiegelbild kräuselte sich leicht in den trägen Wellen des Flüsschens, das durch ihr Bildnis strömte, ihre Gesichtszüge verzerrte …
    Sie sah genauer hin. Etwas stimmte nicht. Sie kniff die Augen zusammen, versuchte, sich zu vergewissern.
    Ihre Augen. Es stimmte etwas mit ihren Augen nicht!
    Sie beugte sich noch tiefer herab, bis sie das Wasser fast mit ihrem Gesicht berührte, als wollte sie es mit ihren Lippen küssen. Dann sah sie, dass ihre Augen … sie sahen nicht mehr aus wie ihre Augen oder wie die Augen eines Menschen, der sehen konnte. Sie sahen aus wie die Augen einer Blinden.
    Milchig und leer.
    Prue fuhr erschrocken hoch. Was ging hier vor sich? Ihre Augen sahen aus, als wäre sie blind, aber sie konnte sehen! Sie sah sich rasch um, vergewisserte sich. Ja, sie konnte sehen. Ein Irrtum war ausgeschlossen. Was also bedeutete es, dass sie die Augen einer Blinden hatte und trotzdem die Welt

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