Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)
sollten sie darüber sprechen.«
»So übermittelte ich es ihnen, Majestät.«
»Gut, gut.« Er streckte den Zeigefinger der Hand, mit dem er den Pokal hielt, und richtete ihn auf Tarslok. »Dich ernenne ich hiermit zu meinem Siegelbewahrer. Du wirst meine rechte Hand sein und mich vertreten, bei allen wichtigen und unwichtigen Dingen. Außer bei meinen Weibern.« Lanfried lachte lauthals.
»Danke, Majestät.« Tarslok nippte am Wein, aber ließ sich Zeit, um nicht schneller betrunken zu werden als der König. »Oh, die Nachfolgerin Artainas ist ihre Schwester, da die Fürstinnenkinder noch nicht alt genug sind, um zu regieren. Ihr Name ist Paltaina. Sie machte mir trotz ihrer Trauer deutlich, dass sie Euch in allem unterstützt, was Ihr beabsichtigt. Ohne Wenn und Aber.«
Lanfried kniff die Augen zusammen. »Weiß sie, woran ihre Schwester …«
»Ja. Man hat es ihr wohl zugetragen, dass es beim Ersticken nicht mit rechten Dingen zuging.« Tarslok sehnte sich nach etwas zu essen und hoffte auf die schnelle Rückkehr des Dieners. Er war unmittelbar nach seiner Ankunft zum König geeilt, und dabei kam ein gutes Mahl zu kurz. »Lasst es mich so formulieren: In Paltaina habt Ihr eine glühende Verehrerin der Albae an Eurer Seite. Ihr Vater gehörte zu denen, die mit den Schwarzaugen den ersten Pakt eingingen und nach dem ersten großen Sieg bestraft wurden.«
»Ich erinnere mich. Hatte ihn nicht irgendein Ido-Fürst aufhängen lassen? Ohne Anhörung und Prozess?« Lanfried schmatzte und ließ sich nachschenken. »Hast du ihn gesehen?«, fragte er beiläufig.
»Nein. Ich kannte Fürst …«
»Nicht Artainas Vater. Den Alb. Das Schwarzauge, das sie umbrachte!«
Tarslok schüttelte den Kopf. »Ich … saße a und bekam nicht mit, wie er es anstellte.«
»Schade. Mich hätte interessiert zu erfahren, wie schnell sie sind.« Er sah in den Wein und sein Spiegelbild darin. »Ich hasse diese Brut«, murmelte er. »Abgrundtief hasse ich sie und wünsche ihnen schrecklichste Tode.«
»Majestät?«
Lanfried sah mit starrem Blick auf, das Gesicht war noch ernster geworden. »Weißt du, weswegen ich dieses Bündnis mit dem Bösen eingehe, mein treuer Siegelbewahrer?« Er legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Weil ich Urgon vor dem Untergang bewahren muss.« Er schnaufte schwer. »Es wird nicht lange dauern, und diese Schwarzaugen werden das Geborgene Land unterjocht haben. Die Magi und Magae werden die Barriere nicht ewig aufrecht erhalten können, aber die Albae …« Er nahm einen Schluck, als müsste er sich Mut für die Wahrheit antrinken. »Diese Albae sind unsterblich. Sie können warten, bis sich eine Gelegenheit ergibt. Das hat keiner außer mir begriffen.«
»Ich verstehe, Majestät. Ihr wollt sie täuschen.«
»Das habe ich bereits, Tarslok.« Er legte den gereckten Zeigefinger auf die rauen, vom Rotwein gefärbten Lippen; dabei verschüttete er einen Schluck von seinem Trunk, der sein Gewand mit roten Spritzern versah. »Das ist unser Geheimnis. Ich habe ihrem Boten, diesem hochmütigen Sonthoris, versichert, wie anmutig und edel ist seine Rasse finde.« Er spuckte aus und verfehlte Tarslok um Haaresbreite.
»Ihr zieht Euch den Hass aller Fürsten zu, um unsere Heimat zu retten. Das macht Euch edler, als es jemand im Geborgenen Land ermessen könnte«, beteuerte Tarslok. »Die Geschichtsschreiber werden Euch rühmen.«
»Wer weiß. Die Geschichte schreiben die Herrscher, die nach mir kommen. Aber ich zähle nicht. Sollen sie meine Leiche schänden, wenn ich gestorben bin. Solange Urgon besteht, ist es mir recht.« Er hielt den Pokal auffordernd unter Tarsloks Nase. »Wenigstens du bist auf meiner Seite.«
»Das bin ich, Majestät, und ich verspreche, ich werde Eure Weitsicht und Uneigennützigkeit loben.« Der dürre Mann goss eilends nach, blubbernd strömte das Rot in die Karaffe. »Sagt, wenn es Euch genügt.«
Der Wein plätscherte, mehr und mehr füllte er das Gefäß aus und stieg empor, bis er dessen Rand erreicht hatte.
Aber Lanfried schwieg.
»Vergebt mir, aber es läuft gleich über.« Tarslok unterbrach das Einschenken und sah zum König. »Ich denke …« Entsetzt schwieg er, zitterte sofort.
Neben Lanfried saße derblonde Alb in der gehärteten, schwarzen Lederrüstung auf der Thronlehne und sah dem Herrscher neugierig in die Augen. In den schlanken Fingern der Linken hielt er einen Dolch, der bis zum Heft in der Brust des Königs steckte.
»Ich habe sie schon so oft sterben
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