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Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)

Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)

Titel: Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Herrschers nieder. Sein Blut sickerte aus den Wunden und mengte sich mit dem des Königs.
    »Dein Tod heißt Virssagòn«, murmelte der unvermittelt aufgetauchte Alb in der schwarzen Tioniumrüstung, die mit geschliffenen Nieten auf Brust, Schulter und Rücken besetzt war. Er sah kaltblütig auf den Erstochenen nieder.
    »Was sollte das?«, fuhr ihn Sinthoras aufgebracht an.
    »Die Barbaren brauchen einen Mörder, sonst stellen sie zu viele Fragen. Der Abzug der urgonischen Truppen ist schon auffällig genug«, erwiderte er und wälzte die Toten mit der Stiefelspitze herum, sodass sie sich mit dem Rot befleckten; dann zog er das Herrscherschwert aus der Scheide und steckte es Tarslok durch den Hals. »Leg den Dolch dazu, mit dem du Lanfried erstachst.«
    »Ich denke nicht daran! Die Klinge war teuer und leistete mir gute Dienste. Phenìoras selbst schmiedete sie.« Sinthoras nahm ein Zeremonienmesser aus der Wandhalterung und schob es in die geöffnete Königsbrust. »Ich wollte den Leichnam verbrennen und es wie einen Unfall aussehen lassen. Es war nicht nötig, Tarslok zu töten!«
    »Ich finde lieber selbst heraus, ob diese Barbarin darauf drängt, uns zu folgen, oder ob wir uns einen besseren Verbündeten suchen müssen.« Virssagòn blieb gelassen. »Da du mich kritisierst: Darf ich dich daran erinnern, dass es nicht abgesprochen war, Lanfried umzubringen?«
    »Du vernahmst, wie er von uns sprach und was seine wahren Beweggründe waren?«, hielt Sinthoras dagegen. »Er übte Verrat an uns.«
    »Er plante den Verrat.« Virssagòn sah nicht überzeugt aus. »Doch er hätte noch mindestens einen Teil der Unendlichkeit gelebt und seinen Auftrag als König in unserem Sinn erfüllt. Aber darüber zu sprechen ist müßig. Wir müssen jetzt zusehen« – er nickte zu den Leichen – »dass wir einen Ersatz für ihn finden. Sein Sohn taugt dazu nicht.« Er wandte sich um. »Brechen wir auf und statten der Barbarin in Aeghor einen Besuch ab.«
    Der schwergerüstete, braunhaarige Alb wandte sich nach rechts, wo eine kleine Tür hinaus auf den Balkon führte, auf dem sich Lanfried gerne gezeigt hatte. Er beabsichtigte offenkundig nicht, das Schloss vor aller Augen zu verlassen.
    Sinthoras fühlte sich unzufrieden und herabgewürdigt. Vom Nostàroi zum Handlanger eines Meistermörders. Ein herber Absturz.
    Und doch. Es werden andere Momente der Unendlichkeit folgen. Er sah Virssagòn mit Anmut über das Geländer flanken und in die Tiefe springen. Es müssen andere folgen!
    Mit einem schwungvollen Satz über das steinerne Hindernis folgte er dem Meisterassassinen.

    Tark Draan (Geborgenes Land), Steinerner Torweg, 4372. Teil der Unendlichkeit (5202. Sonnenzyklus), Herbst
    Caphalor sah vom rechten Turm zwischen den Zinnen hinaus auf den Steinernen Torweg, der dreißig Schritt breit durch das Graue Gebirge zum Eingang nach Tark Draan führte. Es kommt niemand mehr. Wir sind die letzten unseres Volkes.
    Die Blicke aus den schwarzen Augen schweiften über die kleineren Mauern, die den Weg in drei abgetrennte Lager aufteilten, in denen die albischen Flüchtlinge aus Dsôn Faïmon einst ausharrten.
    Die Säuregräben dazwischen, gezogen um ein Überspringen der Parasiten zu verhindern, waren ausgetrocknet. Zerfetzte Zelte und Planen flatterten im Wind, vereinzelte Wimpel mit ausgefransten Enden sorgten für ein helles Knattern. Gestickte albische Runen auf Kleidung und Bannern verblichen in der unbarmherzigen Sonne, die trotz der eisigen Kälte immense Kraft besaß, sobald sie den Weg durch Nebel und Wolken fand. Gestänge ragten gerippenhaft empor, und tatsächlich schimmerten Albaegebeine zwischen Stoff und Rüstungsteilen.
    Viertausend arme Verlorene. Caphalor atmete die Kühle ein, seine Gedanken waren trist wie das Wetter. Das Lager der Kranken und der Hoffnung war aufgegeben. Es gab keine Überlebenden mehr aus der alten Heimat, welche die Seuche überstanden hatten. Aïsolon und seine Krieger hatten versprochen, auszuziehen und nach weiteren Albae zu suchen. Doch sie kehrten nicht zurück.
    Caphalor wandte sich zur Seite.
    Die beiden Torflügel standen offen. Die fünf Bolzen hatten sich der magischen Losung gebeugt, welche der untote Verräter sogleich preisgegeben hatte. Ohne sein Werk und die Macht des Dämons wäre der Durchgang undurchdringlich für jegliches Heer und jegliches Scheusal geblieben, mochte es noch so klein an Wuchs sein.
    Vor dem geöffneten Durchgang lag über der gesamten Breite eine Barrikade aus

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