Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)
verweilt nicht in Dsôn. Mein Herz« – sie führte die Hand gegen die Brust und legte sie danach auf die Zeichnung von sich und ihrem Gemahl – »schlägt hier.«
Carmondai überlegte. »Dann lehre mich Lieder von Weydenwog«, entschied er. »So erfahre ich mehr von der Sangeskunst der Barbaren.« Er zwinkerte. »Am Ende werden sie doch noch ein Gespür für Melodien und Töne entwickeln. Sie haben mit dir eine Meisterin unter sich, ohne es zu wissen.«
Morana langte nach dem Becher mit dem Wasser. »Das tue ich gerne. Morgen bringe ich dich dennoch an Land zurück.« Sie nahm einen Schluck, dann erhob sie ihre Stimme und gab ein Lied zum Besten.
Carmondai schloss die Augen und lauschte.
Am nächsten Morgen und nach einer langen Nacht mit den Liedern der Stadt sowie aus Weyurn, wurde Carmondai von dem Diener geweckt und zur Frühstückstafel gebracht, wo ihn Klerond und Morana mit den beiden Kindern erwarteten. Vorher nahm er sich rasch noch Blätter, Tinte und Federkiele.
Vor allem die Kleinen wichen kaum von der Seite des Geschichtenwebers, als würden sie ihn schon lange kennen. Morana lächelte wissend, während sich ihr Gemahl wunderte, dass sie Zutrauen zu einem Fremden fassten. Man sah ihnen nicht an, dass sie zur Hälfte Alb waren.
Verborgene Krieger, mitten unter den Barbaren, dachte Carmondai und spürte ein neues Gedicht, das zum Leben erwachte. Man stelle sich vor, sie würden sich auf einen Schlag ihrer albischen Herkunft besinnen und über die Menschen herfallen.
Es war ein herzlicher Abschied, mit dem ihn Klerond und die Kleinen entließen.
An Moranas Seite ging es zurück zur Anlegestelle.
Dichter Nebel verhinderte, dass er mehr von Weydenwog sah. Tark Draans Götter scheinen die Barbaren schützen zu wollen.
Die Albin schwieg, weil sie ihre angeschlagene Stimme schonen wollte, wie sie knapp erklärte. So verlief die Überfahrt ebenso stumm, der graue Dunst dämpfte die Geräusche und sogar das leise Plätschern der Ruderblätter.
Als sie am Festland anlegten, lichtete sich wie zum Hohn der Nebel.
Das sei mir wohl vergönnt. Auf Entfernung scheine ich ungefährlicher zu sein. Carmondai sah nun wenigstens Weydenwogs gewaltige Umrisse aus der Ferne, erblickte strahlende Türme und glänzende Kuppeln; lange, türkisfarbene Banner wehten im Wind, und die leisen Töne eines Glockenspiels drangen über das Wasser zu ihnen. Als spielten sie mir zu Ehren oder aus Erleichterung, mich nicht länger in den Mauern zu wissen.
Er setzte sich auf einen Steinbrocken unterhalb des Leuchtturms, nahm Papier, Tinte und Feder zur Hand und zeichnete die Stadt.
Morana wartete geduldig. Kurz bevor er die Arbeit vollendet hatte, verschwand sie und brachte ihm das gesattelte Pferd.
»Du findest zur Hütte, wo Nimòras auf dich wartet?«, vergewisserte sie sich.
Er erhob sich und verstaute das skizzierte Weydenwog. »Sorge dich nicht darum.«
Sie reichten einander die Hände.
Carmondai schwang sich in den Sattel und sah zur ihr hinab. »Ich wünsche dir eine gute Zeit mit den Barbaren.«
Sie bedankte sich mit einem Nicken. »Und du denke an meinen Schwur«, gab sie freundlich und kühl zugleich zurück. »Du bist mir als Gast jederzeit willkommen. Doch nur du und niemand sonst aus deinem Volk.«
Sie wandte sich ab und schritt den Steg entlang, um zum Boot und damit zu ihrer Familie auf die schwimmende Stadt zurückzukehren. Ihre langen, schwarzen Haare wehten im Wind, das Kopftuch vermochte sie nicht bändigen.
Carmondai sah ihr lange nach. Verstehen würde er Morana niemals, doch er war neugierig, ob an einem Moment der Unendlichkeit einer ihrer Nachfahren eine entscheidende Rolle in Tark Draan spielen würde. Ich werde darauf achten.
Er wendete das Tier und ließ es in Trab verfallen.
Die Laute mit den acht Saiten
Die Unauslöschlichen riefen die besten Instrumentenmacher des Reichs zusammen und lobten einen Wettbewerb aus: Wer ihnen ein Instrument brachte, ganz gleich welches, das die schönsten Melodien spielen könne, der solle bis ans Ende seiner Unendlichkeit zu Anfang eines jeden Teilzehnts eine stattliche Summe erhalten.
Die Instrumentenmacher ersannen die wunderschönsten Harfen, Flöten, Trombonen, Hörner, Geigen und Lauten, um sie zum Herrscherpaar zu bringen und ihnen darauf vorzuspielen. Manche erschufen gar gänzlich neue Instrumente, für die es keinen Namen gab und die alleine durch ihr Aussehen Entzücken auslösten.
Doch die Unauslöschlichen zeigten sich mit dem Klang der
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