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Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)

Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)

Titel: Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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ihnen nieder und spielte auf der Laute, sodass die blinden Wächter vor Rührung weinten.
    Ophaîtas wähnte sich sicher, den Wettbewerb gewonnen zu haben, und freute sich auf seinen Lohn.
    Doch das Herrscherpaar zeigte sich unbeeindruckt.
    »Lautenmacher«, sprach Nagsar Inàste. »Wir hören, wie schön dein Instrument erklingt. Doch ich fürchte, du hast dich vertan.«
    »Wie sollte ich mich vertan haben?«, wagte Ophaîtas den Einwand. »Sagtet ihr nicht, dass sie wundervoll ist? Seht Ihr nicht die Tränen auf den Wangen Eurer Wächter?«
    »Ich sagte, dass sie schön klingt«, erwiderte die Unauslöschliche. »Sag, was hast du falsch gemacht?«
    »Nichts«, antwortete Ophaîtas mit bangendem Herzen.
    »Bist du dir sicher, Lautenmacher?« Und als der Alb zögerlich nickte, hob sie an zu sprechen:
    Für den Corpus, rat ich dir,
    nimm den Leib vom Einhorntier.
    Genau acht Saiten müssen’s sein,
    nur so klingt diese Laute fein.
    Zwei aus des Einhorns warmem Gedärm,
    zwei aus dem Bauch des Barbaren
    zwei von den Därmen eines Elbs,
    und auch zwei aus einem Alb.
    Daraufhin legte sie ihre Hand an sein Kinn und drückte es nach oben, sodass er sie anblicken durfte und sogleich an ihrer unbeschreiblichen Schönheit starb. »Dies war für deine Lüge, Lautenmacher.«
    Nagsar Inàste ließ Ophaîtas aufschneiden und seine Gedärme als Saiten aufziehen, nachdem sie ein Paar Saiten der Elben entfernt hatte.
    Als die Gebeinlaute dieses Mal erklang, weinten auch Nagsar und Nagsor Inàste vor Glück. Der Instrumentenmacher hatte den Wettbewerb gewonnen.
    So zahlten die Unauslöschlichen den Lohn zu Beginn eines Zehntteils an Ophaîtas’ Gefährtin, solange ihre Unendlichkeit weilte.

Leben und nicht leben lassen
    Während meiner Zeit in Phondrasôn traf ich einen Assassinen, einen Meister seines Fachs, der wiederum beim Besten lernte.
    Sein Name lautete Gàlaidon.
    Er war es, den ich seinerzeit an diesem Hort der Schrecknisse traf, nach meinem Sturz durch eine Felsspalte. Gemeinsam gelangten wir zu den Drillingen.
    Ich hörte, dass es einen seltsamen Verlauf mit seiner Unendlichkeit nahm, wie er vom Stellvertreter des berühmten Helden Aïsolon zu einem Recken der Dsôn Aklán und zum Sytràp ihrer Garde wurde, bevor er ein jähes Ende fand.
    Auch hörte ich, dass Gàlaidon ein besonders gut vorbereiteter Karderier gewesen sein soll, der von Tirîgon gestellt und getötet wurde.
    Lange zweifelte niemand an dieser Geschichte.
    Doch dieses jähe Ende machte mich stutzig.
    Meine Nachforschungen begannen, um zu ergründen, was sich in jenen Splittern der Unendlichkeit wahrlich in dem Raum zwischen Tirîgon und Gàlaidon zutrug.
    Denn ich glaubte nicht mehr daran, dass der hochgewachsene, blonde Alb mit dem durchdringendsten Blick, der mich jemals traf, von einem Karderier ersetzt worden sei.
    Wie hätte dieses Wesen die Wutlinien und das natürliche Einfärben der Augen nachahmen sollen?
    So begnadet ist selbst der abgefeimteste Gestaltwechsler nicht.
    Ich erkenne Wahn in den Pupillen eines Gegenübers.
    Aber es nistete mehr als Wahn in Gàlaidons Verstand, daran entsinne ich mich sehr genau.
    In seltenen Momenten blitzte darin eine Eigenschaft auf, die gefährlicher als jedes andere Gefühl ist: vollkommener Gleichmut.
    Dies ermöglicht einem Meistermeuchler die besten und zugleich schrecklichsten Taten, wodurch er Mörder an alles und jedem werden kann.
    Sogar an seinem eigenen Volk.
    Nach meiner Rückkehr nach Tark Draan forschte ich weiter, behutsam und ohne Aufmerksamkeit zu erregen.
    Dies ist die Geschichte eines Assassinen, der durch Tirîgons Hand starb. Daran zweifle ich wiederum nicht.
    Nur die Gründe werden wohl für immer in Phondrasôn bleiben.
    In unendlicher Verbannung.

    Ishím Voróo (Jenseitiges Land), Albaereich Dsôn Faïmon, Strahlarm Wèlèron, 4369. Teil der Unendlichkeit (5188. Sonnenzyklus), Spätherbst
    Der schwarzrötliche Feuerstier jagte schnaubend die breite Landstraße entlang, die quer durch den Strahlarm Wèlèron führte, Blätter und Stückchen gefrorener Erde wirbelten unter den Hufen empor. In dessen schaukelndem Sattel hielt sich Gàlaidon eben noch aufrecht.
    Im Grunde war der Alb zu erschöpft, um sich noch nach Sontèra zu schleppen und sich mit seiner Gefährtin zu treffen, aber die verlangenden Gefühle duldeten keinerlei Widerspruch und boten die letzten Kräfte auf. Dazu kam die aufputschende Kälte, die dank des Ostwinds noch eisiger durch die Kleidung und den Schal vor seinem

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