Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)
Istèndun und kennt unsere Art, zu leben, nicht.« Sie berührte ihn im Vorbeigehen kurz an der Schulter. »Lass die Kleinen träumen. Sie sehen mich morgen. Dendûwain und ich haben viel zu bereden.«
Der Barbar deutete erneut eine Verbeugung an. »Darf ich etwas anrichten lassen, Herrin?«
Morana nickte. »Aber streng nach meinen Anweisungen, wie sonst auch. Dendûwain und ich waren früher so lange gemeinsam unterwegs, dass wir die gleichen Vorlieben entwickelten.« Sie führte den Alb die geschwungene Marmortreppe hinauf.
Carmondai sah die vielen Bilder, die überwiegend Weydenwog zeigten und wie es dahinglitt. Dazwischen hingen Zeichnungen von Morana mit zwei kleinen Kindern und von Morana mit einem kräftig gebauten Barbaren in einer gelb-weißen Uniform. Sie lächelten sich darauf glücklich an. »Du hast mit ihm Nachwuchs gezeugt?«
»Ja. Es fällt mit Barbaren erstaunlich leicht.« Sie zeigte auf ihren Schopf. »Dafür bekomme ich keine Strähnen für jedes Leben, das ich in diese Welt setzte, wie es eigentlich bei den Albinnen üblich ist. Es hat den Anschein, dass halbe Albae für Inàste nicht zählen.«
»Demnach hast du drei …«
»Es sind insgesamt fünf«, fiel sie ihm ins Wort.
»Bedeutet das Gebären so viel Spaß? Mir wurde von heftigen Schmerzen berichtet, die damit verbunden sind«, konnte er sich die Anmerkung nicht verkneifen.
Aber Morana lachte und führte ihn in einen großen Raum, dem man sofort ansah, dass sie und ihre Schauspieltruppe gelegentlich darin probten.
Kostüme lagen umher, ein Podest stellte die Bühne dar; es gab sogar Vorhänge und einen Tisch mit Tintenfass und Feder, einen Schrank mit Unmengen Büchern sowie zusammengerollten Schriftstücken. Zum Setzen und Besprechen luden bequeme Sessel sowie zwei gepolsterte Liegen ein.
Hinter ihm schloss sie den Eingang. »Es wäre gelogen, wenn ich sagte, es sei eine wahre und reine Freude, das Leben aus einem zu pressen«, erwiderte sie auf seine Bemerkung. »Und doch bedeutet es mir sehr viel.« Sie setzte sich, er ließ sich neben ihr nieder. »Ich brachte in meinem unendlichen Leben bislang nur den Tod über andere, Carmondai. Und nun spende ich Leben. Einzigartiges Leben.«
Er langte wie selbstverständlich nach den Blättern, Tinte und Kiel, begann seine Notizen. Die ersten waren Opfer des Sees geworden. »Wie du sagtest: Inàste scheint deine Nachkommen nicht anzuerkennen.«
»Das ist mir gleich. Ich weiß, dass sie wundervoll sind und ihre Besonderheit weitergeben werden.«
Er runzelte die Stirn. »Ist das deine Absicht? Du möchtest den Keim der Albae in Tark Draan auf diese Weise verbreiten anstatt mit Truppen? Es klingt nämlich fast danach.«
Sie setzte zu einer Erwiderung an, doch da klopfte es.
Der Diener brachte ihnen Wein, Fleisch in verschiedenen Soßen, dazu mildes Brot und gekochtes Gemüse. Schnell verabschiedete er sich wieder, nachdem er die Speisen vorgelegt hatte.
»Das riecht beinahe wie in Dsôn«, befand Carmondai und kostete von dem Fleisch. Beim Kauen entwickelte sich der Geschmack mehr und mehr. »Das ist wundervoll zart und … wie hast du das hinbekommen? Es schmeckt genau wie in Dsôn!«
Morana aß ebenfalls. »Nur, weil ich mich unter sie mische, heißt es nicht, dass ich zu einer von ihnen werden muss. Manche Sitten und Essgewohnheiten widerstreben mir zu sehr, um sie anzunehmen.« Sie schnitt sich von dem Braten ab, der butterweich und ohne Kruste zubereitet worden war. »Du fragtest mich, was ich beabsichtige.« Sie sah zur Bühne. »Es geschieht so vieles, Carmondai. Überall im Geborgenen Land gehen kleine Dramen und große Abenteuer vor. Ich will nicht, dass das Volk der Albae nur im Schlechten genannt wird. Meine Kinder und Kindeskinder sollen ihren Beitrag dafür leisten.«
»Indem sie Heldentaten vollbringen.« Er warf einen kurzen Blick auf das Bild, das sie mit ihrem Nachwuchs zeigte, bevor er sich einen Bissen abschnitt. »Denkst du, sie wollen das?«
»Das entscheide nicht ich. Aber da sie nun in die Welt gekommen sind, wird den Götter einfallen, wann und wo sie zur Geschichte beitragen, und ich bete zu Samusin, dass es etwas Gutes sein wird.«
»Du fieberst also doch mit den Barbaren.«
»Ich habe sie lieb gewonnen, das gestand ich bereits.« Sie nahm das Essen wieder auf. »Mein Gefühl sagt mir, dass es keinen schnellen Sieg gegen die Magi und gegen das Heer geben wird. Die Unauslöschlichen unterschätzten in ihrem Hochmut alles, was aus dem Geborgenen Land
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