Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)
jeder nur mit seinen Waffen und wenig Proviant ausgestattet. Gegen den Hunger gab es Riegel aus gepresstem und getrocknetem Fleisch, mit Gewürzen und Getreide, die für viele Momente der Unendlichkeit ausreichten. Weder nutzten sie Nachtmahre noch Feuerstiere, weil die Tiere einen immensen Futterbedarf hatten. Dies war eine von vielen Besonderheiten der Einheit: Sie war schnell, lautlos und ließ sich durch nichts aufhalten, schon gar nicht durch einen Versorgungstross.
Das beständige Laufen war den Goldstählernen in Fleisch und Blut übergegangen, an Ausdauer nahm es niemand mit ihnen auf, was einen weiteren Vorteil auf dem Schlachtfeld bedeutete. Selbst nach einem vollen Moment der Unendlichkeit des beständigen Trabens konnten sie sich in den Kampf stürzen und siegen. Jede und jeder von ihnen besaß ein kleines Beutelchen, in dem sich verschiedene Pulver befanden, die gegen Müdigkeit und Schmerzen halfen. Für den Notfall.
Wie geschmeidig sie sich bewegt . Caiphôra folgte ihrer neuen Liebe, Fhòrinaî, einer schwarzhaarigen Albin von noch schlankerer Statur, als es Haïmoná war. Sie trugen wie alle der Schar die schwarzen Rüstungen aus Tionium und gehärtetem Leder mit den goldenen, lang gezogenen Linien, die dem Harnisch durch ihre kunstvoll geschickte Anordnung ein skeletthaftes Äußeres gaben. Eine Dämonin in vollem Lauf. Nur zu ausgefallenen Gelegenheiten zeigte sich die Einheit in Prunkrüstungen und vollständig goldschimmernd.
Caiphôra und die ehemalige Anwärterin Fhòrinaî kannten sich lange und hatten ihre Gefühle für Freundschaft gehalten, bis sie erkannten, wie es in ihren Herzen aussah. So leid es beiden um Haïmoná tat, sie durften sich nicht länger einer Lüge hingeben.
Caiphôra blieb die Asfámchai in ihrem Bund, Fhòrinaî erwies sich als sehr gute Fendònistai, was einen Unterschied zu Haïmoná bedeutete: Sie benötigte mehr Platz beim Kampf, um die Steine, Eisen- und Säurekugeln sowie sonstige Geschosse auf den Weg zu senden.
Daran mussten sich beide noch gewöhnen, aber sie hatten Ewìlor versichert, dass es keine Schwierigkeiten geben würde. Caiphôra wusste, dass der Benàmoi diese Mission als ihre Bewährungsprobe betrachtete.
Fhòrinaî setzte mit Leichtigkeit über einen Baumstamm hinweg, glich den vereisten Untergrund unter ihren Sohlen spielend aus und wurde kein bisschen langsamer.
Schräg neben ihnen liefen der dunkelblauhaarige Yágôras und der blonde Raikânor, die ebenfalls zu ihnen gestoßen waren. Sie bildeten von ihrem Wuchs her ein sehr ungleiches Paar, doch Ewìlor schien sie für gut genug befunden zu haben. Somit gab es keinerlei Zweifel, dass aus den Anwärtern würdige Nachfolger für Gàthoras und Inóro werden würden.
Caiphôra schloss auf gleiche Höhe zu ihrer Geliebten auf, um ihr näher zu sein, und musste sich beherrschen, um sie nicht zu berühren. Nach ihrem Auftrag würde ihnen Zeit für Nähe und Hingabe bleiben, doch nicht jetzt.
Fhòrinaî erahnte ihre Gedanken und warf ihr ein kurzes, liebevolles Lächeln zu.
»Alle zu mir«, erklang die Anweisung in der silberhellen Frostnacht, und sofort sammelten sich die Goldstählernen um ihren Benàmoi; nicht ein verräterisches Geräusch erklang dabei.
Ewìlor stand auf einem kleinen Felsen und hielt ein Pergament hoch, auf dem eine Zeichnung zu sehen war. »Wir erreichen gleich einen ihrer Eingänge. Vor uns liegt zerfurchtes Felsgebiet, die Pfade führen abwärts in tiefe, enge Schluchten und Hohlwege, mitunter sogar durch Röhren, die aus den Zeiten stammen, in denen hier ein Gewässer entlangzog.« Er schwenkte die Zeichnung langsam von rechts nach links. »Es existiert aber wohl noch ein kleiner Fluss, der sich südlich von uns befindet. Ihn suchen wir.«
»Wasser gegen die Kwaitoo?«, erkundigte sich Yágôras und legte eine Hand gegen seinen Schild. »Sollten wir ihnen nicht zeigen, was es heißt, die Unauslöschlichen zu beleidigen?«
»Das tun wir – nachdem das Wasser uns einen Teil die Arbeit abnahm.« Ewìlor schien den Einwurf gelassen hinzunehmen.
Caiphôra war gespannt, was er vorhatte, und rückte näher an Fhòrinaî heran. Es tat gut, ihre Wärme zu spüren, auch wenn es sicherlich nur Einbildung war, denn durch Rüstung und Kleidung drang nichts dergleichen.
»Die Kwaitoo errichteten ihre Festung auf dem Sandboden, den sie vorfanden, und halten ihn für beständig genug«, fuhr Ewìlor fort. »Es kostet uns kaum Mühe, das Bachbett zu verschließen, sodass ein
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