Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)
auf dem Wehrgang hinter den Scharten türmte. Die Leichen waren noch warm, doch die Herzen standen still. Die schiere Angst hatte sie getötet.
Arviû stieß ein gellendes Lachen aus und zog seine Schwerter, stieß die Klingen zusammen und sah sich durch das Echo genauer um: Es gab keine Feinde, die sich ihm entgegenstellten. Nur Tote verteilten sich auf dem Steinboden.
In seinen Schläfen zog es, die Wutlinien auf dem Antlitz brannten wie Feuer. Der doppelte Einsatz seiner Gaben strengte ihn allmählich an.
Ich muss eine davon fallen lassen. Angestachelt durch den ersten Erfolg, eilte er los und zog die Angst zurück, ließ die Gänge jedoch in schwärzeste Dunkelheit gehüllt. Sie bedeutete seinen größten Vorteil gegenüber den Elben.
Er stieß auf noch mehr Tote, dann auf Bewusstlose, die er mit Schwertstichen meuchelte. Je weiter ich mich vom Einstiegspunkt entferne, desto mehr lässt die fatale Wirkung der Furcht nach. Die Gänge führten ihn tiefer in den Berg, mal nach oben, mal nach unten.
Bald sah er sich lebendigen, verängstigten Elben gegenüber, die durch die Schwärze taumelten und um Hilfe schrien.
Gegen mich seid ihr machtlos! Arviû streckte sie nieder, mordete sich durch die Festung und geriet in einen regelrechten Blutrausch, sodass die Wahrnehmung mehr und mehr schwand.
Bald wusste er nicht mehr, ob er tatsächlich blind war oder nicht. Für ihn waren die Gänge, die Hallen, die Treppen durch die Schreie seiner sterbenden Feinde deutlich zu erkennen. Er verlor jegliches Zeitgefühl, während seine Klingen unentwegt neue Ziele fanden und warmer Lebenssaft unaufhörlich gegen ihn sprühte.
Dann erreichte er den Einlass in die Festung, wie er am gewaltigen Hall und durch ein rasches Erkunden erkannte. Da gaben seine Beine zu seiner Verwunderung unter ihm nach.
Ich … überschätzte das Tonikum und … Arviû sackte neben einer Winde mit Gegengewichten zusammen und löste mit letzter Kraft den Haltebolzen, damit sich die Kette von selbst abrollte und der Eingang aufschwang. Ihm wurde gleichzeitig bewusst, dass seine Kraft, Dunkelheit zu bringen, schon lange ihre Wirkung verloren hatte. Einerlei. Ich habe das Bollwerk gestürmt. Alleine.
Klirrend setzte sich der Mechanismus in Bewegung. Ein lautes Mahlen und Reiben erklang, in das sich das Ächzen von Holz mischte.
»Deine Macht wirkt nicht länger!«, vernahm er eine hasserfüllte Stimme. Die lauten Geräusche des sich öffnenden Tores machten es unmöglich herauszufinden, wo sich der Elb in der Halle befand. »Ich fürchte dich nicht!« Das Sirren einer Klinge, die gezogen wurde, erklang. »Was immer du bist: Dafür werde ich dich aufschlitzen!«
Arviû war am Ende und vermochte nicht einmal mehr, einen Arm zur Abwehr zu heben. Vermag ich noch einmal einen Wurfdolch nach ihm …
Doch das plötzliche Fauchen und Grollen, die Schreie des Elbs, die abrupt verstummten, und das Krachen von berstenden Knochen gaben ihm Hoffnung. Die Vena-Katzen waren erschienen, um ihren Herrn zu retten.
»Zerfetzt ihn«, wisperte Arviû und glitt in eine Ohnmacht. Wegdämmernd hörte er Sféa aufmaunzen und den Gegner erneut aufkreischen, dann verlor er die Besinnung …
… um gleich darauf einen stechenden Geruch in seiner Nase zu spüren.
Keuchend zuckte er hoch, hustete. »Was … ist geschehen?«
»Du hast die Festung eingenommen«, hörte er Iuwânas Stimme. Sie hatte ihm den Helm abgenommen. »Ich habe dich an Saaj-Salz riechen lassen, damit du zu Sinnen zu kommst. Anscheinend verlangen deine Kräfte …«
Voll Schrecken entsann er sich, Sféas Schmerzenslaut gehört zu haben »Wo sind meine Lieblinge? Hat ihnen der räudige Elb etwa Wunden zugefügt?«
»Lârc, Ûsh und Arà sitzen vor dir, aber … Sféa ist tot. Sie starb durch einen Schwerthieb.«
Arviû ächzte auf. »Nein! Wieso haben Dârsolòn und seine Truppe das nicht verhindert? Wo steckten die Krieger? Ich sagte, er solle sich bereithalten!« Er ballte die Hände zu Fäusten. »Benàmoi!«, schrie er. »Komm sofort …«
»Er ist ebenfalls tot.«
Arviû glaubte, sich verhört zu haben. »Was?«
»Deine Lieblinge und ich entgingen der Macht, die du zum Einsatz brachtest, aber die Krieger beider Seiten starben. Vor Angst.« Iuwâna strich ihm beruhigend über den dunklen Schopf. »Du hast das Wunder vollbracht und die Festung alleine eingenommen.«
Er schnaubte ungläubig. »Meine Kräfte waren zu groß für mein eigenes Volk?«, stammelte er und erhob sich mit der Hilfe
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