Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition)
innerhalb welcher Zeit ihr es gemeistert habt, die Höhlen zu erobern und zu halten.« Er neigte anerkennend den Kopf, die Diamanten des Stirnreifs flammten in kaltem Feuer auf. »Ich bevorzuge übrigens die Anrede Meister .«
»Meinen Dank. Es war die Leistung meines Bruders«, betonte Sisaroth. »Ich kartografiere lediglich.«
»Ausgezeichnet. Und Firûsha sorgt für den Gesang, der die Truppen bei Laune hält, wie ich hörte?« Der Gålran Zhadar öffnete die Ledermappe; darin kamen etliche Blätter zum Vorschein. »Ich habe eine Aufstellung anfertigen lassen, die euch von Nutzen sein könnte.« Er reichte sie an Tirîgon weiter. »Ich werde euch damit versorgen.«
Verblüfft überflog er Listen mit Vorräten, Reittieren, Waffen, Ausrüstungsgegenständen. »Was sollen wir damit? Das haben wir schon alles.«
»Ich bitte dich, Alb!« Er sah ihn mitleidig an. »Ihr bekommt von euren Vasallen nicht das Beste als Abgabe geliefert. Da ihr den Unterschied nicht erkennt oder kennen könnt, lasst ihr euch seit Langem etwas vormachen. Von mir hingegen bezieht ihr feinstes Material. Ihr solltet die stabilsten Rüstungen und die schärfsten Waffen tragen. Eure kleine Streitmacht wird unaufhaltsamer denn je werden. Es ist auch meine Streitmacht, da ihr mir untersteht.« Mit dem Daumen zeigte er hinter sich auf Tungdil. »Er ist mein Meisterschmied. Niemand verbindet Metalle so gut wie er. Er wird euch zur Verfügung stehen, wenn ihr das möchtet. Ich kann ihn für eine gewisse Zeit entbehren.«
Tirîgon kam sich vor wie bei den Verhandlungen eines Bündnisses zwischen Gleichgestellten – wenn der sanfte, aber entscheidende Hinweis nicht gewesen wäre, dass sie ihm unterstanden. Warte ab und spiele mit. Er wird womöglich Wichtiges ausplaudern. »Das wäre uns recht.«
»Ihr seid zu gütig, Meister«, warf Esmonäe ein.
»Nein, bin ich nicht. Frage Tungdil«, erwiderte der Gålran Zhadar und lächelte teilnahmslos. »Und wäre ich gütig, würde ich euch drei gewähren lassen. Ihr habt es versäumt, zu mir zu kommen und euren Anspruch auf die Höhlen von mir erlauben zu lassen.« Er zog noch mehr Blätter aus der Mappe. »Das wiederum ist die Aufstellung eurer unerlaubten Eroberungen.« Er sah über die Schulter. »Sag ihnen, was auf das Vergehen steht, gegen meine Gebote zu handeln, Tungdil.«
»Man wird ausgelöscht, Meister«, verkündete der Unterirdische gelangweilt.
»Oder man kauft sich frei.« Der Gålran Zhadar klatschte einmal in die Hände. »Nun, ihr versteht, dass eure Taten schwer wiegen. Ihr haltet euch bereits lange in meinem Reich auf, und die ausstehenden Zahlungen zusätzlich der Zinsen sind beträchtlich. Ihr werdet nicht in der Lage sein, sie zu leisten.« Listig lächelnd fügte er nach einer Pause hinzu: »Nicht mit Münzen oder Schätzen. Aber mit Diensten, die ihr für mich erledigen werdet.«
Die Albae sahen sich an. Sisaroth war zu überrascht vom Verlauf des Gesprächs, Esmonäe wirkte verunsichert.
Wir kommen der Sache näher. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass es etwas gibt, was Ihr nicht selbst erledigen könntet«, erwiderte Tirîgon letztlich. »Wir sahen die Macht, die sich entfaltete, als die Brosche auf magische Weise explodierte.«
Der Gålran Zhadar tippte mit dem Zeigefinger auf die Tischplatte und überlegte. »Ich möchte nicht abstreiten, dass ich zu vielem in der Lage bin. Doch gelegentlich benötigt man einen Schmied wie Tungdil, um eine vollkommene Waffe zu erschaffen. Oder einen Alb, um Dinge zu erledigen, wenn ein Heer zu viel Aufmerksamkeit erregt. Ach ja, und der Gesang eures Volkes lässt sich mit nichts vergleichen.« Er lächelte. »Ihr versteht, was ich meine.«
»Noch nicht umfassend.« Sisaroth lehnte sich nach vorn. »Wir sollen jemanden umbringen?«
»Ihr seid Schattenschleicher, Dunkelheitsbringer und Angstbeschwörer. Ihr stehlt euch an Kreaturen vorbei oder tötet sie leise, ihr hinterlasst keine Spuren, niemand wird euch sehen, wenn ihr es nicht wollt«, bekräftigte er. »Ihr erledigt die Aufgaben, die ich euch drei auftrage, ohne Murren, und ihr könnt euer nettes Albreich behalten. Meine Lieferungen an euch werdet ihr natürlich bezahlen.«
In Tirîgon regte sich unkluger Stolz. Niemand hatte es je gewagt, in diesem Ton mit ihm zu reden und ihn zu einem Vasallen zu erniedrigen! All seine geschlagenen Schlachten, alle getöteten Feinde, alle Eroberungen zählten für den Gålran Zhadar nicht. Ein heißes Ziehen kündete von der Wutlinie, die sich
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