Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition)
gelang, ihn nur leicht ins Wanken zu bringen, würde sich der Fall nicht mehr aufhalten lassen.
Das Licht in der Höhle drang aus den unten liegenden Fenstern der Türme. Auf den Feldern, die von der Mauer umschlossen waren, lagen fruchtbare Wiesen und Äcker; sogar ein Wäldchen wuchs in dem künstlichen Sonnenschein.
Während die anderen dem Anblick Bewunderung zollten, hielt Tungdil sich nicht auf. Er lief bereits die Straße entlang. »Los, los«, mahnte er zur Eile. »Denkt an euren netten Palast, der in Schutt und Asche liegen wird, falls wir zu langsam sind.«
»So etwas … kann es doch gar nicht geben«, sagte Sisaroth beeindruckt. »Siehst du, wie hoch diese Türme sind? Und wie dick sind die Mauern, dass sie nicht einknicken?« Er wollte die Hand nach Esmonäe ausstrecken, besann sich und tat, als entfernte er Schmutz von seinen Fingern, wie Tirîgon bemerkte.
Die Albin stolperte voran, die Augen auf die Bauwerke gerichtet. »Wer half ihm dabei? Und wo leben seine Sklaven?«
Tirîgon begab sich an ihre Seite und musterte die bestellten Felder. Bestens gepflegt. An Nahrung mangelt es nicht. »Sie leben wohl in den Türmen.«
»Mein Meister bevorzugt es, nicht zu viele Wesen unmittelbar um sich herum zu haben, und lebt zurückgezogen, hoch über allen.« Tungdil zeigte auf die Türme. »Er residiert im hinteren. Ich zeige euch die Unterschiede an den Bauwerken, falls ihr ihn eines Tages angreifen wollt«, sagte er mit einem spöttischen Lachen. »Die drei anderen hat er aufgeteilt. Rechts neben ihm wohnt ein Óarco, der mehr Verstand als ein Schwarzauge besitzt. Vor ihm residiert ein Wesen, das mir zu rätselhaft erscheint, um ihm einen Namen zu geben, und links nebenan ein Langer. Ihr würdet wohl Barbar zu ihm sagen.«
Esmonäe nahm einen Schluck aus ihrem Trinkschlauch. »Und wieso leben sie darin? Sind es seine Verbündeten?«
Der Unterirdische gluckste. »Nein. Der Meister hat keine Verbündeten. Nur dienstbare Sklaven oder Kreaturen, die bei ihm in Lohn und Brot stehen. Die drei sind Söldner. In den Türmen hausen die jeweiligen Heere meines Meisters. Für jede Kaverne, für jede Umgebung hält er die passende Ausrüstung vor. Er besitzt sogar eine Flotte, mit der er ganze Seereiche einnahm. Die Schiffe sind zerlegt und in den Türmen eingelagert.«
Sie hatten sich auf wenige Meilen angenähert, wodurch die vier Türme noch imposanter erschienen.
Und ich wollte Pläne zur Eroberung machen. Tirîgon vermochte nicht, sich vorzustellen, wie man die Gebäude einnehmen konnte. Ohne den Beistand von Magie und den Infamen muss man scheitern.
Die Türme des Gålran Zhadar würden Tausende und Abertausende von Kriegern ausspeien. Sicherlich gibt es Stallungen und Schmieden und Werkstätten, in denen sie Belagerungsmaschinen errichten.
Tirîgons Truppen zählten gerade einmal vierhundert Albae, die zu Fuß oder auf Pferden in ein Gefecht zogen. Marandëi hatte er bis zu Tungdils Auftauchen als einen überragenden Vorteil angesehen.
Wir sind dagegen geradezu lächerlich. Es missfiel ihm, seine Vision eines Phondrasôn, das ihm und seinen Geschwistern gehörte, begraben zu müssen.
»Ganz unten in den Fundamenten leben die Sklaven, die niedere Arbeiten verrichten. Im zweiten Block«, erklärte Tungdil leidenschaftslos, »kommen die einfachen Krieger, die für ein reines Anstürmen benötigt werden, dazu Werkstätten und Ställe. Der dritte Block ist den besseren Truppen vorbehalten. Ganz oben residieren die Herren. Sie mögen es geräumig.«
Sisaroth blickte seinen Bruder an. »Ich sagte dir von Anfang an, dass wir aus Phondrasôn verschwinden sollten.« Er wies mit dem Zeigefinger auf die kolossalen Türme, um die Vogelschwärme zogen. Aufsteigender Nebel aus den Wiesen umwaberte die unteren Segmente und ließ die oberen schweben, zumindest in der Illusion. »Unsere Krieger sind dagegen machtlos.«
Willst du mich vor Esmonäe schlecht machen? »Und wie viele Ausgänge nach Dsôn brachtest du uns schon?«, gab er beißend zurück und tauchte in den kühlen Dunst ein. »Wer von uns beiden erzielte mehr Erfolge mit dem, was er tat?«
Sisaroth öffnete den Mund zu einer Erwiderung, doch er schwieg.
Ihm ist nichts eingefallen, was ihn gegen mich besser aussehen lässt. Im Schutz des Nebels tastete er nach Esmonäes Hand, bekam sie zu fassen und drückte sie.
Nach kurzem Marsch führte sie Tungdil ins Innere eines Turms. Sie betraten einen großen Aufzug, der von einem Sklaven bedient wurde und sie
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