Die Legenden der Albae: Tobender Sturm (Die Legenden der Albae 4) (German Edition)
dunkelgrauem Marmor.
Er wandte sich um und sah hinauf zum großen Turm, der sich hinter dem Palast hundert Schritte hoch erhob. Die Drähte, die von seiner Spitze über die Stadt bis in die Ränder des Kraters für die Sonnensegel gespannt waren, suchte er vergebens. Die Zerstörung von Dsôn Bhará war weit fortgeschritten. Nur Trottel würden dort hinauf flüchten.
Die Kuppel aus schwarzem Glas, die sich einst in der Mitte des Palastes gewölbt hatte, war bereits von einem Steinbrocken zerstört worden.
Carmondais Augen huschten über die Marmorfassade, an der die verschiedensten Gebeine an den Wänden festgemacht waren. Barbaren, Elben und Unterirdische werden keinen Sinn für die Schönheit haben, die darin liegt. Auch nicht für die Beinscheibenbeschläge des Portals, in deren Lücken die knöchernen Vorderteile von Schädeln sämtlicher Rassen und Scheusale des Geborgenen Landes herausragten. Außer von Albae. Er blickte über die Schulter zur lang gezogenen Treppe, auf der sich die Feinde näherten. Sie wollen meinen Kopf wohl gerne dazuhängen.
Die Katapulte schossen unentwegt weiter, die Steine krachten in den unteren Bereich des Turms und in den Palast. Das, was unzählige Sklaven in vier Teilen der Unendlichkeit erschaffen und wofür sie ihre Leben gelassen hatten, verging in kürzester Zeit, wurde zur Ruine und sollte vergehen.
Carmondai wog alle Möglichkeiten ab, die ihm blieben.
Einen Kampf konnte er sich sparen, gegen die Übermacht bestand er nicht. Die Flucht in den Turm, der von erneuten Treffern geschüttelt wurde, oder in die Verliese ergab keinerlei Sinn.
Ich müsste raus aus dem Krater und mich nach … vermutlich nach Ishím Voróo durchschlagen. Der Gedanke an die Schriften, die zurückgelassen werden mussten, schmerzte ihn unsäglich. Wie soll ich sie retten? Ich kann sie schwerlich mitnehmen.
Die Elbin und die Soldaten hatten zwei Drittel der Strecke hinter sich gebracht. Sie hielten an und gingen die letzten Schritte zu Fuß; die Reittiere ließen sie auf dem Absatz zurück.
Ich brauche ein Pferd. Damit besteht eine kleine Möglichkeit, mich abzusetzen. »He, ihr Abschaum!« Carmondai deutete mit dem Schwert auf die Angreifer. »Ich nagele eure Schädel an die Wand, wo ihr hingehört.« Er lachte sie schallend aus und rannte zum Palast zurück. Damit sollte ihr Ansporn geweckt sein, mir schnellstmöglich zu folgen.
Ein schwerer Brocken knallte in die Front, zerstörte zahlreiche Gebeine, die zerstäubten und mit herausgesprengtem Marmor auf den Boden fielen.
Durch den weißen Staubschleier betrat er eilends das Gebäude, in dessen Wänden sich überall Risse gebildet hatten, die ihn an Wutlinien erinnerten. Der Hass auf die Eindringlinge schien sich in den Wänden zu zeigen, ehe sie barsten und zersprangen.
Nach dem dunklen Korridor bog er in die Empfangshalle ab und verbarg sich hinter den Statuen, um die Verfolger passieren zu lassen; einen seiner Dolche warf er quer durch den Raum vor eine Tür, um eine vermeintliche Spur zu legen.
Stumm beglückwünschte er sich, im Verlies auf seine Körpertüchtigkeit geachtet zu haben. Ihm stand nicht der Sinn nach Kampf, es ging um Geschwindigkeit, darum, den Feinden zu entkommen, die jedes Recht hatten, einem Alb nach dem Leben zu trachten.
Tatsächlich rannten die Soldaten wie von Sinnen durch den Gang, blieben unschlüssig in der Halle stehen, bis einer den Dolch entdeckte und die Truppe dorthin hetzte. Einen Lidschlag darauf preschten sie durch die Tür und waren verschwunden.
Das müssten alle Barbaren gewesen sein. Carmondai wartete ungeduldig.
Die Elbin erschien nicht.
Brocken um Brocken rauschte auf den Palast nieder, die ersten Staubschleier rieselten jetzt auch in die Halle. Teile der Deckenverkleidung lösten sich aus der Halterung, die Beinplatten zerschellten auf dem Marmor. Die Geschosse hatten das Dach weggefegt und richteten mit jedem Einschlag größere Verwüstungen im Inneren an.
Carmondai wollte nicht länger warten, weil die Soldaten sicher bald zurückkamen. Er huschte los, durch den Gang, Schwert und Dolch zur Abwehr bereit. Er versuchte, nicht mehr an die Bücher zu denken, die er im Stich lassen musste.
Dann lief er hinaus, geduckt über den kleinen Vorplatz und die Stufen hinab. Die Elbin hatte offensichtlich eine andere Abzweigung im Palast genommen.
Die Pferde standen auf dem Absatz und warteten geduldig, dass ihre Reiter zurückkehrten. Die Bodenmannschaften sahen den Alb nicht, die Katapulte wurden
Weitere Kostenlose Bücher