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Die Legenden der Albae - Vernichtender Hass

Die Legenden der Albae - Vernichtender Hass

Titel: Die Legenden der Albae - Vernichtender Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Teil der
Unendlichkeit (5200. Sonnenzyklus), Winter
    Ich komme mir vor wie ein Vogel. Carmondai saß auf dem Berg,
der sich durch die Macht von Inàste erhoben hatte, und zeichnete aus eintausend
Schritt Höhe den Krater, obwohl ihn die frostigen Böen peinigten. Doch das
Licht war an jenem Abendsplitter der Unendlichkeit zu herrlich, um es zu vergeuden.
Er fertigte eine Vorskizze nach der anderen an, um später Gemälde daraus zu
schaffen.
    Ich habe fast den Überblick verloren, wie viel ich zu malen habe,
wenn ich wieder nach Hause komme. Carmondai schätzte, dass er bereits
gut und gern hundert Zeichnungen gefertigt hatte, die ihm als Skizzen für
Gemälde dienen würden, in verschiedenen Formaten, von sechzig Quadratschritten
Fläche bis zu handtellerkleinen Malereien. Er liebte die Herausforderung.
    Als
seine Finger durch den Frost zu steif wurden, packte er Stift und Kladde ein
und begann den Abstieg.
    Der
Stein fühlte sich warm an, der Schnee blieb darauf nicht haften, Tauwasser rann
unaufhörlich an ihm herab.
    Als
sich Carmondai dem Boden näherte, sah er eine Gestalt im Fels sitzen, die einen
Mantel um sich geschlungen hatte. Er trat näher und erkannte Morana, die immer
wieder kleine Steine auflas und davonschleuderte; eine Pfeife in Form eines
Totenkopfs lag in ihrem Schoß.
    Â»Es
macht mehr Spaß, wenn man sie in einen Teich werfen kann.« Carmondai blieb
stehen und sah sie an.
    Ihr
hübsches Gesicht war dem Kraterrand zugewandt. Sie schien ihn nicht gehört zu
haben.
    Â»Ist
etwas geschehen?« Er streckte die Hand aus, um sie zu berühren. »Morana?«
    Sie
richtete die schwarzen Augen auf ihn, und ihr Blick war derart traurig und
durchsetzt von solch seelenrüttelnder Schwermut, dass sich Carmondai wünschte,
ihn auf Papier bannen zu können. »Du weißt es nicht. Deswegen kannst du so
fragen«, erwiderte sie dumpf.
    Carmondai
vermutete, dass es damit zu tun hatte, dass Caphalor und Imàndaris Gefährten
geworden waren. Kummer wegen unerfüllter Liebe. Das alte
Leid. »Wir leben unendlich und sammeln viele Erfahrungen, was unsere
Gefühle …« Er hielt inne.
    Â»Nein.
Was immer du sagen möchtest, das ist es nicht.« Ihr Gesichtsausdruck wirkte
irritiert. »Du weißt offenkundig noch nicht, dass uns verboten wurde, nach Dsôn
Faïmon zurückzukehren«, sagte sie bitter. »Die Nachricht kam mit einer der
Fuhren aus Dsôn. Die Nostàroi gaben Anweisung, den Steinernen Torweg sofort mit
Truppen zu besetzen und keinem Alb aus unserer Heimat zu erlauben, zu uns zu
stoßen. Und wir dürfen Tark Draan nicht verlassen.«
    Â»Was?« Das will ich aus Imàndaris’ Mund hören, sonst glaube ich es
nicht! Nein, selbst dann werde ich es nicht glauben! Was steckt dahinter?
    So
schnell es ihm möglich war, verließ er den Berg und lief raschen Schrittes auf
die Behausung zu, in der die Nostàroi wohnte; im Haus nebenan residierte
Caphalor. Morana folgte ihm, aus welchem Grund auch immer.
    Die
albischen Steinmetze hatten Sonnenhags Quader nachbearbeitet, sodass es
keinerlei Fugen mehr zu sehen gab. Runen und Symbole zierten die Oberflächen,
die freihand oder mit Schablonen aufgemalt worden waren. Jeden Moment der
Unendlichkeit wandelten sich die Unterkünfte im Krater mehr zu albischen
Häusern, die nach und nach aufgestockt wurden. Aus Plumpheit erwuchs Anmut,
Leichtigkeit und Raffinesse.
    Carmondai
klopfte, trat ein und sah Imàndaris brütend am Kartentisch sitzen. Caphalor
stand am Fenster, gerüstet und gekleidet, als hätte er sich für eine Reise in
den härtesten Winter vorbereitet. Er musste gesehen haben, wie der Dichter auf
das Haus zugelaufen war.
    Ohne
ein Wort des Grußes traten Carmondai und Morana ein; die Albin warf die Tür
ungebührlich fest zu.
    Sie wissen, warum ich gekommen bin. »Nun?«
    Â»Was
hat sie dir gesagt?« Caphalor sprach schleppend und wandte sich langsam zu
ihnen um. Doch er würdigte Morana keines Blickes, als wären sie Feinde und
keine verhinderten Gefährten.
    Â»Nur
das Wenige, was ich bereits vernommen habe. Es sind Gerüchte im Umlauf.« Carmondai
wollte die Schuld nicht auf Morana abladen. »Wir dürfen nicht mehr zurück?
Stimmt das?« Er ging auf Caphalor zu. »Wie können die Unauslöschlichen …«
    Â»Es
ist wegen einer Seuche, die in Dsôn grassiert und sich ausgebreitet

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