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Die Legenden der Blauen Meere, Band 1: Dreckswetter und Morgenröte (German Edition)

Die Legenden der Blauen Meere, Band 1: Dreckswetter und Morgenröte (German Edition)

Titel: Die Legenden der Blauen Meere, Band 1: Dreckswetter und Morgenröte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Geoff Rodkey
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Trottel hielt und nicht wusste, wie sie es mir anders klarmachen sollte.
    Ich sah weg. Ich hatte genug solcher Bilder von ihr im Kopf – die die Frage stellten, ohne sie zu beantworten. Ich wollte nicht noch eines. Sie verwirrten mich bloß.
    Ich wollte etwas, das mir eine Antwort gab. Wie das allererste, jenes strahlende reine Lächeln, mit dem sie mich auf der Wiese angelächelt hatte, als wir zum ersten Mal allein waren.
    Wenn sie mir dieses Lächeln noch einmal schenken würde, nur ein einziges Mal, könnte ich es in meinem Kopf einschließen und für immer bewahren. Ich könnte mich an jede Einzelheit davon erinnern.
    Das ging mir durch den Kopf, als mir eine andere Lösung einfiel.
    Ich stand auf.
    »Ich gehe zurück zur Grabkammer«, sagte ich.
    »Ich komme mit dir.«
    »Nein. Ich muss allein gehen.«
    Ich nahm alles an unbeschriebenem Pergament mit, was wir hatten, und stopfte es zusammen mit einem Tintenfass, ein paar Federkielen und einem Exemplar von Die Wilden von Urluk in einen Sack. Der Buchdeckel war groß und fest genug, um als Schreibunterlage zu dienen, und die Seitenränder waren so breit, dass ich darauf weiterschreiben konnte, falls mir das Pergament ausging. Außerdem wäre es kein großer Verlust, wenn ich das Buch nach getaner Arbeit verbrennen würde.
    Als ich die Laterne mit Öl füllte, kam Guts in die Küche und wollte wissen, was ich machte.
    »Ich erklär’s dir später«, sagte ich. »Warte hier, falls Stumpy zurückkehrt. Wenn er kommt, hol mich aus der Grabkammer.«
    Ich ging bei dem Holzstoß hinter dem Haus vorbei und holte den Vorschlaghammer, den wir benutzten, um mit Hilfe eines Keils Feuerholz zu spalten. Er war schwer, und ihn zusammen mit der Laterne und dem Sack zu schleppen, war heikel, denn ich musste beides auf gleicher Höhe halten, damit Öl und Tinte nicht ausliefen.
    Dies sorgte für einen langsamen Aufstieg, und als ich durch die mondbeschienenen Obstfelder lief, hatte ich genügend Zeit, mir zu überlegen, ob das, was ich vorhatte, irgendeinen Sinn ergab.
    Mein Plan sah vor, mir die Schrift an der Wand einzuprägen, jede Hieroglyphe und jeden Schnörkel so lange nachzumalen, bis ich alles aus dem Gedächtnis zeichnen konnte.
    Dann würde ich die Wand abschlagen und meine Abschriften verbrennen, damit nur noch das übrig war, was ich im Kopf hatte.
    Es würde mein Problem nicht endgültig lösen. Aber vielleicht änderte es die Regeln auf eine Art, die mir helfen würde. Es verknüpfte den Schatz des Feuerkönigs so fest mit meiner Person, als hätte ich ihn verschluckt – Pembroke könnte ihn nicht ohne mich finden, und wenn er mich umbrachte, würde er ihn nie bekommen.
    Ich wäre ihm gegenüber im Vorteil – und eigentlich sollte ich es so schaffen, ihn von seinen Mordversuchen abzubringen. Wenn mir das gelang, müsste ich ihn am Ende doch nicht töten.
    Und das wiederum würde bedeuten, dass ich Millicent nicht verlieren müsste.
    Vielleicht schaffte ich es sogar, dass er den Schatz nie in die Hände bekam – was mir, außer ihn umzubringen, die beste Methode schien, meine Familie zu rächen.
    Ich war nicht ganz sicher, wie ich alles in meinen Kopf bekommen sollte – genau genommen war ich, je länger ich darüber nachdachte, schon jetzt völlig verwirrt.
    Doch obwohl ich keine genaue Vorstellung hatte, was es mir bringen würde, irgendwas fühlte sich richtig daran an, mir die Karte einzuprägen. Ich lag nicht die ganze Nacht hilflos herum und wartete darauf, dass die Soldaten vor meinem Haus aufmarschierten. Ich handelte, nahm die Situation in die Hand, tat etwas Mutiges und Unerwartetes.
    Ein bisschen unheimlich war mir zu Mute – vor allem, wenn ich zu der Stelle kam, wo ich mit Hilfe der Karte um mein Leben feilschte. Größtenteils erschien mir der Plan jedoch einfach schlau. So schlau, dass ich ihn eigentlich nicht richtig begreifen konnte.
    Aber irgendwann würde ich alles verstehen. Da war ich mir sicher.
    Als ich an der Höhle ankam, grübelte ich nicht mehr über den Plan nach, schließlich brauchte ich meine Hirnkapazitäten, um mir die Karte einzuprägen. Wenn ich es nicht schaffte, bevor Pembroke mit seinen Soldaten auftauchte, war der ganze Plan zum Scheitern verurteilt.
    Ich wusste nicht, wie viel Zeit mir blieb – vermutlich war es gegen Mitternacht, als ich endlich die Höhle erreichte, doch ich konnte mich in jede Richtung um eine Stunde oder mehr täuschen.
    Die erste Abschrift dauerte quälend lange, und zwar nicht nur, weil ich

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