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Die Legenden der Blauen Meere, Band 1: Dreckswetter und Morgenröte (German Edition)

Die Legenden der Blauen Meere, Band 1: Dreckswetter und Morgenröte (German Edition)

Titel: Die Legenden der Blauen Meere, Band 1: Dreckswetter und Morgenröte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Geoff Rodkey
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reich und mächtig war, aber bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich nicht vollständig begriffen, wie außergewöhnlich er war. In dem Moment, als Millicent mir alles dargelegt hatte, wusste ich – im tiefsten Inneren, an dem Ort, wo man Dinge fühlt, bevor man sie versteht oder einem überhaupt klar wird, dass sie existieren –, dass dies bedeutete, dass ich Millicent nicht heiraten konnte.
    Ganz abgesehen davon, dass sowieso niemand mit dreizehn heiratet – König Frederick war vielleicht mit zwölf mit der umbergischen Prinzessin verkuppelt worden, die später Königin Madeleine wurde, doch für Nichtadelige war es unter siebzehn noch nicht mal theoretisch möglich.
    Und abgesehen davon hatte ich keine Ahnung, ob mich Millicent ebenfalls auf diese Art mochte. Auf irgendeiner Ebene eindeutig ja – es schien sie nicht zu stören, dass ich ihr ständig hinterherlief, uns fiel immer etwas ein, worüber wir reden oder was wir unternehmen konnten, und seit jenem ersten Lächeln im Garten hatte sie mir noch Dutzende davon geschenkt, sowohl große als auch kleine.
    Doch ob sie mich so mochte wie ich sie, mit diesem Schmerz in der Brust – das war mir ein Rätsel. Und egal, wie genau ich jedes Lächeln, jede Geste, jeden hingeworfenen Kommentar analysierte und mir hinterher stundenlang den Kopf zerbrach, ich konnte das Rätsel nicht lösen.
    Es war sowieso egal – ich hatte genug Romane über reiche und mächtige Leute gelesen, um zu wissen, dass es keine Bedeutung hatte, was wir beide empfanden. Wenn ihr Vater so wichtig war, würde er niemals zustimmen, dass sie jemanden wie mich heiratete. Und als seine Erbin wäre es ihre Pflicht zu gehorchen.
    Es sei denn …
    Es sei denn, ich bewährte mich irgendwie.
    Von da an verbrachte ich Stunden mit Fantasien darüber, was ich Spektakuläres tun könnte, damit sowohl Millicent als ihren Eltern klar würde, dass ich ihrer wert war.
    Anfangs waren diese Fantasien großartig und welterschütternd – eine Armee anzuführen, ein neues Land zu erobern, ein eigenes Reich aufzubauen.
    Doch all diese Ideen würden schrecklich viel Zeit in Anspruch nehmen und endlose Planungen erfordern. Deshalb verwarf ich sie alle irgendwann und ersetzte sie durch mutige und kühne Heldentaten – ich würde Millicent aus einem brennenden Gebäude retten oder sie aus tosenden Fluten ziehen oder im Alleingang eine Bande skrupelloser Wilder in die Flucht schlagen, die ihr nach dem Leben trachteten.
    Zuerst schien mir das mit den Wilden vielversprechender als die anderen Szenarien. Schließlich konnte ich ewig darauf warten, dass ein Gebäude Feuer fing, in dem sich Millicent gerade befand. Und da die Wolkenvilla furchtbar hoch lag, schien auch eine Flut äußerst unwahrscheinlich. Die Eingeborenen in der Silbermine hingegen waren nicht nur fremd und geheimnisvoll, sie waren auch in Reichweite, und falls sie je von der Mine zur Wolkenvilla herunterkamen, stellten sie wahrscheinlich in vielfacher Hinsicht eine Gefahr dar.
    Doch irgendwie fühlte es sich falsch an, diese winzigen, hart arbeitenden Pünktchen, die ich vom Meer aus erspäht hatte und die sich irgendwo hinter dem Berg abrackerten, zu Verbrechern zu machen. Sie wirkten nicht skrupellos, sondern ausgebeutet, und ich konnte mir auch nicht vorstellen, dass sie großartig bewaffnet waren. Sie zu bezwingen fühlte sich – selbst in meiner Fantasie – deshalb nicht aufregend, sondern traurig an.
    Dann kam ich auf die Idee, die Wilden gegen Piraten auszutauschen, die nicht nur nachweislich gut bewaffnet, sondern schon von Berufs wegen Verbrecher waren.
    Die Einzelheiten auszuarbeiten war etwas kniffliger – Millicent hatte behauptet, ihr Vater gäbe den Piraten Befehle, was ich nicht ganz glaubte, doch falls es stimmte, machte es alles wesentlich komplizierter. Schließlich klügelte ich etwas Neues aus: Piraten landeten – auf der Suche nach blutiger Genugtuung für unbezahlte Spielschulden – als rovische Geschäftsleute verkleidet unbemerkt auf Morgenröte, stürmten die Wolkenvilla und nahmen die ganze Familie als Geiseln. Anfangs war ich nur mit meiner Intelligenz bewaffnet, dann mit einem Stück Seil, schließlich einem Haufen Messer, einem Paar Pistolen, einem Musketenständer und schließlich einem Schwert, das ich Burn Healy höchstpersönlich abgenommen hatte. Ich schlachtete eine wirklich unglaubliche Anzahl Piraten ab, bis sich ihre Leichen wie Klafterholz in den Gängen der Wolkenvilla stapelten, was mir eine derart

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