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Die Legenden der Blauen Meere, Band 1: Dreckswetter und Morgenröte (German Edition)

Die Legenden der Blauen Meere, Band 1: Dreckswetter und Morgenröte (German Edition)

Titel: Die Legenden der Blauen Meere, Band 1: Dreckswetter und Morgenröte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Geoff Rodkey
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Befreiung! Brauchste ’ne Einladung?«
    Er wankte davon und kurz darauf hörte ich das Klong! seiner Axt, als er die Tür des nächsten Vorratsraums einschlug. Der andere Pirat, der Große namens Sully, hielt mir die Hand entgegen und half mir auf.
    »Komm, Kleiner. Trink erst mal was.«
    Ich folgte ihm in den Speisesaal, der geplündert worden war. Das Mobiliar war zertrümmert und umgeworfen, große Brocken des Wandputzes lagen auf dem Boden. Ein halbes Dutzend finster aussehende Piraten, allesamt in Reiche-Leute-Klamotten, die sie wahrscheinlich den Passagieren abgenommen hatten, standen am Eingang zur Kombüse herum, deren Vorräte sich wie aus einem Füllhorn über den Boden ergossen.
    Die meisten kümmerten sich weniger um das Essen als um ein Fass, aus dem sie mit Zinnbechern Wein schöpften. Danach zu urteilen, wie sie schwankten, schien das schon eine Weile so zu gehen.
    Auf dem Weg zum Fass hob Sully zwei Becher vom Boden auf.
    »Schaut mal, was Barney im Frachtraum gefunden hat!«
    Sämtliche Piraten drehten sich mit einem Ruck um und brachen bei meinem Anblick in schallendes Gelächter aus.
    »Was’n das? Sind wir auf’m Sklavenschiff?«
    »Ach was. So läuft’s hier, wenn du dir beim Essen die falsche Gabel krallst!«
    »Hat sich das Näschen wahrscheinlich nich mit ’nem Taschentuch geputzt. Mummy hat’s dir gezeigt, was?«
    Sie lachten noch lauter, als Sully mir einen Becher Wein gab. »Trink. Siehst aus, als könnste es brauchen.«
    Aus Höflichkeit nahm ich einen Schluck, den Becher hielt ich mit beiden Händen, da die Kette zwischen meinen Handgelenken nur wenige Zentimeter lang war. Fast augenblicklich spürte ich, wie sich die Wärme in meinem leeren Magen ausbreitete.
    Danach stand ich nur da und war verlegen. Die Piraten becherten weiter und beachteten mich nicht mehr. Es schien ihnen egal zu sein, was ich machte.
    Ich sah auf das Essen, das vor der Bordküche auf dem Boden herumlag. »Kann ich was essen?«
    »Hau rein. Kannste alles futtern.« Der Pirat, der neben der Kombüsentür stand, trat zur Seite, damit ich hineingehen konnte.
    Sie war noch schlimmer geplündert worden als der Speisesaal, doch ich fand etwas Brot und getrocknetes Rindfleisch und aß mich satt.
    Als ich mich wieder unter die Piraten mischte, diskutierten sie miteinander.
    »Hättest se nich über Bord werfen soll’n. Wär’n wertvolle Geiseln gewesen.«
    »Mehr Ärger, als die Sache wert gewesen wäre. Wo willste die denn eintauschen? Auf Morgenröte? Und wir segeln direkt vor die Uferkanonen, oder was?«
    »Ja! Und wenn die Fregatten Seiner Majestät vorbeischippern, warten wir dort.«
    »Vergiss es! Die rovische Marine hat sich seit Kriegsende nich mehr in den Blauen Meeren eingemischt.«
    Sully bemerkte mich. »Willste die Ketten loswerden? Such Big Jim. Der hat ’nen Schlüsselring, vielleicht passt einer. Glaub, er is an Deck.«
    »Danke«, sagte ich und schlurfte davon, wobei die Ketten an meinen Beinen klirrten.
    »Wart mal!«
    Ich drehte mich um. Sully sah mich komisch an. Er kam zu mir herüber und starrte auf meinen Hals.
    »Das Healy-Zeichen?«
    Als die anderen Piraten das hörten, interessierten sie sich plötzlich alle für mich. Und waren wesentlich weniger freundlich.
    »Biste einer von denen?«
    »Nein! Ich bin kein –«
    »Tätowiert der jetzt schon kleine Jungs? Gehen ihm die richtigen Kerle aus?«
    »Vielleicht sollt ich dir die Kehle aufschlitzen?«
    »Ich bin keiner von ihnen! Es ist nur aufgemalt! Ehrlich!«, stammelte ich und rubbelte über die Stelle. »Es ist nicht echt! Der Chef von dem Schiff hat es mir aufgemalt, damit mich die Passagiere für einen Piraten halten. Aber ich bin keiner! Es war eine Art Spiel. Ich war der Bösewicht.«
    Sie starrten mich verwirrt und misstrauisch an. Diese Erklärung war wohl nicht nach ihrem Geschmack.
    »Geht es weg?« Ich leckte mir die Finger und verrieb die Spucke wie wild, aber da ich die Tätowierung nicht sehen konnte, wusste ich nicht, ob es etwas nützte.
    »Nicht so.«
    »Könnt ihr Wein drüberkippen oder so was? Meine Hände sind, na ja …«
    Sully tröpfelte zögernd Wein über meinen Hals. Als ich ihn verrieb, schlugen die Ketten an meinen Handgelenken schmerzhaft gegen das Schlüsselbein.
    »Wird es blasser? Es ist bloß Tinte! Ehrlich.«
    Sully zuckte die Achseln. Ich konnte ihm ansehen, dass er nicht sicher war, ob er mir glauben sollte. »An deiner Stelle würde ich dem Ripper aus dem Weg gehen.«
    Ich klirrte mit meinen Ketten die

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