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Die Legenden der Blauen Meere, Band 1: Dreckswetter und Morgenröte (German Edition)

Die Legenden der Blauen Meere, Band 1: Dreckswetter und Morgenröte (German Edition)

Titel: Die Legenden der Blauen Meere, Band 1: Dreckswetter und Morgenröte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Geoff Rodkey
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etwas gab. Guts starrte das Haus an, als sei es aus einer völlig anderen Welt vom Himmel gefallen.
    Schließlich rüttelte ich an seinem Arm und ging auf das Anwesen zu. »Denk dran, Essen und Wasser. Dann Kleider. Danach verschwinden wir.«
    »Und wenn du ihn –«
    »Er ist bestimmt nicht –«
    »Aber falls du –«
    »Klar! Dann murkse ich ihn ab. In Ordnung?« Mittlerweile bereute ich zutiefst, dass ich das je gesagt hatte.
    »Willste das Messer?« Er hielt es mir entgegen.
    »Behalt du es.«
    An der Seite des Hauses führte nur eine einzelne Tür vom Kräutergarten in die Küche. Als wir näher kamen, spürte ich die Angst in mir aufsteigen. Was, wenn sie verschlossen war? Was, wenn sie alles verändert hatten, seit ich davongelaufen war, und die Wolkenvilla zu einem bewaffneten Fort geworden war? Was, wenn uns selbst in diesem Augenblick Wächter beobachteten und darauf warteten, das Feuer zu eröffnen? Was, wenn Pembroke wach war und drinnen auf uns lauerte?
    Die Tür war unverschlossen. Es gab keine Wächter. Welche Bedrohung ich auch für Roger Pembroke darstellte, er schien sie jedenfalls nicht für so schwerwiegend zu halten, dass er seine Türen abschloss oder Wächter postierte.
    Drinnen hatte sich auch nichts verändert – sogar die Reste des Marmeladenkuchens standen genau an der Stelle, wo die Küchenmagd sie normalerweise aufbewahrte.
    Wir aßen und tranken schnell und schweigend. Danach kam der schwierige Teil. Wir mussten hoch in mein altes Zimmer schleichen und hoffen, dass meine Kleider noch dort waren, entweder die, die ich bei meiner Ankunft getragen hatte, oder die ganzen Sachen, die ich von den Pembrokes bekommen hatte.
    Ich bedeutete Guts mit einer Handbewegung, mir zu folgen. Wir verließen die Küche durch das Speisezimmer, in dem das Mondlicht durch die hohen Fenster auf den glänzend polierten Tisch schien. Als ich an der Tür zur Haupthalle stehen blieb und mich umdrehte, sah ich Guts mit offenem Mund den prunkvollen Raum bestaunen.
    »Haste hier mal drin gegessen?«, flüsterte er.
    »Dreimal am Tag«, erklärte ich ihm. »Die Butler haben uns bedient.«
    Er antwortete mit einem seiner dreckigsten Flüche, doch man hörte ihm sein Staunen an.
    Wir mussten uns vorsichtig bewegen, damit unsere Schritte in der Halle kein Echo erzeugten, und zum ersten Mal, seit ich meine Schuhe verloren hatte, war ich froh, barfuß zu sein. Die Tür zum Arbeitszimmer vor uns war geschlossen.
    Doch durch die geöffnete Bibliothekstür schimmerte Licht.
    Mein Herz pochte ein wenig, als mir einfiel, dass Pembroke gewöhnlich bis spätnachts aufblieb, um zu lesen. Ich ging auf Zehenspitzen zur Tür und spähte durch den Spalt.
    Im Kamin brannte ein kleines Feuer und auf einem Beistelltisch neben einem der großen hochlehnigen Sessel vor dem Feuer flackerte eine Kerze. Von meinem Standort aus konnte ich ihn nicht sehen, aber ich wusste, dass er in jenem Sessel saß.
    Guts schubste mich von hinten an. Als ich mich umdrehte, formte er lautlos mit dem Mund: Was?
    Das ist er , antwortete ich lautlos.
    Guts’ Augen leuchteten auf. Er hielt mir sein Messer entgegen.
    Mein Herz raste. Das kam zu schnell.
    Er drängte mir sein Messer auf, zwang es mir mehr oder weniger in die Hand. Nachdem ich es genommen hatte, beugte er sich zu mir, seine Lippen berührten fast mein Ohr.
    »Der hat deine Familie kaltgemacht«, flüsterte er.
    Mein ganzer Magen verkrampfte sich und ich hätte am liebsten rausgekotzt, was ich gerade gegessen hatte. Aber Guts hatte nun mal Recht.
    Ich musste es tun. Und eine so gute Gelegenheit bekäme ich nie wieder.
    Ich holte ein paarmal tief Luft und versuchte, mein Herzrasen in den Griff zu bekommen. Dann schlich ich leise in die Bibliothek.
    Das Kaminfeuer warf lange, zitternde Schatten im Raum. Es war so still, dass ich die Flammen an den Holzscheiten züngeln hören konnte.
    Noch drei Meter … Von der anderen Seite des Sessels hörte ich, wie eine Seite umgeblättert wurde. Er war wach.
    Aber er war unbewaffnet. Und ahnungslos.
    War es fair, sich so hinterrücks an ihn heranzuschleichen? Sollte ich ein Geräusch machen und ihm eine Chance geben, sich zu verteidigen?
    Hatte er denn meiner Familie eine Chance gegeben?
    Weniger als drei Meter …
    Ich blieb stehen. Guts stand zwischen mir und der Tür, er war nur Haut und Knochen. Seine Augen funkelten und er nickte mir ernst zu.
    Ich drehte mich wieder zum Sessel und ging mit dem Messer in der erhobenen Hand weiter vorwärts.
    Das ist

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