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Die Legenden des Raben 01 - Schicksalswege

Die Legenden des Raben 01 - Schicksalswege

Titel: Die Legenden des Raben 01 - Schicksalswege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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gemächlich den Ix hinauf, der zu beiden Seiten von mächtigen grünen Wänden umgeben war. Die höchsten Bäume waren bis zu zweihundert Fuß hoch, ihre kleineren Brüder ließen die Zweige ins Wasser hängen und sogen die Lebenskraft auf, die ihre Blätter strahlen ließ. Doch manchmal, wenn die Rabenkrieger sich vom Wald beinahe überwältigt fühlten, wich das Ufer plötzlich auf einer Seite zurück, und das Rauschen, das sie schon seit mehr als einer Stunde gehört hatten, entpuppte sich als Wasserfall von vielen hundert Fuß Höhe, der über die mit Moos bedeckten Felsen in ein tiefes Becken stürzte, das seinerseits den Ix speiste. An anderen
Stellen sahen sie weite, sanfte Hänge, die sich hinter den Ufern erhoben, und weit dahinter spektakuläre Berglandschaften, die sich aus dem alles verschlingenden Wald in den Himmel reckten.
    Alle außer Aeb starrten wie betäubt die majestätische Landschaft an. Die Ebenholzmaske des Protektors verriet nicht, was er fühlte. Hirad hätte ihm die Maske am liebsten abgerissen und ihn gezwungen zu schauen, entzückt über die Schönheit zu lachen und die Freiheit zu genießen. Doch wenn Aeb die Maske verlor, wäre er den Folterungen der Dämonen ausgesetzt, die seine Seele und die Verbindung zwischen ihr und seinem Körper beherrschten. Das war der Fluch aller xeteskianischen Protektoren.
    Deshalb schob Hirad den Gedanken beiseite und freute sich stattdessen darüber, dass dieser Anblick sogar Eriennes Augen zum Leuchten brachte.
    Überall wimmelte es vor Leben. Unzählige, in allen Farben schillernde Vögel flogen über ihnen, Jaguare tranken am Ufer, Schlangen ringelten sich auf den Ästen, Eidechsen und Nagetiere huschten durchs Unterholz, und riesige, an Schweine erinnernde Säugetiere beobachteten sie schnüffelnd und mit nervösen Augen, wenn sie vorbeifuhren. Im Wasser unter dem Boot lauerten noch ganz andere Tiere, und Hirad war froh, dass Ilkar sie gewarnt hatte.
    Das träge Platschen von Fischen, die aus dem Wasser sprangen, wurde gelegentlich von großen, gepanzerten Reptilien gestört, die im Ix schwammen oder an den schlammigen Ufern in der Sonne badeten. Einige waren mehr als dreißig Fuß lang, und das einzige Tier, das sich nicht vor ihnen fürchtete, war sogar noch größer als sie. Diese Riesen, von denen nur die Froschaugen zu sehen
waren, beobachteten, im Wasser untergetaucht, das Boot des Raben. Eine falsche Bewegung, dachte Hirad, und ein Mann wäre ihre leichte Beute, obwohl Ilkar geschworen hatte, dass diese mächtigen Wasserbewohner sich von Pflanzen ernährten.
    Doch der Fluss versorgte sie auch mit Nahrung für die Rast am Abend. Schon vor der Mittagsstunde hatten sie genügend Fisch für ein Festmahl gefangen. Die Fische zuckten in einem mit Wasser gefüllten Beutel vor den Füßen ihres übellaunigen Führers.
    Als der Tag sich dehnte, änderte sich die Stimmung auf dem Boot. Am Morgen hatte die Sonne den Nebel verbrannt, und dann waren kühlende Schauer niedergegangen. Der Nachmittag war dagegen drückend heiß, und das schlug ihnen aufs Gemüt und raubte ihnen die Kraft. Dann ballten sich erneut Wolken zusammen, Blitze zuckten unter dem grauen Himmel, und der Donner kündigte einen weiteren Wolkenbruch an, der nicht einmal mehr die Luft abkühlte. Die Hitze war greifbar wie eine Wand.
    Als sie endlich im rasch verblassenden Tageslicht das Ufer ansteuerten und vierzig Schritt vom Fluss entfernt lagerten, war das Lächeln nur noch eine ferne Erinnerung.
    Hirad saß auf einem Baumstamm auf der kleinen Lichtung, die sie unter Kayloors gönnerhaften Anweisungen gerodet hatten. Ilkar übersetzte hin und wieder und hatte sie wissen lassen, dass ihr Führer entsetzt über die Schäden war, die sie im Wald anrichteten. Rings um eine kleine Feuergrube, in der Ilkars Flammenhand trotz der Feuchtigkeit etwas Holz zum Brennen gebracht hatte, waren in einem lockeren Kreis ihre Hängematten befestigt.

    Kayloor hatte aus dem Lagerraum des Bootes einen Spieß und ein Gestell geholt und machte sich nützlich, indem er den Fisch briet. Auf der anderen Seite des Feuers kochte Wasser in einem recht großen Topf. Ilkar setzte sich neben Hirad, und sie sahen sich eine Weile schweigend im Lager um. Aeb reinigte und schärfte seine Axt und das Schwert. Der Unbekannte machte das Gleiche mit seiner Klinge und den Dolchen. Denser und Erienne saßen auf der anderen Seite des Feuers. Sie massierte sich ständig ihren Nacken und musterte pausenlos die Umgebung, er kratzte

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