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Die Legenden des Raben 01 - Schicksalswege

Die Legenden des Raben 01 - Schicksalswege

Titel: Die Legenden des Raben 01 - Schicksalswege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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Becken und schrie auf. Ein Zorn stieg in ihm auf, den zu beherrschen er gar nicht erst versuchte. Sein Herz sang in seiner Brust von Tod und Verderben, sein Gesicht brannte, und alle seine Muskeln verkrampften sich. Er zitterte am ganzen Körper. Doch er konnte den Blick nicht vom verstümmelten Arm der Statue wenden. Er sah es wie durch einen Schleier, sein Bewusstsein war unfähig, die Ungeheuerlichkeit dieses Anblicks zu verarbeiten.
    Duele sprang ins Becken und tauchte, kam wieder hoch, als er seine Suche am Grund des Beckens beendet hatte, und zog sich aus dem Wasser. Die Bemalung lief
ihm in Strömen über das Gesicht, seine Augen waren klein, und er hatte sichtlich Mühe, überhaupt ein Wort über die Lippen zu bringen.
    »Die Hand ist dort unten.«
    »Dann kann die Statue wieder in Ordnung gebracht werden«, sagte Auum. Doch seine Erleichterung war nicht von Dauer.
    »Ein Teil des Daumens fehlt. Er ist nicht im Becken.«
    Auum hockte sich auf die Hacken und starrte den Wasserstrahl an, der aus der zerstörten Röhre unter Yniss’ Handgelenk ins Becken fiel. Der Fluss des Wassers war falsch.
    »Dann werden wir ihn finden«, sagte er. »Durchsucht den Tempel. Durchsucht die Leichen, sucht überall.«
    Draußen war ein leises Knurren zu hören, darauf folgte ein Schrei, der abrupt abbrach.
    »Die Krallenjäger werden uns helfen«, sagte Auum.
    »Und wenn wir den fehlenden Teil nicht finden?«
    »Dann fangen wir einen der Fremden lebendig. Und er wird der Erste sein, der für das büßt, was sie hier getan haben.«
    Auum stand auf. Die Al-Arynaar würden bald kommen. Und noch weitere Zellen der TaiGethen. Sie konnten einstweilen noch viel tun, sie konnten den Tempel säubern und die Hand aus dem Becken bergen, doch die Statue wäre erst wieder heil, wenn der Daumen gefunden war. Und bis dahin würde Yniss ihnen seine Gunst entziehen.
    Auum spürte eine tödliche Kälte, die sich in seinem ganzen Körper ausbreitete. Er kannte die Schriften. Er kannte die Konsequenzen. Eine Träne rann über seine Wange.

Achtzehntes Kapitel
    Hauptmann Yron war gelähmt vor Angst. Ein Gefühl, das er noch nie kennen gelernt hatte. Eigentlich hatte er fliehen wollen, sobald der Tempel angegriffen wurde, doch der Angriff war so schnell und zielstrebig gekommen, dass er Ben-Foran angewiesen hatte, sich weiter bei den verstreuten Elfenknochen zu verbergen. Außerdem hatte er eine Großkatze gehört, die über den Weg herankam.
    Er konnte sie gerade eben im Schatten erkennen. Der Panther war fünfzig Schritt von ihm entfernt, und direkt hinter ihm stand ein Elf, dessen Gesicht zur Hälfte weiß bemalt war. Das war der einzige Körperteil, den Yron überhaupt ausmachen konnte. Sie hatten sich in Richtung des Vorplatzes bewegt, es hatte etwas Aufregung gegeben, jemand schrie, und der Panther sprang. Yron hatte die Augen geschlossen, als er hörte, wie die Schreie des Mannes erstarben, und gebetet, dass ihm und Ben dieses Schicksal erspart blieb.
    Als alle vier Elfen und der Panther im Tempel oder wenigstens in dessen Nähe waren, gab er Ben ein Zeichen, und sie setzten sich in Bewegung. Yron bewegte
sich so vorsichtig wie noch nie im Leben und setzte die Füße geräuschlos auf. Er gab Ben zu verstehen, dass dieser in seine Abdrücke treten sollte. Die ganze Zeit wartete er darauf, das Rauschen oder Wispern ihrer Wurfsterne oder das Summen einer Bogensehne zu hören.
    Quälend langsam erreichten sie den Weg, den seine Fährtensucher durch den Wald gehackt hatten, und entfernten sich darauf immer weiter vom Tempel. Dabei achteten sie genau auf den Boden unter ihren Füßen und wagten kaum zu atmen. Der Schweiß lief Yron über den Rücken und das Gesicht und tropfte von seinem Kinn auf den Boden. Immer wieder sagte er sich, er müsse ruhig bleiben und dem Impuls widerstehen, einfach loszurennen. Sie mussten außer Hörweite sein, ehe sie rannten, und dabei hatte er noch nicht einmal eine klare Vorstellung, wie weit dies eigentlich war.
    Er hielt inne und sah sich über die Schulter um. Ben-Forans Gesicht war verkniffen und bleich, auch er schwitzte stark, und der junge Soldat legte unwillkürlich immer wieder die Hand um den Schwertgriff. Yron zog die Augenbrauen hoch, Ben antwortete mit einem Nicken. Sie gingen weiter.
    Nur noch ein Stückchen, nur noch ein Stückchen, sagte er sich.
    Der Weg wimmelte vor Leben. Unzählige Ameisen eilten hin und her. Er achtete darauf, nach Möglichkeit nicht auf sie zu treten. So winzig sie einzeln

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