Die Legenden des Raben 02 - Elfenjagd
Dämonenkette, die seinen Körper mit der Seele verbanden, würden
ihn quälen, bis er Xetesk erreichte. Falls er den Rückweg überhaupt schaffte.
»Das kann ich nicht tun«, sagte Denser. »Du kennst den Grund.«
»Die Bergung des Bruchstücks von der Statue ist wichtiger als mein Unbehagen«, sagte Aeb. »Xetesk kann uns durch meine Verbindung verfolgen.«
»Unbehagen ist gewaltig untertrieben«, sagte Denser. »Das ist aber noch nicht alles. Du bist einer von uns. Du bist mein Leibwächter und dienst dem Unbekannten auf der linken Seite als Verteidigung. Der Rabe schickt seine Leute nicht weg, nur weil es dadurch bequemer würde.«
»Meine Anwesenheit kann euch den Tod bringen«, widersprach Aeb. »Diese Sache ist wichtiger als der Rabe.«
»Nichts ist wichtiger.« Hirad sah den riesigen Protektor scharf an. »Nichts.«
Aeb antwortete ihm nicht direkt, sondern wandte sich wieder an Denser.
»Meister?«
»Es ist entschieden, Aeb«, sagte Denser. »Du bleibst.«
»Ich verstehe«, sagte Aeb, und man hörte ihm an, wie erleichtert er war.
»Was uns verbindet, ist der Bindung zwischen den Protektoren nicht unähnlich«, erklärte der Unbekannte. »Wenn Denser dich entlässt, dann ist das auch ein Verrat an uns. Verstehst du das?«
»Ja«, erwiderte Aeb. »Aber ich weiß auch, was der Elfenfluch anrichten wird, wenn er nicht aufgehalten wird. Ich gefährde die Rettung.«
»Wenn du bei uns bist, steigen unsere Chancen, den Daumen zu finden und nach Calaius zurückzubringen«, widersprach der Unbekannte. »Ich fürchte allerdings, Dystran könnte die Macht des Gebietens widerrufen.«
»Das ist im Moment unwahrscheinlich«, sagte Denser. »Solange er glaubt, er könne unseren Weg verfolgen und uns auf Abstand halten, sieht er Aebs Anwesenheit bei uns als Vorteil.«
»Was geschieht, wenn er widerruft?«, fragte Hirad.
»Aeb würde nicht mehr meiner Kontrolle unterstehen. Er könnte einem anderen Magier zugeteilt oder nach Xetesk zurückbeordert werden.«
»Aber ich werde niemals gegen den Raben kämpfen«, sagte Aeb. »Kein Protektor wird gegen Sol die Waffen erheben.«
»Dennoch, Aeb, du bist nur ein Risiko, wenn du genau weißt, was wir planen, nicht wahr?« In Densers Augen blitzte es.
»Ja«, stimmte Aeb zu.
»Ich meine, es ist offensichtlich, dass wir in Balaia sind, aber es ist eine ganz andere Frage, wohin wir uns nun wenden, meinst du nicht auch?«
»Ja.«
»Du kannst vielleicht nicht lügen, aber ich habe die Absicht, meiner Fantasie freien Lauf zu lassen«, sagte Denser. »Und du hast keine andere Wahl, als alles, was ich dir sage, wahrheitsgemäß zu berichten.«
»Ja«, sagte Aeb ein weiteres Mal, und seine sonst neutrale Stimme schien eine Spur von Belustigung zu verraten.
»Ausgezeichnet«, sagte Denser. »Das wird witzig.«
»Witzig nennt er das«, knurrte Ilkar, doch auch er musste lächeln. »Das ganze Elfenvolk ist bedroht, und er will mit dem xeteskianischen Herrn vom Berge Verstecken spielen.«
In Begleitung zweier bewaffneter Milizionäre erreichte der Rabe Blackthorne am Spätnachmittag. Als sie aus einem
Wald herauskamen, sahen sie eine geschäftige, blühende Stadt vor sich. Hammerschläge hallten weit, das Lachen von Kindern übertönte die Hufschläge auf der festgetretenen Erde, und überall stiegen Rauchsäulen von Schmiedeöfen und Kochfeuern in den bewölkten Himmel.
Acht- bis zehntausend Menschen lebten gewöhnlich in der Stadt Blackthorne, doch im Augenblick kam noch eine große Zahl von Flüchtlingen hinzu, die in Zeltstädten außerhalb der Stadt lagerten. Die wieder aufgebaute Burg Blackthorne erhob sich am Südrand des Ortes und blickte, wie es schien, wohlwollend auf die Stadt herab. Weiße und blaue Banner flatterten im Wind, der hellgraue Stein war glatt und sauber.
Als der Rabe hinter Blackthornes Reitern die Stadt betrat, war die Reaktion gemischt. Einerseits wurden sie voller Ehrfurcht und Neugierde bestaunt, und einige Leute stießen sogar Willkommensrufe für die alten Freunde der Stadt aus, andere jedoch waren besorgt, weil ein xeteskianischer Protektor den Raben begleitete.
Baron Blackthorne hatte keine Vorbehalte und empfing sie mit vorzüglichem rotem und weißem Wein und Tellern voller Gemüse, Brot und Obst in seinem privaten Esszimmer. Es gab auch etwas Fleisch, doch das war offenbar knapp.
Unter der finsteren Stirn und dem dunklen Schopf blitzten seine Augen vergnügt. Blackthorne begrüßte sie nacheinander, machte eine Bemerkung über
Weitere Kostenlose Bücher