Die Legenden des Raben 02 - Elfenjagd
wisst, ist er ein vernünftiger Mann, doch seine Position ist nicht stark. Offenbar nutzt er die wenigen Möglichkeiten, die er noch hat, indem er die Landwege blockiert und Julatsa schützt, doch ob es ihm gefällt oder nicht, er musste sich schließlich Vuldaroq unterordnen. Ich habe keinen Zweifel daran, dass die Dinge, die Ihr mir über Calaius und die Elfen erzählt habt, den Ausschlag geben werden, damit Lystern entschieden an der Seite von Dordover in den Krieg zieht. Ich bin aber nicht sicher, ob Euch das hilft, wenn man bedenkt, dass Ihr höchstwahrscheinlich nach Xetesk hineingelangen müsst.«
»Andererseits wird sowieso alles bekannt, sobald die Elfen auf die Streitkräfte von Dordover und Lystern stoßen. Immerhin hatten wir nun wenigstens die Gelegenheit, zuerst unsere Sicht der Dinge vorzutragen«, sagte der Unbekannte.
»Das ist wahr«, stimmte Blackthorne zu. »Wie ich es sehe, gibt es jetzt nur noch eine Möglichkeit. Ich denke, es
ist an der Zeit, möglichst schnell eine Handelsdelegation nach Lystern zu schicken.« Er lächelte. »Vielleicht gehe ich sogar selbst und nutze die Gelegenheit für ein informelles Gespräch mit Heryst. Ihr dagegen müsst so unauffällig und so rasch wie möglich nach Xetesk gehen. Ich kann sicher ein paar Pferde entbehren und Euch mit Proviant versorgen, und da Ihr eine Elfen-Bogenschützin dabeihabt, könnt Ihr wahrscheinlich unterwegs auch leicht etwas Appetitliches erlegen.«
»Mylord, ich hatte nicht damit gerechnet, dass Ihr selbst reisen wollt«, sagte der Unbekannte. »Ihr seid mächtig genug, um über einen Eurer erfahrenen Magier Heryst um eine Kommunion zu bitten.«
»Es geht nur von Angesicht zu Angesicht«, entschied Blackthorne. »Die Sache ist zu wichtig, um sie über Dritte zu übermitteln.«
»Aber nehmt einen Magier mit, mit dem wir Kontakt aufnehmen können. Falls wir von den Ereignissen überrollt werden, müsst Ihr es erfahren, ehe Ihr zu sehr hineingezogen werdet.«
»Das werde ich tun«, sagte Blackthorne. »Über die Einzelheiten der Reise können wir später noch reden. Es gibt aber etwas, das Ihr wissen müsst, ehe Ihr direkt nach Xetesk geht.«
»Das hat nicht zufällig mit Selik zu tun?«, fragte Hirad.
»Unser ganz besonderer Freund«, bestätigte Blackthorne nickend. »Er hat mir vor einigen Tagen einen unerwarteten Besuch abgestattet. Unerwartet und widerwärtig. Er genießt eine beachtliche Unterstützung. Die Menschen sind verzweifelt, und er versteht sich meisterhaft darauf, mit den Gefühlen der Menschen zu spielen.«
»Dabei handelt es sich doch nur um alte Männer, Kinder und Bauern«, sagte Hirad. »Keine erfahrenen Kämpfer.«
»Von diesen gibt es allerdings viele tausende«, widersprach Blackthorne. Er beugte sich vor. »Seid gewarnt, Hirad. Unterschätzt ihn nicht. Er ist mächtig, und die meisten Magier haben zu viel Angst, um die Mauern ihrer Kollegien zu verlassen. Auch er muss aufgehalten werden, ehe es zu spät ist.«
»Da habt Ihr Euch an die Richtigen gewandt«, sagte Hirad.
»Darum kümmern wir uns später, Hirad«, versprach der Unbekannte. »Zuerst müssen wir für die Elfen den Daumen finden.«
Blackthorne stand auf. »Genau. Rabenkrieger, ich werde dafür sorgen, dass Ihr Betten und Pferde bekommt, und dann werden wir weiterreden. Wenn wir Balaia zurückerobern wollen, müssen wir es richtig anfangen.«
Zwölftes Kapitel
Erienne konnte nicht schlafen. Das Gemach, das sie sich mit Denser teilte, war luftig und groß, das Bett wundervoll bequem. Denser ruhte neben ihr, doch sie war unzufrieden, weil sie in den letzten Tagen so viel Zeit mit dem anstrengenden Training unter Anleitung der Al-Drechar verbracht hatte.
Tag und Nacht war diese Unterweisung während der Seereise weitergegangen, nur auf dem Weg nach Blackthorne hatten die Al-Drechar sie in Ruhe gelassen. Sie wussten, dass Erienne ihre ganze Kraft brauchte, und hatten erklärt, sie wollten ihr helfen zu schlafen. Dann hatte Erienne nichts mehr von ihnen gehört, und jetzt war sie ängstlich, weil sie nicht mehr wusste, wie sie ohne Anleitung der alten Frauen, die sie verachtete, die Kräfte bändigen sollte, die in ihr erwacht waren.
Sie fühlte sich voller Energie und dachte schon daran, Denser zu wecken, doch dann fiel ihr ein, dass sie diese Energie nicht körperlich ausdrücken konnte. Sie existierte nur in ihrem Bewusstsein. So blieb sie ruhig liegen und versuchte, ihre Gedanken zu beruhigen, wie Cleress es sie gelehrt
hatte. Sie stellte
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