Die Legenden des Raben 02 - Elfenjagd
linken Kaminsims lehnte Dystran, und neben ihm, auf einen Stock gestützt, stand der hagere und kranke Ranyl.
Dystran kam Yron strahlend und lächelnd entgegen.
»Mein lieber Hauptmann Yron, und der herausragende Erys, ich möchte Euch am Ende Eurer fantastischen Reise willkommen heißen.«
»Es sind zu viele Männer gestorben, als dass wir feiern könnten, Lord Dystran«, entgegnete Yron. »Ich selbst bin nur durch glückliche Umstände entkommen.«
»Ja, ich hörte schon, dass Ihr Ärger mit den Elfen hattet«, sagte Dystran.
»Ärger? Mein Lord, da draußen ist eine Elfenarmee unterwegs. Es sind gut ausgebildete Kämpfer und erfahrene Magier, und sie sind äußerst entschlossen. Unterschätzt sie nicht. Sie kennen keine Furcht und schrecken nicht davor zurück, Protektoren anzugreifen, weil sie schnell genug sind, sie zu besiegen. Sie kommen hierher, auch wenn mir nicht ganz klar ist, wieso der Diebstahl einiger Pergamente, selbst wenn sie heilig sind, eine so heftige Reaktion provoziert haben sollte.« Yron konnte sehen, dass Dystran sich kaum für seine Befürchtungen interessierte. Er verkniff sich eine scharfe Bemerkung.
»Was Ihr nicht sagt«, antwortete Dystran. »Aber macht Euch deshalb bitte keine Sorgen. Wir haben die Lage im Griff.«
»So gut, wie Ihr den Raben im Griff habt?«, gab Yron scharf zurück. »Es tut mir Leid, mein Lord, aber sie sind bis auf zwanzig Schritte an mich herangekommen und hätten mich beinahe erwischt, obwohl man mir sagte, sie wären ausgeschaltet. Ihr habt sie nicht einmal gefunden, nicht wahr? Ich frage Euch noch einmal: Warum sind sie und die Elfen so versessen darauf, diese Texte zurückzubekommen?«
Dystrans Lächeln wurde ein wenig schmal. »Hauptmann, bitte beruhigt Ihr Euch doch.« Wäre er nicht der Herr vom Berge gewesen, er hätte sich mit dieser herablassenden Bemerkung einen Faustschlag ins Gesicht eingehandelt. »Es trifft zu, dass unsere Bemühungen, den Raben im Auge zu behalten, nicht ganz und gar erfolgreich
waren, doch ich kann Euch persönlich versichern, dass sie sehr bald schon ein für alle Mal aus dem Weg geräumt werden. Unterdessen seid Ihr zurückgekehrt wie ein Held. Ihr habt schreckliche Verluste erlitten, doch alle, die gestorben sind, haben ihr Leben zum Ruhme von Xetesk gegeben. Ihr habt eine entbehrungsreiche Reise hinter Euch. Seht Euch nur an – die Kleider zerrissen, die Axt ist stumpf. Ich muss mich entschuldigen, weil ich Euch so schnell hierher gerufen habe, doch ich wollte unbedingt Eure Schätze ansehen.«
Yron nickte und schaffte es, ein oder zwei Muskeln zu entspannen. Er wandte sich an Erys, der die lederne Tasche übergab. Yron löste den Verschluss und zog die vier Texte heraus, die die Reise überstanden hatten. So viele Männer waren gestorben, so wenig hatten sie vorzuweisen. Er reichte Dystran die Texte, der sie sofort auf einen Tisch legte und ausbreitete.
»Das Dokument in der Mitte, mein Lord.« Erys deutete auf einen Text mit kunstvoll geprägtem Einband und Seiten mit Goldschnitt. »Wenn ich mich nicht sehr irre, ist dies das Aryn Hiil. Dort sind die Geheimnisse der Langlebigkeit der Elfen festgehalten.«
Dystran strich mit der Hand andächtig über das Buch und schaute auf. »Ihr irrt Euch nicht, Erys«, sagte er mit gedämpfter Stimme. »Wenn es einen Text gibt, den ich wirklich brauche, dann ist es dieser. Für das, was Ihr getan habt, wird Xetesk Euch mit Belohnungen überschütten. Dies wird uns geben, was wir haben wollen.«
»Mein Lord, wir leben, um zu dienen.« Erys verneigte sich.
Yron betrachtete kopfschüttelnd den jungen Magier.
»Und Ihr besitzt den gesunden Zynismus der Erfahrung«, sagte Dystran, dem Yrons Reaktion nicht entgangen
war. »Hauptmann, ich kann Euch jetzt nur danken, die Achtung des Kreises der Sieben aussprechen und Euch ein Gemach anbieten, in dem Ihr baden und Euch umziehen könnt. Ein Stück den Gang hinunter habe ich für Euch Zimmer vorbereiten lassen. Frische Kleidung liegt bereit, und während Ihr badet, Hauptmann, wird Eure Axt poliert und mit einem neuen Halfter versehen. Ich denke, es wird Euch gefallen. Und das ist erst der Anfang. Aber bevor Ihr geht, möchte ich gern das Stück von der Statue sehen, das Ihr mitgenommen habt.« Dystran streckte die Hand aus.
Yron drehte sich wieder zu Erys um. »Vielen Dank auch.«
»Es tut mir Leid, Hauptmann, ich …« Wenigstens hatte er den Anstand, verlegen dreinzuschauen.
»Mein einziges greifbares Andenken an das ganze
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