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Die Legenden des Raben 03 - Schattenherz

Die Legenden des Raben 03 - Schattenherz

Titel: Die Legenden des Raben 03 - Schattenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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waren ein Gemurmel, mit dem auch ein Einheimischer nicht viel hätte anfangen können. Auum, der die im Osten Balaias gesprochene Sprache sowieso nicht sehr gut beherrschte, verstand kein Wort.
    Der Betrunkene stolperte etwa dreißig Schritte entfernt aus einem Seitenweg heraus, stützte sich an einer Mauer ab, orientierte sich kurz und torkelte in ihre Richtung. Die Tai hielten den Atem an und kauerten sich in den tiefen Schatten. Duele drückte Auums Schulter, doch der Anführer der Tai schüttelte den Kopf. Yniss bestrafte den Mord an Unschuldigen streng.
    Quälend langsam kam der Betrunkene, unmelodisch singend, durch die Gasse. Manchmal war nur ein leises Brabbeln zu hören, manchmal ein heiseres Brüllen. Auum betrachtete die Mauer des Kollegs. Bisher hatten sie keinerlei Aufmerksamkeit erregt, doch von links näherte sich eine weitere Patrouille. Auum fluchte lautlos.
    Der Betrunkene stolperte und war auf einmal direkt vor ihnen. Genau in diesem Augenblick entschloss er sich, sein Letztes zu geben, und setzte zu einem schmetternden Höhepunkt an. Dann sah er Auums Augen im Schatten, und die trunkene Euphorie blieb ihm im Halse stecken. Er hustete. Auum wartete ab, während der Mann ihn von oben bis unten musterte und sich dann, als spürte er die anderen, ungeschickt umdrehte, um Duele und Evunn auf die gleiche Weise anzustarren.

    Er deutete auf Auum. »Du …«, begann er.
    »Geh weg«, zischte Auum. »Verschwinde.«
    Jeder Gedanke an Wein und Gesang war verflogen. Der Mann eilte zurück, prallte gegen die Hausecke und wandte sich nach links zu den Wachen. Bei jedem zweiten Schritt sah er sich um, weil er offenbar Angst hatte, hinterrücks vom Tod eingeholt zu werden.
    Auf halbem Wege überlegte er es sich anders und kehrte wieder um, doch die Streife holte ihn rasch ein. Einer packte ihn am Arm, ein anderer stellte eine Frage, worauf der Betrunkene hinter sich in die Gasse deutete.
    »Zurückziehen«, sagte Auum. »Macht euch bereit.«
    Die Tai zogen sich tief in die dunkle Gasse bis knapp hinter die Leichen der Diebe zurück. Ein Licht erschien in der Mündung der Gasse, und die Wächter lugten herein. Duele spannte den Bogen.
    »Lass sie kommen, wenn sie wollen«, flüsterte Auum.
    Und sie kamen. Vorsichtig, mit weit vorgehaltener Laterne und den Schwertern in der nervösen Hand. Zwei gingen vor dem dritten – eine Formation, die ihnen nichts nützen würde.
    Auum und Evunn kauerten vor Duele. Sie beteten zu Shorth, dem Gott der Toten, er möge diese Männer geschwind und lautlos zu sich nehmen.
    Die Laterne leuchtete ungefähr zehn Schritt weit. Es war eine schwache, rauchende Flamme hinter rußigem Glas. Die Wächter waren in ein gespenstisches gelbes Licht getaucht, ihre ängstlichen, unsicheren Gesichter wirkten maskenhaft starr. Auum übte sich in Geduld. Es war, als wäre er auf der Jagd und wartete auf den richtigen Augenblick, bis er das Tier erlegen konnte. Keine Bewegung entging ihm, während er auf ein Anzeichen lauerte, das ihm verriet, ob er entdeckt worden war.

    Als die Wächter weit genug in die Gasse eingedrungen waren, um von draußen nicht mehr gesehen zu werden, schlugen die Tai zu. Dueles Bogen summte, der Pfeil flog zwischen den beiden vorderen Männern hindurch und bohrte sich dem dritten ins Auge. Sofort danach sprangen Auum und Evunn auf und überwanden die kurze Distanz mit beängstigender Geschwindigkeit.
    Durch den Sturz ihres Gefährten abgelenkt, waren die beiden anderen stehen geblieben und hatten sich halb umgedreht. Auum stieß sich mit dem linken Fuß ab, trat mit gestrecktem rechtem Bein zu und traf die Kehle des Gegners, bevor dieser ausweichen konnte. Mit zerstörter Luftröhre würgte er, stürzte zu Boden und presste hilflos die Hände an den Hals. Auum kam federnd hoch und versetzte ihm mit dem Kurzschwert den Todesstoß.
    Links hatte auch Evunn seinen Mann bezwungen. Blut spritzte aus einer Schnittwunde im Hals, und das Leben wich aus seinen Augen. Kein Schrei kam über seine Lippen, weil Evunn ihm sofort die Hand auf den Mund presste. Abgesehen vom splitternden Glas der Laterne, die zu Boden gefallen war, hatte kaum ein Geräusch die Stille gestört.
    Auum nickte und richtete einen kurzen Dank an Shorth, der ihre Gebete erhört hatte. Dann stand er wieder auf.
    »Man wird sie vermissen und finden«, sagte Duele.
    »Ja«, erwiderte Auum. »Zusammen mit denen hier.«
    Er bückte sich und zerrte einen toten Dieb aus dem Gebüsch.
    »Überwältigt von Feinden aus

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