Die Legenden des Raben 03 - Schattenherz
atemberaubender Geschwindigkeit eine Schwäche aus und schoss durch eine Lücke, die Dystran aus dieser Entfernung nicht sehen konnte, um einen xeteskianischen Kavalleristen niederzumachen.
Es hätte Darrick sein können. Eigentlich sah der ganze Angriff danach aus, als wäre er vom ehemaligen General entworfen worden, so perfekt wurde er durchgeführt.
Die xeteskianischen Magier und Bogenschützen reagierten, Pfeilsalven wurden abgefeuert. Todeshagel prasselte auf Metall, Bogen und Schilde. Heißer Regen ging zischend nieder, jeder Tropfen zog eine Rauchfahne hinter sich her. Höllenfeuer raste aus dem klaren Himmel herab und übertönte mit seinem Brüllen vorübergehend alle anderen Geräusche. Die lysternischen Schilde blitzten grün und hielten die Einschläge ab, frischer Rauch stieg in die Luft. Am Rand brach ein Spruchschild zusammen, nachdem das Höllenfeuer ihn mit übermächtiger Wucht getroffen und durchschlagen hatte. Mit einem lauten Knall brach der xeteskianische Spruch durch. Die Bogenschützen darunter hatten keine Chance.
Dystran wartete noch einige Augenblicke und freute sich darüber, dass auch dieser jüngste Angriff der Gegner zurückgeschlagen worden war. Doch genau wie zuvor, als er aufgewacht war, konnte er das unbestimmte Gefühl nicht
abstreifen, dass sich irgendetwas Wesentliches verändert hatte. Er hatte die Schlacht noch nicht lange genug beobachtet, um es genau bestimmen zu können, aber glücklicherweise stand er neben einem Mann, der Bescheid wusste.
»Sagt mir, Kommandant, Chandyr, was ist heute anders?«
Chandyr lächelte und wandte sich kurz zu seinem Lord um. Er war ein erfahrener Soldat, dessen wettergegerbtes Gesicht die Narben der unzähligen Scharmützel trug, die nun einmal zum Leben eines Berufssoldaten gehörten.
»Euch hätte ich gut in der Armee brauchen können, Mylord«, sagte er. »Den meisten meiner Ratgeber ist nichts aufgefallen.«
»Im Gegensatz zu Euch selbst.«
»Es gibt mehrere Veränderungen, und ich sollte Euch gleich sagen, dass dies an allen Fronten gleichzeitig geschieht. Ich war schon am Morgen gezwungen, weitere Reserven einzuteilen. Zuerst einmal greifen sie verbissener an als jemals in den vergangenen zehn Tagen. Meiner Ansicht nach glauben sie, wir würden bald mit einer Offensive beginnen. Zweitens sind nur noch wenige Elfenmagier im Einsatz, und das sagt mir, dass sie entweder ausruhen oder sich ihrer Fähigkeit, Sprüche zu wirken, nicht mehr sicher sind, oder beides zugleich. Drittens kann ich im Augenblick kaum noch Elfenkrieger entdecken. Das ist das Seltsamste, denn vor kurzem haben in der vordersten Reihe noch sehr viele von ihnen gekämpft.«
»Haben sie Verstärkung bekommen?«
»Das ist denkbar, aber woher?«, lautete Chandyrs Gegenfrage. »Und wenn man davon ausgeht, dass sie unsere Abwehr durchbrechen wollen, warum ziehen sie dann Kräfte zurück, statt sie nach vorn zu werfen?«
Dystran kicherte. »Mein lieber Chandyr, Ihr seid der Militärexperte.
Ich glaube, diese Frage sollte ich Euch stellen, nicht umgekehrt.«
»Verzeihung, Mylord. Ich habe nur laut nachgedacht.« Chandyr räusperte sich. »Ich muss davon ausgehen, dass sie einige frische Söldner gefunden haben oder einen der Barone überzeugen konnten, sie zu unterstützen. Wie auch immer, so bekommen die Elfen eine Verschnaufpause und können sich neu formieren, und ich glaube, das ist ein wichtiger Punkt. Sie rechnen damit, dass wir etwas unternehmen, und sie sind bereit.«
»Was schlagt Ihr vor?«, fragte Dystran.
»Wir haben nicht sehr viele Möglichkeiten, Mylord. Wie Eure Planungen auch aussehen mögen, ich würde vorschlagen, dass Ihr sie nicht umstoßt. Wir sollten auch nicht unseren Plan aufgeben, durch das Nordtor anzugreifen, denn alle anderen Möglichkeiten würden dazu führen, dass wir uns zu lange in offenem Feld bewegen müssen und das Überraschungsmoment verlieren. Ich glaube nicht, dass die Elfen einen großen Angriff planen, denn damit würden sie scheitern. Wir müssen aber damit rechnen, dass sie uns auf die eine oder andere Weise unter Zugzwang setzen.«
»Danke, Kommandant«, sagte Dystran.
»Mylord?«
Dystran wandte sich zu dem ängstlichen jungen Burschen um, der das Armband eines Boten trug.
»Sprich«, forderte der Herr vom Berge ihn auf.
»Ich habe Befehl, Euch vom Hauptmann Eurer Kollegwache auszurichten, dass er etwas gefunden hat, das Ihr Euch dringend ansehen müsst.« Er lächelte unsicher.
Dystran nickte. »Sehr gut. Geh und
Weitere Kostenlose Bücher