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Die Legenden des Raben 06 - Heldensturz

Die Legenden des Raben 06 - Heldensturz

Titel: Die Legenden des Raben 06 - Heldensturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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beherrschen er gar nicht erst versuchte, ergriff von ihm Besitz.
    »Seine Brusthöhle ist hoffnungslos zerschmettert. Seine Lungen sind zerstört, sein Herz durchbohrt. Er hätte schon sterben müssen, als es ihn traf, aber er besitzt einen starken Willen«, erklärte der Magier. »Nicht einmal, wenn wir direkt bei ihm gestanden hätten, hätten wir ihn retten können. Es tut mir leid.«
    »Nein, nicht«, sagte Auum. »Euch ist kein Vorwurf zu machen.«
    »Er hat keine Schmerzen. Du solltest mit ihm reden, es bleibt nicht mehr viel Zeit.«
    Die Magier zogen sich zurück und schoben auch die anderen aus dem Raum. Auum und Evunn stellten sich neben Duele, damit er sie sehen konnte, und betrachteten ihn. Ein paar Fingerbreit hob Duele die Hand. Auum ergriff sie und drückte fest. Duele leckte sich über die von getrocknetem Blut verkrusteten Lippen. Endlich schlug er die Augen auf, seine Lider flatterten ein wenig. Wieder runzelte er die Stirn und versuchte, den Blick auf die Freunde zu richten.
    »Yniss nimmt mich, damit ich einem anderen Zweck dienen kann«, quetschte er zwischen pfeifenden Atemzügen heraus. Jedes dieser zuversichtlichen Worte versetzte Auum einen Stich. »Shorth wartet schon. Ich kann ihn spüren.«
    »So ist es, mein Tai«, sagte Auum. Er schluckte schwer.
    »Sei nicht bekümmert«, fügte Duele hinzu. »Ich gehe zu den Ahnen.«

    »Wir haben uns geschworen, uns nur gemeinsam auf diese Reise zu begeben. Alle drei«, erwiderte Auum. Er drückte Dueles Hand etwas fester. »Du warst immer der Beste von uns. Yniss sieht es. Tu noch eines für mich. Suche denjenigen, der Rebraal und Hirad erreichen will. Wende dich an Ilkar. Begleite ihn, beschütze ihn, zeige ihm den Weg.«
    »Das werde ich tun, Auum.« Duelle hustete und spuckte Blut, dann lächelte er. »Immer diese Befehle.«
    »Das ist kein Befehl, sondern eine Bitte. Eine Hoffnung.« Auum beugte sich vor und küsste Duele auf die Lippen. »Lebe wohl, Duele. Sei stark, bis wir uns wiedersehen. Diene Yniss, suche Ilkar.«
    Er zog sich zurück, damit auch Evunn Dueles Hand nehmen konnte.
    »Vierzig Jahre bei den TaiGethen«, sagte Evunn. »Vierzig Jahre wie eines.«
    »Und keinen Tag bereue ich«, erwiderte Duele mit schwacher Stimme und rasselndem Atem.
    »Es hätten noch vierzig mehr sein sollen«, antwortete Evunn mit bebender Stimme. »Das ist nicht recht. Das ist ein Unglück.«
    »Es ist alles Yniss’ Ratschluss. Wir sind seine Diener.«
    »Ja, und wir …« Evunn hielt inne und ließ die Schultern hängen. Dann beugte er sich vor, um den Sterbenden zu küssen. »Möge Shorth dir die Ehre erweisen, die du verdienst, mein Freund.« Dann ließ er Dueles Hand sinken und wandte sich mit bebender Stimme an Auum. »Er ist gegangen.«
    Auum kehrte zu Duele zurück und stellte sich gegenüber von Evunn neben den Toten. Er nahm die Beutel mit Farbe vom Gürtel, und dann schmückten sie Dueles Gesicht mit den Jagdfarben. Peinlich genau achteten sie
auf jede Einzelheit und ließen keinen Teil des Gesichts unbedeckt. Schließlich zog Auum Dueles Kurzschwerter aus den Scheiden und drückte ihm die Hefte links und rechts in die Hände, während Evunn seinen Jaqrui-Beutel öffnete und Duele eine flüsternde Klinge auf die zerstörte Brust legte.
    »Wohin du auch immer gehst, du gehst bewaffnet«, sagte Auum.
    »Kämpfe gut«, sagte Evunn. »Kämpfe stark.«
    Schweigend bemalten die noch lebenden Tai gegenseitig ihre Gesichter und sprachen stille Gebete an Yniss, über sie alle zu wachen, an Tual, ihnen Kraft zu geben, und Shorth, ihre Feinde rasch zu sich zu nehmen. Danach wandte Auum sich wieder an die anderen, an die drei Magier der Al-Arynaar und einen xeteskianischen Krieger.
    »Niemand wird ihn anrühren, bis wir zurückkehren. Er wird liegen bleiben, wie er ist, ohne Bedeckung. Er gehört zur Elite der TaiGethen und verrichtet immer noch das Werk des Yniss. Evunn, komm mit. Wir müssen das Gedenken unseres Tai ehren. Wir müssen aufräumen.«
    Ohne sich auch nur einmal in der Richtung zu irren, rannten sie durch das Labyrinth. In der Kuppel war Dystran vor die großen Türen getreten. Draußen kreischten unzählige Dämonen. Ihre Rufe klangen nach Triumph und Sieg, ihre Verheißungen nach Niederlage und Versklavung. Auum erkannte Dystran sofort. Er hatte keinen Streit mit dem Mann. Nicht jetzt in dem Moment der größten Gefahr für alle Einwohner Balaias. An einem anderen Tag hätte er ihn ohne weiteres für seine Verbrechen gegen das Elfenvolk

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