Die Legenden von Attolia 1: Der Dieb (German Edition)
wortlos über die Glut des Feuers hinweg an. Ich stand auf, ging ein wenig auf und ab und machte Dehnübungen, um meine Rückenmuskeln zu lockern. Ein paar empfindliche Stellen waren von der Tracht Prügel zurückgeblieben, die der Magus mir verpasst hatte, aber was mir Sorgen machte, waren die Schmerzen in den Handgelenken. Ich verfluchte Ambiades leise und ging dann zum Feuer hinüber, um mich neben Pol zu hocken.
»Diese Beeren, die du mir gegeben hast …«
»Die Ossil-Beeren?«
»Hast du noch mehr davon?«
Er drehte sich zu seinem Rucksack um und zog ein kleines Verbandspäckchen daraus hervor. Darin befand sich ein Lederbeutel, der die Beeren enthielt. Er schüttete sich eine kleine Menge auf die Handfläche und gab sie in meine offene Hand weiter.
»Nur zwei auf einmal«, mahnte er.
»Mögest du in deinen Unternehmungen gesegnet sein«, dankte ich ihm automatisch und warf mir die Beeren in den Mund, bevor ich mich wieder hinlegte. Ich ließ die Hände in kräftigenden Übungen spielen, bis ich wieder einschlief.
Der Magus spielte am nächsten Morgen Schicksal und ließ Ambiades, Sophos und mich wieder miteinander allein. Er glaubte, in der Nacht ein Feuer zwischen den Bäumen erspäht zu haben, und wollte sich vergewissern, dass wir unbeobachtet waren, bevor wir die Dystopie durchquerten. Er und Pol zogen auf Kundschaft aus. Bevor sie gingen, reichte Pol Ambiades und Sophos ihre Holzschwerter und wies sie an, zu üben und sonst nichts zu tun. Ambiades tat, als verstünde er das nicht, aber Sophos nickte ernst. Sie dehnten beide ihre Muskeln, als Pol und der Magus aus unserem Blickfeld verschwanden.
Sobald sie fort waren, wandte Ambiades sich Sophos zu und stieß ihm mit dem Schwert in die Rippen. »Los, auf geht’s!«, sagte er.
»Ich bin noch nicht mit den Dehnübungen fertig«, protestierte Sophos.
»Oh, vergiss sie«, sagte Ambiades. »Du wirst dich auch so aufwärmen.«
Also hob Sophos sein Schwert in Bereitschaft, und die beiden begannen, einander zu umkreisen. Ich beobachtete sie von dort, wo ich lag, den Kopf auf einen Sattel gebettet. Ambiades schlug über Sophos’ Schwert hinweg zu, aber Sophos erinnerte sich an die Lektion, die er erhalten hatte, und trat beiseite, um zu parieren. Er vergaß allerdings, nach seiner Parade selbst einen Stoß zu führen, und als er sich daran erinnerte, war die Lücke in Ambiades’ Deckung schon wieder geschlossen.
»Gute Parade«, sagte Ambiades, versuchte, sein Erstaunen zu verbergen, und holte erneut aus. Sophos wehrte ab, hatte aber die Kraft des Hiebs unterschätzt, und musste zurückweichen, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Während er sich zurückzog, setzte Ambiades nach und verpasste ihm einen Schlag auf die Rippen. Sophos führte zu spät einen Ellbogen herab, um sich zu decken – als ob ein Arm etwas anderes als ein Holzschwert hätte aufhalten können. Es gelang Ambiades, auch seinen Arm zu treffen, als er das Schwert zurückzog. Sophos schrie auf, aber Ambiades tat, als hätte er es nicht gehört, und blickte überlegen drein.
Er griff Sophos abermals an und verhalf ihm unter dem Vorwand der Fechtübungen zu einer Reihe von blauen Flecken, die er einen Monat lang nicht vergessen würde. Ich musste mich darauf beschränken, Ratschläge zu rufen.
»Schau«, sagte ich, als sie sich voneinander lösten. »Jedes Mal, wenn er über dein Schwert hinweg anzugreifen versucht, entblößt er seine rechte Seite. Tritt nach links, um seinen Schlag zu parieren, und dann führe gleich einen Stoß nach seinem Brustkorb.« Ich war nicht so geduldig wie Pol. Ich konnte nicht abwarten, bis er das selbst herausbekommen hatte.
»Tut mir leid«, sagte Sophos demütig. Er stand mit hängenden Schultern da und rieb sich den schmerzenden Ellbogen. Er hatte sein Schwert in den Staub fallen lassen. »Ich bin einfach nicht schnell genug. Du bist ein besserer Schwertkämpfer, Ambiades.«
Ambiades quittierte das mit einem Schulterzucken, als wollte er »Natürlich« sagen, und Sophos errötete.
Ich schnaubte. »Das zeigt nur, dass Ambiades sechs Zoll größer ist als du und ein längeres Schwert sowie einen längeren Schwertarm hat.«
Ambiades’ selbstzufriedene Miene war verschwunden; er wirbelte zu mir herum. »Was verstehst du vom Schwertkampf, Gen?«
»Ich weiß, dass deine Deckung schrecklich ist und jeder Gegner auf Augenhöhe dich in Stücke hacken würde.«
»Sprichst du etwa von dir?«
»Ich bin nicht so groß wie
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