Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Legenden von Attolia 1: Der Dieb (German Edition)

Die Legenden von Attolia 1: Der Dieb (German Edition)

Titel: Die Legenden von Attolia 1: Der Dieb (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Whalen Turner
Vom Netzwerk:
Als wir zurück in die Olivenhaine ritten, lenkte er sein Pferd neben meines und entschuldigte sich sehr höflich. Ich sagte ihm, er solle den Mund halten, und sah zu, wie er rot wurde. Ich wusste nicht, was zwischen ihm und Ambiades unten am Fluss vorgefallen war, aber Ambiades schien mehr oder minder von seinem Sockel gestürzt zu sein. Ich nahm an, dass er irgendwann wieder hinaufklettern würde, aber nicht allzu bald. Unterdessen hielt Ambiades sein Pferd nahe beim Magus, während Sophos sich zurückfallen ließ, um neben Pol oder manchmal auch neben mir zu reiten. Ich fragte ihn, warum er solch einen kostbaren Mantel hätte, und er errötete erneut. Er war so zuverlässig wie ein Uhrwerk.
    »Meine Mutter hat ihn mir gekauft, als sie hörte, dass ich in die Stadt reisen würde, um bei einem neuen Lehrer zu leben.«
    »Beim Magus?«
    »Ja.«
    »Wo hast du vorher gelebt?«
    »In einer der Villen meines Vaters. Am Fluss Eutoas. Es war schön dort.«
    »Aber?«
    »Mein Vater kam zu Besuch und fand heraus, dass ich nicht fechten und reiten konnte und nicht gern auf die Jagd ging. Ich habe lieber gelesen.« Sophos verdrehte die Augen. »Er warf meinen Reitlehrer, meinen Fechtmeister und meinen Hauslehrer zum Vordertor der Villa hinaus. Dann sagte er, dass Pol mir Reiten und Fechten beibringen würde – und dass ich bei ihm in der Stadt leben würde, wo er mich im Auge behalten könnte.«
    »Pol steht in den Diensten deines Vaters?« Ich warf einen Blick über die Schulter und sah Pol kurz in die Augen, bevor ich mich wieder Sophos zuwandte.
    »Er ist der Hauptmann der Leibwache meines Vaters.«
    Ich pfiff lautlos. Der Sohn eines Mannes muss diesem sehr wichtig sein, wenn er ihm vom Hauptmann seiner Leibwache Reitstunden erteilen lässt und dann noch bereit ist, ganz auf diesen Hauptmann zu verzichten, damit der Sohn einen Leibwächter hat.
     
    Das Aussehen der Olivenhaine veränderte sich, je weiter wir in sie vordrangen. Statt gedrängter Baumreihen gab es nun größere Abstände zwischen den einzelnen Stämmen. Die Bewässerungsgräben waren immer dichter mit Unkraut bewachsen und mit Schlick verstopft; am Ende erstickten sie daran. Immer mehr Eichen erschienen, und am Ende ritten wir zwischen Bäumen dahin, die völlig verwildert waren.
    »Erntet denn niemand diese Oliven?«, fragte Sophos, als er im Gras Überreste verfaulter Früchte sah.
    Der Magus hörte ihn. »Nicht mehr«, sagte er über die Schulter. »Seit der Pest leben nicht mehr genug Menschen in Attolia, um all diese Bäume abzuernten. Der Ort, in dem wir Vorräte gekauft haben, war wahrscheinlich früher für diesen Teil des Olivenmeers verantwortlich, aber heute leben dort nur noch fünf oder sechs Familien, die sich um die Olivenhaine in nächster Nähe kümmern.«
    Ich wusste von der Pestzeit, die dreißig Jahre vor meiner Geburt angebrochen war. Die Pest war mit den Handelsschiffen über das Mittlere Meer gereist und ins Flachland eingesickert; sie hatte ganze Familien ausgelöscht. In den Schenken der Stadt erzählte man sich, dass gar die Hälfte aller Einwohner von Sounis gestorben sei. Aller Seehandel war zum Erliegen gekommen, die Ernte auf den Feldern verrottet, und Eddis hatte die Pässe in dem Versuch gesperrt, die Krankheit fernzuhalten. Mein Großvater, der in den Pestjahren ein junger Mann gewesen war, hatte mir erzählt, dass aus Angst vor Ansteckung kein Dieb die Besitztümer eines Pestopfers angerührt hätte. Man hatte alles verbrannt.
    »Gibt es auch in Sounis Orte wie diesen«, fragte Sophos, »an denen nicht genug Leute leben, um das Ackerland zu bestellen?«
    »Nicht viele«, antwortete der Magus. »Sounis war schon immer ein kleineres Land als Attolia, also hat es jetzt schon wieder einen Bevölkerungsüberschuss. Es gibt ein paar verlassene Bauernhöfe – etwa das Haus, in dem wir übernachtet haben, bevor wir ins Gebirge aufgebrochen sind. Das einzige Familienmitglied, das überlebt hat, hat den Hof verlassen, um in die Stadt zu gehen und etwas zu lernen.«
    »Woher wisst Ihr das?«, fragte Sophos, dem das Offensichtliche immer entging.
    »Ich war es.« Der Magus warf einen Blick zu mir herüber. Unsere Pferde, die zwischen den Bäumen ohnehin nicht schnell vorankamen, waren stehen geblieben, und meines senkte den Kopf, um ein Büschel zarten Grases zu fressen. Nach einem Augenblick sagte er: »Es ist verwunderlich, Gen, aber du denkst ganz offensichtlich etwas, und ich bin neugierig, was es ist.«
    Ich dachte an meine

Weitere Kostenlose Bücher